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Die Insel der roten Erde Roman

Titel: Die Insel der roten Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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Zeit braucht, sich von den schweren Schicksalsschlägen zu erholen. Sie hat ja nicht nur ihre Familie verloren, sondern ist selbst mit knapper Not dem Tod entronnen. Ihr Schiff ist vor der Küste gesunken, wie Clare Ihnen sicher schon erzählt hat.« Edna hatte immer wieder versucht, ihr Mündel dazu zu bewegen, unter Menschen zu gehen, doch die junge Frau weigerte sich: Sie sei einfach noch nicht so weit, behauptete sie.
    »Ja, das ist wirklich tragisch. Das arme Ding muss einen schweren Schock erlitten haben. Aber bei Ihnen und Charlton ist sie ja in besten Händen. Clare hat allerdings nicht erwähnt, wie alt sie ist. Geht sie noch zur Schule?«
    »Nein, Amelia ist neunzehn. In Hobart Town hat sie übrigens Tanz und Sprachen unterrichtet.«
    Sarah blieb fast das Herz stehen, als sie das hörte. Amelia Divine hatte Sprachen unterrichtet? Das durfte doch nicht wahr sein! Ob davon etwas in ihrem Tagebuch stand? Sarah hatte bisher nur einige wenige Abschnitte gelesen. Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, ob ihr diese ganze Geschichte nicht allmählich über den Kopf wuchs.
    »Wirklich?«, fragte Silvia aufgeregt. »Welche Sprachen spricht sie denn?«
    »Französisch und Italienisch, glaube ich. Ihre Mutter hatte mir geschrieben, sie würde noch eine dritte Sprache lernen. Amelia hat das allerdings nie erwähnt.« Edna wurde plötzlich bewusst, dass ihr Mündel auch nie über ihre Tätigkeit als Lehrerin sprach, obwohl sie doch ganz in dem Beruf aufgegangen war, wie sie von ihrer Mutter wusste. Andererseits hatte die junge Frau nie auch nur ein Wort über Camilla, Henry oder Marcus verloren. Offenbar verschloss sie ihren Kummer in ihrem Herzen.
    »Nein, wirklich!«, staunte Silvia. »Ich würde zu gern einmal eine Kollegin kennen lernen.«
    Betty fiel die Überheblichkeit in ihrem Tonfall auf. Miss Strathborne hielt sich zweifellos für die klügste Frau auf Erden. Doch in ihrer Stimme schwang auch eine Spur Neid mit.
    »Eigentlich sollte Amelia ihr Mittagsschläfchen längst beendet haben. Ich sehe mal nach …« , meinte Edna.
    Hätten die Kinder nicht in der Auffahrt gespielt, wäre Sarah aus dem Fenster geklettert und verschwunden, bis Miss Strathborne wieder fort war. Ihre Gedanken überschlugen sich. Sie konnte unmöglich glaubhaft erklären, dass sie drei Sprachen einfach vergessen hatte.
    »Amelia, Liebes!«, rief Edna. »Bist du schon wach? Ich würde dir gern jemanden vorstellen.«
    »Mir … mir geht es nicht besonders«, krächzte Sarah und hustete, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen.
    Die Tür ging auf, und Edna streckte den Kopf ins Zimmer. »Was fehlt dir denn, mein Kind?«
    »Ich habe Halsschmerzen, Tante. Ich kann kaum sprechen«, flüsterte sie heiser.
    »Ach herrje!« Edna ging zu ihr und befühlte ihre Stirn. »Temperatur hast du keine. Komm mit in die Küche, Polly soll dir einen Schwarztee mit Honig und Zitrone machen.«
    Sie nahm sie bei der Hand, und Sarah folgte ihr widerstrebend in die Küche, wo Edna sie mit Silvia Strathborne bekannt machte.
    »Amelia hat Halsschmerzen«, erklärte Edna, als ihr Mündel ein kratziges »Guten Tag« herausbrachte.
    »Oh, hoffentlich geht es Ihnen bald wieder besser«, sagte Silvia. »Sie müssen mir alles über Ihre Lehrtätigkeit in Hobart Town erzählen!«
    Sarah nickte stumm. Sie sah flüchtig zu Betty hin und zuckte innerlich zusammen, als sie deren stechenden Blick auffing.
    »Sie müssen unbedingt in die Schule kommen, wenn Sie sich ein wenig erholt haben«, fuhr Silvia fort. »Vielleicht könnten Sie den älteren Schülern ein paar Grundkenntnisse in Französisch oder Italienisch beibringen. Edna sagte, Sie lernen noch eine dritte Sprache. Welche, wenn ich fragen darf?«
    Sarah überlegte blitzschnell. »Spanisch«, sagte sie unsicher. »Aber … ich habe gerade erst angefangen, deshalb kann ich noch nicht sehr viel. Eigentlich gar nichts.« Sie griff sich mit verzerrtem Gesicht an den Hals, als hätte sie schlimme Schmerzen. Ihre Zuhörer bekundeten ihr Mitgefühl. Nur Betty erkannte, was sich tatsächlich hinter ihrer Grimasse verbarg: die Angst, als Betrügerin entlarvt zu werden.
    »Vielleicht sollte ich besser Dr. Thompson anrufen und ihn bitten, dass er herkommt«, sagte Edna besorgt.
    Sarah nickte und bedeutete mit einer Handbewegung, dass sie wieder in ihr Zimmer gehen und sich hinlegen werde.
    »Polly wird dir einen Tee bringen«, sagte Edna und huschte um sie herum wie ein aufgescheuchtes Huhn.
    »Clare hat gesagt, Dr. Thompson ist heute

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