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Die Insel der roten Erde Roman

Titel: Die Insel der roten Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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welche Richtung muss ich denn gehen?«
    »Ich begleite Sie gern, wenn Sie möchten, und zeige Ihnen den Weg.«
    »Das wäre wunderbar!«, rief Amelia begeistert. Sie hatte sich schon überlegt, ob sie ihn bitten sollte, ihr die Gegend zu zeigen.
    »Gut. Dann sehen wir uns Sonntag um eins.«
    »Ich freue mich schon darauf.«
    Der Gedanke an ihre Verabredung versetzte auch Gabriel in Hochstimmung – zum einen, weil er sicher war, dass er sich in ihrer Gesellschaft wohl fühlen würde; zum anderen, weil er dem Leuchtturm und Carlotta Dixon ein paar Stunden entfliehen konnte.

8
     
     

     
     
     
     
     
    Der Himmel war wolkenverhangen, und es sah nach Regen aus, als Amelia und Gabriel sich am Sonntagnachmittag in der Nähe des Leuchtturms trafen. Sie machten sich dennoch auf den Weg zu den Remarkable Rocks. Beide hatten wetterfeste Kleidung an, und Amelia fiel auf, wie Gabriel verstohlen ihren Mantel musterte. Er erkannte ihn sicher wieder und wusste, dass er Jane gehört hatte, Evans verstorbener Frau, doch er sagte nichts.
    Selbst strömender Regen hätte Amelia nicht von dem geplanten Ausflug abgehalten. Seit Tagen schon freute sie sich darauf. Sie war froh, von der Farm und Evan wegzukommen. Gemäß ihrer Vereinbarung hatte sie Sissie, Rose und Bess in Rechtschreibung unterrichtet. Auch Molly hatte sich dazugesetzt. Aber die drei Ältesten zeigten sich nicht besonders lernbegierig, und Amelia wusste nicht, wie sie ihr Interesse wecken konnte. Sie gab Evan die Schuld am mangelnden Wissensdurst der Mädchen, weil er ihnen ständig einimpfte, sie würden später ohnehin heiraten und Kinder bekommen und bräuchten keine Ausbildung. Sein negativer Einfluss hatte den Kindern jede Lust am Lernen genommen, davon war Amelia überzeugt.
    So waren die letzten Tage ziemlich aufreibend für sie gewesen. Hinzu kam, dass Evan sie eindringlich ermahnt hatte, pünktlich zurückzukommen. Die unterschwellige Drohung war klar: Er ließ keine Gelegenheit aus, sie daran zu erinnern, dass sie eine Zuchthäuslerin war, die er ins Gefängnis zurückschicken könnte, wenn sie nicht parierte.
    »Wie groß ist Kangaroo Island eigentlich?«, fragte sie, während sie Gabriel folgte. Der Pfad, der parallel zur Küste durch dichten Mallee-Busch führte, konnte nur mit viel gutem Willen als Weg bezeichnet werden.
    »Fast hundert Meilen lang und an der breitesten Stelle etwa zweiunddreißig Meilen breit«, sagte Gabriel über die Schulter. Er ging voraus und drückte die dornigen Zweige zur Seite. Amelia vermutete, er wollte auch etwaige Schlangen aufstöbern. »Die Insel ist viel größer, als man denkt, deshalb sind der Leuchtturm und Evans Farm auch so abgelegen.«
    »Warum haben Sie den Posten als Leuchtturmwärter ausgerechnet hier übernommen, in dieser einsamen Gegend?« Es war ihr unerklärlich, wie jemand, noch dazu ein lediger Mann, freiwillig ein solches Einsiedlerdasein fern jeder Stadt fristete. Sie hätte ihn gern gefragt, ob er denn nie die Gesellschaft einer Frau vermisse, fand aber nicht den Mut dazu.
    »Die meisten Leuchttürme liegen in verlassenen Gegenden«, erwiderte er. »Ich war ein Jahr auf Cape Willoughby, ein weiteres Jahr auf Cape Borda, und jetzt bin ich seit neun Monaten hier. Dazwischen habe ich als Lotse in der Nepean Bay gearbeitet.«
    »Sie sind Schiffslotse?« Amelia war gar nicht auf den Gedanken gekommen, er könnte noch einen anderen Beruf haben.
    »Ja. Ich habe im Hafen von Melbourne angefangen. Ich mag große, betriebsame Häfen, aber die gibt es normalerweise nur in Verbindung mit einer großen Stadt. Das ist nichts für mich. Vielleicht bin ich ein bisschen seltsam in dieser Beziehung, aber ich fühle mich nicht wohl in der Menge. Ich ziehe das Leben in der Einsamkeit vor.«
    »Möchten Sie denn den Rest Ihres Lebens auf dieser Insel verbringen?«
    »Warum nicht? Ich hoffe nur, sie bleibt so dünn besiedelt, wie sie ist.«
    Amelia hätte gern gewusst, ob sie jemals in einer großen Stadt gewohnt hatte. Es war schrecklich, sich an gar nichts erinnern zu können.
    »Wissen Sie nicht mehr, wo Sie einmal gelebt haben?«, fragte Gabriel, als hätte er ihre Gedanken gelesen.
    »Nein. Vielleicht würde mir alles wieder einfallen, wenn ich in einer vertrauten Umgebung wäre. Aber ich weiß ja nicht, was mir vertraut war! Wenn ich nicht zufällig auf etwas stoße, das ich wiedererkenne, werde ich mich vielleicht nie mehr an mein früheres Leben erinnern können.«
    »Eines Tages wird Ihr Erinnerungsvermögen

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