Die Insel der roten Erde Roman
auf, wie glücklich er aussah, und es schmerzte sie, ihn zur Vernunft bringen zu müssen.
Gabriel erschrak, als er sie sah. »Edna! Wartest du auf Lance?«
»Nein, ich habe auf dich gewartet, Gabriel«, sagte sie streng.
»Oh.« Gabriel wusste sofort, dass etwas nicht in Ordnung war. »Was gibt’s?«
Edna redete nicht lange um den heißen Brei herum. »Hast du eine Affäre mit Miss Jones?«
Gabriel wurde der Mund trocken, und er schluckte schwer. »Warum fragst du?«
»Beantworte meine Frage, Gabriel. Wir kennen uns nun schon sehr lange Zeit. Ich wäre sehr enttäuscht, würdest du mich anlügen.«
Gabriel ließ sich in den Sessel ihr gegenüber fallen. »Ich würde dich niemals belügen, Edna.« Er verschränkte die Hände ineinander. »Ich liebe Sarah, und sie liebt mich.« Er fühlte sich erleichtert, als er es ausgesprochen hatte. Heimlichtuerei lag ihm nicht, und er hatte ihre Beziehung nur geheim gehalten, um seine Liebste zu schützen.
»Das kann nicht dein Ernst sein!« Edna konnte es nicht fassen. »Zugegeben, sie ist eine bildschöne junge Frau, aber sie ist eine Strafgefangene, die auf Bewährung frei ist!«
»Das weiß ich, Edna. Sie hat einen Fehler gemacht, aber das gehört der Vergangenheit an. Die Sarah, die ich kenne, ist eine wunderbare Frau. Sobald sie ihre Strafe verbüßt hat, werde ich sie bitten, mich zu heiraten.«
Edna machte den Mund auf und klappte ihn wieder zu. »Gabriel, du weißt doch gar nichts von ihr!«, sagte sie beschwörend. »Du … du bist ein angesehener Bürger dieser Stadt. Du machst dich zum Gespött, wenn du diese Frau heiratest!«
»Das ist mir egal«, erwiderte Gabriel ruhig. »Ich liebe Kangaroo Island, und ich möchte nirgendwo sonst leben, aber wenn die Leute hier Sarah das Leben schwer machen, werden wir von hier fortgehen und woanders von vorn anfangen. Ich könnte keine andere lieben, selbst wenn ich wollte. Mein Herz gehört Sarah, jetzt und für immer.«
Edna schwieg einen Augenblick. »Mir scheint, es ist dir wirklich ernst damit, Gabriel«, sagte sie dann.
»Sehr ernst. Es hat lange gedauert, bis ich Sarah überzeugt hatte, dass sie die Richtige für mich ist. Ich hätte etwas Besseres als eine Zuchthäuslerin verdient, meinte sie und wies mich immer wieder zurück.«
»Sie ist eine kluge Frau.«
»Sie ist eine selbstlose Frau. Ich weiß, dein Mündel sieht das anders, aber sie kennt Sarah nicht so, wie ich sie kenne. Sie ist wunderbar zu Evans Kindern, und sie ist rücksichtsvoll und warmherzig. Sie ist eine richtige Lady, egal was die Justizbehörden sagen. Sie ist gebildet, und sie hat Anmut und Haltung. Ich liebe alles an ihr!«, schwärmte er.
Edna sah ihn nachdenklich an und war wider Willen gerührt. Gabriel liebte diese Frau; das war nicht zu verkennen.
»Es war nicht meine Absicht, mich in sie zu verlieben«, fuhr Gabriel fort. »Aber du weißt ja – wo die Liebe hinfällt … Ich war todunglücklich, als Sarah mich wegschickte und sagte, es könne keine Zukunft für uns geben. Das Leben erschien mir nicht mehr lebenswert. Ich habe ihr gesagt, ich würde auf sie warten, egal wie lange es dauert. Ich lebe nur für den Tag, an dem wir zusammen sein werden. Sie war bestürzt, als sie erfuhr, dass sie im Zuchthaus gewesen ist und hat beteuert, das könne unmöglich sein – und ich glaube ihr. Deshalb wollte ich dich bitten, deine Beziehungen spielen zu lassen, damit ich mehr Informationen über sie und ihren Fall bekomme. Ich habe bereits vor einiger Zeit an die Gefängnisbehörden geschrieben, aber noch keine Antwort erhalten.«
»Glaubst du immer noch an einen Irrtum?«
»Es kann jedenfalls nicht schaden, Nachforschungen anzustellen«, antwortete Gabriel ausweichend.
»Meine Amelia ist sicher, dass sie sich nicht irrt«, gab Edna zu bedenken.
»Ich weiß.« Gabriel zog die Stirn in Falten. »Deshalb wäre es mir recht, wenn Sarah nichts davon erfährt. Das heißt, falls du uns überhaupt helfen willst. Ich habe ihr schon einmal falsche Hoffnungen gemacht, als ich ihr von dem Brief an Miss Divine erzählte. Das darf nicht noch einmal geschehen.«
»Ich muss gestehen, Charlton und ich waren überrascht, als wir sie kennen lernten. Sie entspricht so gar nicht der Vorstellung, die man sich von einer Zuchthäuslerin macht – im Gegenteil, sie besitzt die Eigenschaften einer Lady. Trotzdem kann sie eine Verbrecherin sein, Gabriel«, sagte Edna mit Nachdruck, um ihm die Augen zu öffnen.
»Und selbst wenn – sie könnte einen guten
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