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Die Insel der roten Erde Roman

Titel: Die Insel der roten Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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versöhnlich hinzu: »Du hast doch nichts dagegen?«
    »Natürlich nicht, mein Kind. Ich setz schon mal Wasser auf.«
    Sarah eilte in ihr Zimmer, so schnell ihre zitternden Knie es erlaubten. Sie schloss die Tür hinter sich, riss mit fahrigen Händen den Umschlag auf und las:
     
    Sehr geehrte Miss Divine,
    ich schreibe Ihnen wegen der Frau, die angeblich Sarah Jones heißt. Sie bezweifelt, dass sie die Strafgefangene ist, die Evan Finnlay als Farmarbeiterin zugeteilt wurde. Obwohl sie ihr Erinnerungsvermögen noch nicht wiedererlangt hat, kann sie sich unmöglich vorstellen, ein Verbrechen begangen zu haben, für das sie in einem Zuchthaus in Van-Diemens-Land ihre Strafe verbüßt hat. Da ich sie inzwischen als einen guten Menschen kennen gelernt habe, teile ich diese Ansicht. Deshalb möchte ich Sie fragen, ob Sie sich bei der Identifizierung möglicherweise geirrt haben. Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie uns weiterhelfen könnten. Ich habe mich auch an die Gefängnisbehörde gewandt mit der Bitte um Informationen, die bei der Klärung ihrer Identität hilfreich sein könnten.
    Ich hoffe, Sie haben sich inzwischen von dem schrecklichen Unglück erholt. Bitte bestellen Sie den Ashbys herzliche Grüße von mir.
     
    Ihr sehr ergebener
    Gabriel Donnelly, Cape du Couedic
     
    Sarah ließ sich auf ihr Bett fallen. »O Gott«, stöhnte sie, »jetzt ist alles aus!« Ihr erster Gedanke war, sofort aus der Stadt zu fliehen. Zum Teufel mit Gabriel Donnelly! Wieso musste er ihr Ärger machen? Wieso glaubte er dieser hochnäsigen Person?
    Sie drehte sich auf die Seite und zwang sich, die Situation in Ruhe zu durchdenken. Was würde die Gefängnisbehörde auf seinen Brief antworten? Was konnte sie ihm mitteilen? Es gab keine Fotografie von ihr. Sie war fünfzehn gewesen, als sie vor fünf Jahren in Van-Diemens-Land eingetroffen war. Amelia war neunzehn – niemand würde ihr ansehen, dass sie ein Jahr jünger war. Sie war schlank und dunkelhaarig, genau wie Amelia. Sie hatte keine besonderen Merkmale, keine verräterischen Narben, die den Behörden bekannt wären. Sie war nur eine Nummer, eine von etlichen tausend weiblichen Gefangenen. Sofern man nicht jemand herschickte – was man ohne hinreichende Gründe kaum tun würde –, konnte man sie unmöglich identifizieren. Sarahs Lippen verzogen sich langsam zu einem Lächeln. »Das ist die Chance, das Schicksal dieser Amelia Divine ein für allemal zu besiegeln«, flüsterte sie. »Und ich weiß auch schon, wie ich das anstellen werde.«
    Als Sarah wenig später ihr Zimmer verließ, hatte sie neuen Mut geschöpft. »Mr Donnelly lässt euch herzlich grüßen«, sagte sie zu Edna, die sie besorgt musterte.
    »Ist alles in Ordnung, mein Kind?«
    »Aber ja. Mr Donnelly wollte lediglich wissen, ob ich mich inzwischen von dem schrecklichen Erlebnis erholt hätte. Ich werde ihm gleich schreiben, wie sehr ich hier von euch beiden verwöhnt werde, und dass es mir mit deiner und Onkel Charltons Hilfe gelingt, die Schatten meiner tragischen Vergangenheit hinter mir zu lassen.«
    Edna lächelte.
     
     

Cape du Couedic
     
    Am Tag nach ihrem nächtlichen Stelldichein mit Gabriel in ihrem geheimen Versteck war Amelia immer noch selig. Die Stunden mit ihm kamen ihr wie ein wunderschöner Traum vor, aus dem sie nicht aufwachen wollte. Immer wieder berührte sie unwillkürlich ihre Lippen, als sie daran dachte, wie zärtlich er sie geküsst hatte. Nicht einmal die Angst, ihre Beziehung würde keine Zukunft haben, konnte ihr Glück trüben.
    Als sie zum Brunnen ging, um Wasser für die Zubereitung des Mittagessens zu holen, sah sie Evan vor dem Abort stehen. Er schrie jemanden an, der sich offensichtlich in dem Holzverschlag befand.
    »Was ist denn los?«, fragte sie beim Näherkommen. »Ist eins der Kinder krank?«
    »Krank? Faul trifft es besser«, blaffte Evan wütend.
    »Ich bin nicht faul«, protestierte Sissie von drinnen.
    »Dann komm gefälligst raus da, und mach deine Arbeit!«
    »Ich kann nicht«, wimmerte das Mädchen.
    »Sissie ist schlecht geworden«, erklärte Rose. Vom Geschrei ihres Vaters alarmiert war sie ihrer Schwester zu Hilfe geeilt.
    »Unsinn! Sie ist launisch und bockig. Aber wenn sie glaubt, sie kann sich vor ihren Pflichten drücken, hat sie sich getäuscht!«
    »Ich erledige das für sie, Papa«, erbot sich Rose. Sie machte sich offensichtlich Sorgen um die große Schwester.
    »Sie wird ihre Arbeit selbst machen«, rief Evan.
    »Willst du mir nicht sagen, was

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