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Die Insel der roten Erde Roman

Titel: Die Insel der roten Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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Aber es reicht, wenn ich ihn alle paar Tage sehe. Falls sein Zustand sich in der Zwischenzeit wider Erwarten verschlechtert, verständigen Sie mich sofort. Edna Ashby wird Ihnen sagen, wo Sie mich finden.«
    »Vielen Dank, Doktor. Was könnte ihn so krank gemacht haben?«
    Der Arzt runzelte die Stirn. »Ich nehme an, er hat irgendein Gift aufgenommen. Vielleicht hat er giftige Beeren gepflückt und sie sich in den Mund gesteckt.«
    »Das kann ich mir nicht vorstellen. Nicht bei Milo.« Mehr denn je war Amelia überzeugt, dass Carlotta für die Erkrankung des Jungen verantwortlich war. Und sie war sicher, dass die Italienerin genau gewusst hatte, was sie tat. Wahrscheinlich hatte sie dem Keks, den sie eigens für Milo gebacken hatte, und ihrem Brot irgendein giftiges Kraut beigemischt. Amelia ballte die Fäuste vor ohnmächtigem Zorn, fühlte sich aber gleichzeitig schuldig, weil sie der Grund für Carlottas Tat war. Die Italienerin hatte sie loswerden wollen, deshalb hatte sie Milos Leben aufs Spiel gesetzt.
    »Geht es den anderen Kindern gut?«, erkundigte sich der Arzt.
    Amelia nickte. »Ja, ausgezeichnet.« Sissie war mit den Mädchen spazieren gegangen.
    »Keine Erkältungen oder fiebrige Erkrankungen?«
    »Nein.«
    »Haben sie sich schon eingelebt?«
    »O ja. Sie sind immer noch ganz aufgeregt, weil alles so neu ist. Und sie können es kaum erwarten, zur Schule zu gehen und andere Kinder kennen zu lernen.«
    Der Arzt nickte. »Das kann ich mir denken. Woher kommen Sie eigentlich, Miss Jones?«
    Amelia starrte ihn verdutzt an. »Ich?«
    »Ja. Sie sind doch Engländerin, nicht wahr? Aus welchem Teil des Landes kommen Sie?«
    »Ich … ich weiß nicht.«
    Dr. Thompson machte ein verwirrtes Gesicht. »Sind Sie Waise?«
    »Nein.« Amelia errötete. »Ich war im Gefängnis.«
    »Das ist mir bekannt, Miss Jones, aber Sie sind doch sicher nicht als Kind inhaftiert worden.« Dem Arzt fielen ihre kultivierte Art auf und ihr freundliches Wesen. Sie konnte unmöglich so lange im Gefängnis gewesen sein, dass sie vergessen hatte, woher sie kam.
    »Nein, man sagte mir nur, ich sei fünf Jahre im Zuchthaus in Van-Diemens-Land gewesen, bevor ich hierher geschickt wurde.«
    »Man sagte es Ihnen?«, fragte der Arzt verwirrt.
    Amelia nickte. »Ich selbst kann mich nicht daran erinnern. Ich habe das Gedächtnis verloren.«
    Dr. Thompson blickte überrascht auf. »Wann ist das geschehen?«
    »Als Miss Divine und ich von der Gazelle gerettet wurden. Gabr … ich meine, der Leuchtturmwärter hat uns mit der Winde die Klippe hinaufgezogen, und dabei habe ich mir den Kopf am Fels angeschlagen. Als ich wieder zu mir kam, konnte ich mich an nichts mehr erinnern. Ich wusste weder meinen Namen, noch woher ich kam. Miss Divine hat mich identifiziert.«
    »Darf ich mir Ihren Kopf einmal ansehen?«, fragte der Arzt.
    »Ich habe kein Geld, Dr. Thompson«, sagte Amelia und errötete aufs Neue. »Ich kann Sie nicht bezahlen.«
    »Das sollen Sie auch nicht, Miss Jones«, erwiderte der Arzt freundlich. Er untersuchte sie und tastete behutsam die Stelle ab, wo sie mit dem Kopf gegen den Fels geprallt war. »Scheint alles in Ordnung zu sein«, murmelte er. »Leiden Sie häufig an Kopfschmerzen?« Er blickte ihr prüfend in die Augen, um festzustellen, ob ihre Pupillen geweitet waren.
    »Nur wenn ich mich angestrengt zu erinnern versuche.«
    Der Arzt wirkte ratlos.
    »Wird mein Erinnerungsvermögen jemals zurückkehren, Dr. Thompson?«, fragte Amelia zaghaft.
    »Schwer zu sagen. Mir sind in meiner Praxis bisher nur sehr wenige Fälle von Amnesie untergekommen, aber ich weiß, dass jeder Fall anders gelagert ist. Manche Personen haben bloß kleine Erinnerungslücken, anderen wiederum fehlt jede Erinnerung. Ich hatte mal einen Patienten, der eine Treppe hinuntergefallen und mit dem Kopf aufgeschlagen war. Wochenlang konnte er sich an nichts mehr erinnern, nicht einmal daran, dass er Frau und Kinder hatte. Dann, eines Tages, schlug er sich den Kopf an einer Schranktür an, und plötzlich fiel ihm alles wieder ein. Das soll aber nicht heißen, dass ich Ihnen verordne, mit dem Kopf gegen die Wand zu laufen«, fügte er halb im Scherz hinzu.
    Amelia lächelte gequält.
    »Ist seit dem Vorfall denn irgendeine Erinnerung zurückgekehrt, und sei sie noch so winzig?«
    »Leider nein. Hin und wieder taucht bruchstückhaft ein Bild vor mir auf. Als ich auf Cape du Couedic war, stellte ich plötzlich fest, dass ich Französisch spreche und Italienisch

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