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Die Insel der roten Erde Roman

Titel: Die Insel der roten Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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waren, um dem unterschiedlichen Alter der Kinder gerecht zu werden.
    »Sollen Ihre Kinder denn keine Ausbildung erhalten?«, fragte sie Evan.
    »Milo schon. Es ist wichtig, dass er etwas lernt. Aber die Mädchen sollen heiraten und ihrem Ehemann Kinder schenken.«
    Amelia schnappte empört nach Luft. »Meinen Sie, zu mehr als zum Heiraten und Kinderkriegen taugen Mädchen nicht?«
    »Natürlich nicht. Sie können doch nichts anderes.«
    In diesem Moment kamen die Kinder herein.
    »Sie glauben also, eine Frau bräuchte keine Ausbildung? Das ist eine dumme, überhebliche Einstellung! Jeder sollte lesen und schreiben können.«
    Evan zuckte gleichgültig mit den Schultern und setzte sich an den Tisch.
    »Haben Sie nicht etwas vergessen?«, sagte Amelia, einen vollen Teller in der Hand.
    Evan warf ihr einen düsteren Blick zu, erhob sich dann aber und wusch sich die Hände. Die Kinder taten es ihm nach.
    »Kannst du denn lesen und schreiben?«, fragte Sissie Amelia, als diese Evan den Teller hinstellte. Es war das erste Mal, dass das Mädchen sich für sie interessierte.
    »Selbstverständlich!«
    Evan zerteilte eine Kartoffel. »Woher weißt du das?«, fragte er mit vollem Mund.
    Amelia schaute ihn verunsichert an. »Nun, ich … ich weiß es einfach.«
    »Wie kannst du dir sicher sein, wenn du dich an nichts mehr erinnerst?«
    Da war etwas dran, wie Amelia zugeben musste. Sie spürte die Blicke der Kinder auf sich ruhen. Kurz entschlossen nahm sie eine alte Zeitung aus der Brennholzkiste, schlug sie auf und las flüssig einen Artikel daraus vor: »Ruhestörung an Neujahr. Das neue Jahr begann mit mehr Lärm als gewöhnlich. Während es vor zwölf Monaten mit einem angemessenen Spektakel begrüßt wurde, ging es dieses Mal zu wie im Tollhaus. Um Mitternacht wurden die Einwohner der Stadt durch unerträglichen Radau in ihrer Ruhe gestört. Eine Horde Randalierer zog durch die Straßen, warf Fensterscheiben ein, trommelte auf Kerosinfässern und Packkisten, rasselte mit Nagelbüchsen und tat alles, um die wohlverdiente Ruhe der friedlichen Bürger zu stören.«
    Evan hatte aufgehört zu kauen und blickte Amelia verwundert an. Schließlich schluckte er den Bissen hinunter und spülte mit einem Schluck Wasser nach. »Du kannst gut lesen«, meinte er dann. »Kannst du auch rechnen?«
    »Natürlich«, entgegnete Amelia. »Vierundfünfzig plus siebenundvierzig macht einhunderteins.« Es erfüllte sie mit Genugtuung, beweisen zu können, dass eine Frau auch Verstand hatte und nicht nur zum Kinderkriegen taugte.
    Evan starrte sie verblüfft an. »Das hast du im Kopf ausgerechnet?«
    »Ja, sicher.«
    »Was sind Ralalierer?«, wollte Rose wissen.
    »Es heißt Randalierer. Das sind Leute, die Lärm machen, andere Menschen belästigen und Sachen beschädigen«, antwortete Amelia.
    »Du könntest meine Ältesten im Lesen und Rechnen unterrichten«, sagte Evan. Er machte ein Gesicht, als hätte er endlich eine sinnvolle Beschäftigung für sie gefunden. Amelia ahnte nicht, dass er bass erstaunt war, weil sie offenkundig sehr viel gebildeter war als er.
    »Wo soll ich denn die Zeit dafür hernehmen?« Sie teilte den Kindern das Essen aus.
    »Du hast selbst gesagt, eine gute Ausbildung sei wichtig für ein Mädchen.«
    »So ist es. Aber für die Arbeiten, die ich erledigen muss, brauche ich den ganzen Tag und manchmal noch die halbe Nacht.«
    Evans Miene verfinsterte sich. Der Gedanke, Zugeständnisse machen zu müssen, gefiel ihm nicht. »Ich lass mich nicht erpressen«, knurrte er. »Wie ich schon sagte, die Mädchen werden heiraten und Kinder kriegen. Dazu müssen sie nicht lesen und schreiben können. Aber die Arbeiten, die ich dir zugeteilt habe, müssen erledigt werden.«
    Amelia erwiderte nichts. Sie hatte etwas, das Evan wollte, und war entschlossen, ihren Nutzen daraus zu ziehen. Sie konnte warten und sich dabei überlegen, was sie als Gegenleistung verlangte. Eine solche Chance bot sich wahrscheinlich so schnell nicht wieder.
     
    Am anderen Tag kam Gabriel auf die Farm hinaus. Amelia grub gerade ein Gemüsebeet um. Jessie und Molly halfen ihr.
    »Hallo, Sarah. Hallo, Mädchen.«
    Amelia streckte ihren schmerzenden Rücken. »Guten Tag, Gabriel«, grüßte sie und lächelte trotz der Anstrengung. Das Umgraben war harte Arbeit, und sie schwitzte trotz der kühlen Brise.
    Gabriel sah die Handschuhe an ihren Händen. »Hat der Regen von heute Nacht den Boden ein wenig aufgeweicht?«
    »Nur an der Oberfläche. Darunter ist er

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