Die Insel der roten Erde Roman
aber sie hat den Kindern, vor allem meinen Ältesten, unglaublich gut getan. Ich weiß, ich bin ein Dickschädel, und ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich keine Rücksicht auf die Bedürfnisse der Kinder genommen habe. Sie sind jetzt in einem Alter, wo nur eine Frau ihnen gewisse Dinge erklären kann. Ich weiß nicht, was ich ohne Sarah getan hätte. Heute schäme ich mich dafür, dass ich anfangs gedacht habe, sie sei zu nichts nütze.« Evan schüttelte seufzend den Kopf. »Wenn sie nur besser kochen könnte!«
Gabriel antwortete nichts darauf. Es war ihm völlig gleichgültig, ob sie kochen konnte oder nicht – er würde jeden Tag alles roh verzehren, wenn er nur in ihrer Nähe sein durfte!
»Wann fährst du nach Cape du Couedic zurück? Ich will deine Zeit nicht länger als nötig in Anspruch nehmen«, fuhr Evan nach kurzem Schweigen fort.
»Ich fahre morgen mit der Swordfish , werde aber bald wieder nach Kingscote zurückkommen«, sagte Gabriel. »Ich trete eine Stelle als Schiffslotse in der Nepean Bay an.«
»Was?« Evan sah ihn verblüfft an. »Deine Dienstzeit als Leuchtturmwärter ist doch noch gar nicht zu Ende, oder?«
»Nein, aber Edgar schafft es auch ohne mich, und seine Frau kann ihm helfen.« Von den Problemen mit Carlotta brauchte Evan nichts zu erfahren.
»Du hast Recht.« Evan nickte. »Falls es ihm zu viel wird, kann er sich immer noch eine Vertretung suchen. Es freut mich, dass du hierher ziehst!«, fügte er hinzu und schlug Gabriel auf die Schulter.
Gabriel bekam Herzklopfen vor Aufregung. Evan hatte ihm unbeabsichtigt das Stichwort für die Überleitung zu seinem Geständnis geliefert, das der wahre Grund für seine Übersiedlung in die Stadt war: Sarah. »Evan, ich muss dir etwas sagen«, begann er düster.
»Was denn?« Evan dachte, es habe mit den Kindern oder dem Vieh zu tun.
Gabriel holte zittrig Luft. »Ich habe mich verliebt.«
»Tatsache? Und wer ist die Glückliche?«
»Sarah.«
»Was?« Evan glaubte sich verhört zu haben.
»Reg dich bitte nicht auf, Evan.«
»Habt ihr …?«
»Nein, natürlich nicht!« Gabriel sah ihn entrüstet an. Wie konnte Evan nur annehmen, sie hätten eine stürmische Affäre?
»Habt ihr euch vor meinen Mädchen …?«
»Nein, Evan, nie!«, entgegnete Gabriel mit Bestimmtheit. »Sarah und ich werden mit dem Heiraten warten, bis sie ihre Strafe verbüßt hat. Bis dahin werden wir äußerst diskret sein. Ich wollte nur, dass du es weißt, weil ich dich sehr schätze.«
Ein Gedanke schoss Evan durch den Kopf. »Und du hast mir natürlich nur angeboten, meine Familie nach Kingscote zu begleiten, weil du mich so schätzt und nicht etwa, weil du eine günstige Gelegenheit gesehen hast, hinter meinem Rücken Zeit mit Sarah zu verbringen«, bemerkte er sarkastisch.
Gabriel war enttäuscht, dass Evan so schlecht von ihm dachte. »Ich wollte dir helfen, Evan«, sagte er kühl, »und wo ich sowieso schon in der Stadt war, dachte ich, ich sehe mich nach einer Anstellung als Schiffslotse um.«
Evan hörte kaum zu. »Sarah sollte meinen Mädchen ein gutes Vorbild sein«, schäumte er.
»Das ist sie auch, Evan. Das hast du doch gerade selbst gesagt.«
»Da wusste ich noch nicht, dass sie es hinter meinem Rücken mit dir treibt!«
Gabriel verlor allmählich die Geduld. »Zieh unsere Liebe nicht in den Schmutz, Evan«, sagte er ungehalten. »Ich möchte Sarah eines Tages heiraten. Sie hat einen Fehler gemacht, aber soll sie den Rest ihres Lebens dafür büßen? Sie ist eine anständige Frau, das weißt du so gut wie ich!«
»Eine anständige Frau? Ha! Ich habe nicht übel Lust, sie davonzujagen!«, blaffte Evan. Er wandte sich schroff um und stapfte zornig zum Haus hinüber. Gabriel zögerte. Sollte er Evan folgen, nur um sicher zu sein, dass er seine Wut nicht an Sarah ausließ? Dann aber blieb er, wo er war. Evan war müde und ausgelaugt; sobald er sich ausgeruht hätte, würde er bestimmt zur Vernunft kommen.
Amelia warf Evan einen verstohlenen Blick zu, als er das Haus betrat. Sie konnte ihm ansehen, wie aufgebracht er war, und wusste sofort, dass Gabriel ihm von ihrer Beziehung erzählt hatte. Anscheinend hatte Evan es nicht gut aufgenommen. Auch Sissie fiel die zornige Miene ihres Vaters auf. Und ihre Sarah wirkte ungewöhnlich nervös. Doch das Mädchen konnte sich keinen Reim darauf machen.
Amelia stand am Herd und starrte in den Topf, in dem sie Lammfleisch für eine kräftige Brühe auskochte. Sissie ging zu ihr und stellte sich
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