Die Insel der roten Erde Roman
grüßen.
Von den Ashbys ging er zu den Finnlays hinüber und klopfte zaghaft an die Hintertür.
»Herein!«, rief Evan. Milo auf den Knien, saß er am Küchentisch.
Amelia spülte das Geschirr ab, als Gabriel eintrat. Da Evan ihn scharf beobachtete, hütete er sich, das Wort an sie zu richten.
»Ich wollte mich verabschieden«, sagte er, ohne auch nur einen Blick in ihre Richtung zu werfen.
Evan schaute flüchtig zu ihr. »Du verlässt uns also.«
Gabriel nickte. »Ja, die Swordfish legt um zehn Uhr ab. Kapitän Cartwright wird mich in der Bucht absetzen und dann zum Fang in die Gewässer entlang der Südküste auslaufen.«
»Verstehe. Dann gute Reise. Und nochmals danke, dass du meine Familie hierher gebracht hast.«
»Es war mir ein Vergnügen«, antwortete Gabriel und lief im nächsten Moment rot an, als ihm klar wurde, dass Evan diese Bemerkung vielleicht in den falschen Hals bekam.
Verlegenes Schweigen breitete sich aus.
Schließlich fragte Evan: »Wo wirst du wohnen, wenn du zurückkommst?«
Amelia, die sich das auch schon gefragt hatte, horchte auf.
Gabriel wählte seine Worte mit Bedacht. »Ich weiß noch nicht genau. Lance hat mir angeboten, bei ihm unterzukommen … aber vielleicht suche ich mir auch eine Unterkunft näher an der Bucht.«
Evan senkte den Blick und starrte auf die Tischplatte, erwiderte jedoch nichts.
»Tja, dann … auf Wiedersehen.« Gabriel wandte sich zum Gehen. »Ich melde mich, wenn ich zurück bin.« Er war schon auf dem Weg zur Tür, als er seine Sarah endlich ansah. Auch sie schaute ihn an. Verzweiflung spiegelte sich auf ihrem Gesicht, doch Gabriel lächelte aufmunternd. Dann verließ er das Haus.
Amelia wandte sich wieder der Spüle zu. Evan sollte ihre Tränen nicht sehen. Doch er bemerkte, wie ihre Schultern bebten. Er hatte es noch nie ertragen können, wenn eine Frau weinte; deshalb erhob er sich und ging ebenfalls hinaus.
Cape du Couedic
Bei Sonnenuntergang steuerte die Swordfish den Anleger in Weirs Cove an. Edgar hatte gerade das Leuchtfeuer angezündet. Bis er die Treppe im Leuchtturm hinuntergestiegen und zum Rand des Kliffs geeilt war, stieg Gabriel bereits die schlüpfrigen Stufen hinauf.
»Willkommen daheim!«, rief Edgar, als er oben angelangt war, und streckte ihm eine helfende Hand entgegen.
»Danke, Edgar!« Gabriel verschnaufte kurz und genoss dabei den herrlichen Blick aufs Meer. Er würde ihn vermissen, aber bei weitem nicht so sehr, wie er jetzt bereits seine Sarah vermisste.
Die beiden Männer flüchteten vor dem niemals nachlassenden Wind in Gabriels Cottage.
»Hätte ich gewusst, dass Sie kommen, hätte ich Ihnen Feuer im Herd gemacht«, sagte Edgar bedauernd. »Wir können gern zu mir, wenn Sie Lust auf eine Tasse Tee haben.«
»Danke, Edgar, ich habe vorhin auf der Swordfish schon eine Tasse getrunken. Wie sieht’s aus? Ist alles in Ordnung?«
»Bestens. Es ist ruhig gewesen, keinerlei Vorkommnisse, auch nicht auf See.«
»Dann sind Sie also gut allein zurechtgekommen?« Gabriel sah ihn prüfend an.
Edgar nickte. »Die Nächte sind ja kürzer jetzt, da geht es schon.«
»Ich bin froh, dass Sie das sagen. Ich gehe nämlich fort von hier. Ich habe eine Stelle als Schiffslotse in der Nepean Bay angenommen.«
Edgar fiel aus allen Wolken. »Na, das kommt aber sehr überraschend! Sie haben früher schon als Lotse gearbeitet, nicht wahr?«
»Ja, und ich liebe diesen Beruf. Ich lasse Sie nicht gern allein, aber Sie haben ja Carlotta, die Ihnen zur Hand gehen kann. Die meisten Leuchtturmwärter kommen allein zurecht, wenn sie eine Frau als Helferin haben.«
Carlotta war in den letzten Tagen ziemlich guter Dinge gewesen. Sie machte den Eindruck, als wäre sie sehr zufrieden mit sich. Vielleicht würde das Zusammenleben mit ihr erträglicher, wenn nur noch sie beide hier wären. Edgar hoffte es jedenfalls. »Wann reisen Sie ab?«
Sie hatten das Leuchtturmhaus erreicht, und Gabriel ließ den Riemen seiner Reisetasche von der Schulter gleiten. »Ich muss noch meine Sachen durchsehen, ordnen und zusammenpacken. Am Sonntagabend fahre ich. Ich habe Kapitän Cartwright gebeten, bei Sonnenuntergang anzulegen. Natürlich nur, wenn es Ihnen recht ist.«
Edgar nickte. »Natürlich. Ich finde es zwar schade, dass Sie fortgehen, Gabriel, aber ich kann Sie verstehen. Ich freue mich für Sie«, sagte er herzlich.
»Ich danke Ihnen.« Gabriel war gerührt. Warum musste ein netter Kerl wie Edgar mit einer so boshaften Frau gestraft sein?
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