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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Ihrer. Einer von uns wird gleich da hinausgehen und Ihrem Mann sagen, dass Ihnen schlecht geworden ist. Man hat Sie auf Ihr Zimmer gebracht, und er möchte bitte nach Ihnen sehen. Da oben wird jemand auf ihn warten, er wird somit der Zweite sein. Und der gute Herr Doktor der Dritte. Denn er wird sich ja zweifellos anschließen. Er will doch immer helfen …«
    Jefes Stimme troff vor Hohn – zumindest versuchte er, all seine Verachtung für die Gesellschaft auszudrücken, zu der Nora Fortnam gehörte. Aber tief in ihm bohrten dennoch dieFragen. Woher kannte sie seinen Namen? Was machte sie so furchtlos? Und warum meinte er, ihre Stimme schon einmal gehört zu haben? Früher, viel früher als damals im Schuppen, als sie ihn und Deirdre entdeckt hatte.
    »Aber heute wird er nicht helfen!«, fuhr Jefe fort. »Alle hier werden sterben. Und nicht nur hier. Der Geist ist hier, Madame! Er bringt Tod und Verwüstung … Schmerzen und Angst …«
    »Und Dede?« fragte Nora ruhig. »Die willst du auch vergiften?«
    Dede – wieder ein Wort, das etwas in Jefe auslöste. Es musste ein Kosename für Deirdre sein. Doch warum stiegen bei dem Namen Bilder in ihm auf? Bilder eines kleinen Mädchens, das einen Kranz aus Blüten im Haar trug, einen Kranz, den er, Jefe, geflochten hatte …
    Jefe verdrängte die Bilder. Er starrte Nora hasserfüllt an. »Deirdre? Die vor allen anderen!« Er wollte nicht weiterreden, doch dann brach seine ganze Wut und Enttäuschung aus ihm heraus. »Zuerst sagt sie, sie liebt mich, und dann … Wenn es ein bisschen schwierig wird, rennt sie doch zurück zu ihrem Doktor. Ein verräterisches Miststück! Und ich sage Ihnen was, weiße Lady: Wenn ich sie nicht haben kann, dann soll er sie auch nicht haben! Ich werde ihr beim Sterben zusehen, und ich werde dabei lachen … Lachen werde ich …«
    Er stand hinter Nora, aber sie hörte an seiner Stimme, dass er eher mit den Tränen kämpfte. Die große, schlanke Frau, die immer noch das Päckchen mit dem Gift hielt, schaute ihn verwirrt an. Ihr Kopftuch war verrutscht, es gab kurz geschorenes, krauses Haar frei.
    Nora schüttelte den Kopf. »Du irrst dich, Jefe«, sagte sie sanft, und vor ihrem inneren Auge wurde er wieder zu dem kleinen Jungen, der im Zelt der Queen mit den Trommeln der Ashanti spielte. »Dede … Deirdre … liebt dich sehr. Sie kann dich jedoch nicht so lieben wie … wie ihren Mann … Sie darf es nicht. Es istpassiert, ich weiß, aber es war … ein … hm … Irrweg … mehr noch, es war … eine Sünde …«
    »Weil ich schwarz bin und sie weiß?«, stieß Jefe mit einem bitteren Lachen hervor. »Welcher Gott hat das bestimmt?«
    Nora drückte seine Hand mit dem Messer entschlossen hinunter und wandte sich zu ihm um. »Welcher Gott auch immer im Himmel regiert, er treibt manchmal seltsame Späße mit uns«, sagte sie leise. »In diesem Fall sind göttliche Gesetze und weltliche allerdings gleich. Du kannst nicht mit Dede zusammen sein, obwohl sie vor dem Gesetz in Jamaika genauso schwarz ist wie du. Das ist sie nämlich, sie ist meine Tochter mit einem ehemaligen Sklaven. Akwasi, dein Vater, war auch der ihre. Du bist ihr Bruder, Jefe. Erinnerst du dich nicht? Akwasi hatte zwei Frauen, damals in Nanny Town, eine davon war ich. Du nanntest mich Mama Nora, und du wolltest jeden Tag mit mir aufs Feld. Weil Dede bei mir war. Weil du sie damals schon liebtest, genau wie sie dich liebte. Das ist gut und richtig. Aber ihr seid Bruder und Schwester, Jefe. Mann und Frau könnt ihr nicht sein.«
    Nora sah Jefe fest in die Augen und erkannte, dass in ihm etwas brach. Egal was er sagte – und egal, was zwischen ihm und der jungen schwarzen Frau gewesen war, die der Szene fassungslos zusah –, er hatte Deirdres Verlust niemals verschmerzt.
    Nora hätte ihm gern Zeit gelassen, mit der neuen Erkenntnis fertig zu werden. Aber jetzt musste schnell etwas geschehen. Louise Dufresne klingelte eben nach dem nächsten Gang. Die Suppe – jedenfalls das, was Nora davon unversehrt gelassen hatte – musste wohl verzehrt worden sein. Nora fragte sich, womit die Dufresnes ihr seltsames Verhalten gegenüber den Kellnern erklärt hatten – und hoffte, dass der erste Gang noch nicht mit Gift versetzt gewesen war.
    Nora trat einen Schritt zurück und warf einen verächtlichen Blick auf das Messer, das Jefe immer noch in der Hand hielt. »Und nun tu, was du tun musst, Jefe. Wenn du meinst, dass esrichtig ist, dann erstich mich jetzt. Lass

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