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Die Insel der roten Erde Roman

Titel: Die Insel der roten Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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schlug erschrocken die Hand vor den Mund.
    »Tut mir Leid, aber so war es.«
    »Das hört sich an, als ob ich eine verwöhnte höhere Tochter wäre und keine Strafgefangene.«
    Als Gabriel darüber nachdachte, musste er ihr Recht geben. Doch da er nichts über ihre Vergangenheit wusste, konnte er sich genauso wenig einen Reim darauf machen wie sie selbst. »Ich glaube, Sie hatten einfach nur Todesangst. Erst wären Sie um ein Haar ertrunken, als das Schiff unterging, und dann, als Sie und diese andere Frau sich auf das Riff retten konnten, wurden Sie von Haien umkreist, die in einem wahren Blutrausch gewesen sein müssen.« Er verschwieg ihr, dass er durch sein Fernrohr in hilfloser Verzweiflung beobachtet hatte, wie die Haie mehrere Menschen angegriffen und zerfleischt hatten. Dann hatte er die beiden Frauen auf dem Felsenriff entdeckt. Er wusste, er würde die Flut abwarten müssen, ehe er ihnen zu Hilfe kommen konnte, wenn er nicht riskieren wollte, dass sein Boot an den zerklüfteten Felsen kenterte. Da er nicht gewusst hatte, ob die Frauen verletzt waren, hatte er den beiden keine großen Überlebenschancen eingeräumt.
    Amelia fröstelte. Tränen traten ihr in die Augen.
    Gabriel hätte gern tröstend den Arm um sie gelegt, doch es erschien ihm zu aufdringlich.
    »War ich allein unterwegs? Oder war jemand bei mir?«, fragte sie.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Ich glaube einfach nicht, dass ich Sarah Jones bin!« , brach es gequält aus ihr hervor. »Aber wer bin ich dann? Habe ich eine Familie gehabt? Sorgt sich jemand um mich? Werde ich von jemandem vermisst, der mich liebt?«
    »Soweit ich weiß, gibt es keine Vermisstenmeldungen.« Er sah den Hoffnungsfunken in ihren Augen verlöschen und bereute seine Worte sogleich. »Jedenfalls noch nicht. Vielleicht kommt Ende des Monats etwas mit der Post und den Vorräten.«
    Sie nickte. Sie wusste selbst, wie gering die Chancen waren.
    »Falls es Sie tröstet – Sie haben nicht mehr die geringste Ähnlichkeit mit der Frau, die ich aus dem Wasser gefischt habe. Sie haben sich vollkommen verändert.«
    Das richtete sie zwar wieder ein wenig auf; dennoch grübelte sie über die Frau nach, die er ihr beschrieben hatte. War es wirklich nur Angst gewesen, die ihr Verhalten bestimmt hatte, wie Gabriel vermutete? Eine Zuchthäuslerin würde sich doch niemals so benehmen. »Haben Sie eine Ahnung, weswegen ich …« Sie brach ab. »Haben Sie eine Ahnung, weswegen Sarah Jones verurteilt wurde?«
    Gabriel schüttelte den Kopf. »Nein. Evan hat es nicht erwähnt, und ich habe nicht danach gefragt.«
    »Aber er weiß es?«
    »Ich denke schon. Hören Sie, Sarah, Sie kommen mir wirklich nicht wie eine Zuchthäuslerin vor, aber manchmal urteilen Richter ohne Rücksicht auf die Begleitumstände. Falls Sie tatsächlich ein Verbrechen begangen haben, waren Sie möglicherweise ein Opfer der Umstände.«
    »Was für Umstände könnten das gewesen sein?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht hatten Sie etwas zu essen gestohlen, weil Sie hungrig waren.« Gabriel sah ihre zweifelnde Miene. »Oder Sie waren unschuldig, und die Wahrheit ist nie ans Licht gekommen.«
    »Ich muss es erfahren«, sagte sie entschlossen. »Ich werde Evan fragen, sobald ich zurück bin.«
     
    Sie gingen weiter, doch Amelias Freude über die paar Stunden Freiheit hatte einen Dämpfer erhalten. Erst als sie die eindrucksvolle Felsformation der Remarkable Rocks erreichten, vergaß sie ihre Sorgen wieder.
    Die Kuppel, auf der die Felsen sich erhoben, maß etwa dreihundert Meter im Durchmesser und war gut achtzehn Meter hoch. Sie fiel jedoch zum Land hin sanft ab, sodass man sie erklimmen konnte. Einige Felsen ragten viereinhalb Meter auf. Wind und Meer, Hitze und Kälte hatten sie im Lauf der Zeit glatt geschliffen und Löcher und Höhlen hineingefressen.
    »Ich war einmal hier, als Wissenschaftler das Gestein untersucht haben«, erzählte Gabriel. »Der Granit bestehe aus Quarz, Feldspat und Glimmer, sagten sie, und sei ursprünglich aus erstarrtem Magma tief aus dem Erdinnern entstanden. Als der darüberliegende Boden im Lauf von Jahrmillionen abgetragen wurde, barst der Granit, und die Felsblöcke entstanden.«
    Beinahe ehrfürchtig berührte Amelia die bizarren steinernen Gebilde und bestaunte die orangeroten Flechten, die sie an manchen Stellen wie eine Kruste überzogen.
    »Die Flechten sind lebende Organismen, haben die Wissenschaftler mir erklärt, die zur Verwitterung der Felsen beitragen. Sie entnehmen ihnen

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