Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Insel der Roboter

Die Insel der Roboter

Titel: Die Insel der Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
Vom Netzwerk:
wieder an. Erneut ging der Arm hoch, aber auf halbem Wege bog er zur Seite ab, blieb stehen, ruckte ein Stück nach vorn, nach unten, zur Seite, wieder nach vorn – die Rucke wurden immer kleiner, immer mehr näherte sich die Hand dem Bildschirm und blieb schließlich vor dem richtigen Bild stehen.
    Beim nächsten Versuch waren die Bewegungen schon etwas flüssiger, wenn auch noch nicht direkt zum Ziel führend. Es sah aus, als fuchtele der Storo mit dem Arm aufgeregt in der Luft herum.
    Dann wurden von Versuch zu Versuch die Bewegungen zielklarer und sicherer. Anfangs wurden sie auch schneller, dann aber wieder langsamer. Es schien so, als passe sich Caesar dem Tempo der Bilder an. Auf jeden Fall war aber die erste Kooperation zwischen ZR und Aktionszentrum erfolgreich vollzogen.
    »Zeit?« fragte Gerda Sommer.
    »Fünfzehn Minuten!« sagte jemand.
    »Zweiter Versuch.«
    Der entscheidende Versuch – wenigstens für heute, sicherlich aber auch für eine ganze Etappe das wichtigste Ereignis: Der Storo sollte seine erste selbständige Handlung ausführen.
    Bisher war ihm der Strom direkt zugeführt worden. Zum erstenmal arbeitete er heute mit seinen Akkus, die allerdings nur für etwa zwanzig Minuten aufgeladen waren. In wenigen Minuten oder sogar nur Sekunden mußte er Strommangel »verspüren«.
    Mehrfach war der Stern, den ich vorhin schon erwähnte, mit ihm simuliert worden. Auf dem Bildschirm war der leuchtende Stern gezeigt worden, dabei die Stromzufuhr gedrosselt, dann ein Bild, wie eine Storohand in das Zentrum des Sterns gesteckt wurde, gleichzeitig wurde die Stromzufuhr wieder erhöht.
    Heute nun hatte der Storo seine Hand gesehen. Gleich würde er auch Strommangel verspüren – man müßte all das Sehen und Spüren in Anführungszeichen setzen, aber das wäre zu umständlich, ich kann den Leser nur bitten, immer zu bedenken, daß es sich nicht um menschliches Sehen und Spüren handelte.
    Darum konnte auch niemand voraussagen, wie dieser Versuch ausgehen würde. Man hoffte, es würde klappen, aber man war auch darauf gefaßt, endlos wiederholen oder sogar Hilfestellung geben zu müssen.
    Der Stern leuchtete auf.
    Wir warteten.
    Die Zeit schien davonzufliegen. Wie lange? Was, erst eine Minute? Da, jetzt – nein, ein Irrtum. Doch, doch, jetzt, der Kopf! Ganz langsam drehte Caesar den Kopf – aber in die falsche Richtung! So mußte der Stern aus seinem Blickfeld verschwinden, statt ins Zentrum zu rücken.
    Und dann ging etwas los – man hätte es einen tollen Tanz nennen können, wenn die Bewegungen nicht so langsam gewesen wären. Caesar schien alle Gelenke auszuprobieren, er nahm bizarre Haltungen an, drehte sich um sich selbst – und erstarrte plötzlich, als der Stern wieder in sein Blickfeld geraten war. Sein Rumpf stand schief im Raum, der Kopf war verdreht, die Arme hingen irgendwo in der Luft. Danach bewegte er nur die Arme, den rechten in Richtung auf den Stern, den linken ziellos, aber das reichte nicht, er war noch zu weit weg. Langsam begann sich der Körper wieder zu bewegen, und alles begann von vorn, er krach durch den Raum, die Beine waren ja blockgesteuert und konnten sich auch ohne Training zweckmäßig bewegen, aber die Bewegung führte ihn noch weiter vom Stern weg.
    Und dann erlahmten die Bewegungen plötzlich.
    Es mag lächerlich klingen, aber ich empfand fast so etwas wie Qual. Ich hatte die Vision eines Wesens, das irrsinnig vor Durst eine Quelle, die ganz in seiner Nähe war, suchte und nicht finden konnte. Natürlich war das dumm, es lag auf der vom Professor so bekämpften Linie der Vermenschlichung der Storos, aber ich war sicher, es ging mir nicht allein so. Auch Gerda Sommers Stimme schien etwas gepreßt zu klingen, als sie sagte: »Nora, du mußt noch mal ’ran, die Akkus wechseln. Er schafft es nicht!«
    Mit den zweiten Akkus, die nur etwas über die Mindestgrenze aufgeladen waren, fuhr der Storo fort, den Weg zum Stern zu suchen.
    Er zeigte jetzt sogar so etwas wie Taktik. Mehrmals gelang es ihm, den Stern ins Blickfeld zu bekommen. Dann probierte er langsam und vorsichtig die verschiedensten Bewegungen aus – und plötzlich kam eine Serie schneller Bewegungen, bei denen er ihn wieder verlor. Beim nächstenmal machte er diesen Fehler nicht wieder. Er sortierte jetzt gewissermaßen die verschiedenen Freiheitsgrade, machte winzige Bewegungen und vollführte dieselben Bewegungen sofort in entgegengesetzter Richtung, wenn dadurch der Stern aus dem Blickfeld zu geraten

Weitere Kostenlose Bücher