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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Ihr werdet sehen, mit wem ihr euch hier anlegt! Ihr …«
    »François Macandal!« Der oberste Richter unterbrach Macandals Rede mit scharfer Stimme und begann mit der Urteilsverlesung. Auf dem Platz war es jetzt nicht mehr so still wie zuvor. Unruhe breitete sich aus, man hörte Rufe und das Geräusch von Peitschenschlägen auf nackter Haut.
    Bonnie enthüllte das Falkonett und begann es mit sichererHand auszurichten. Kein Mensch würde sich jetzt nach ein paar Schwarzen auf einem Wagen umsehen. Und außerdem … Sie hatte eigentlich nie an einen zweiten Messias geglaubt, aber nun war es, als habe Macandals Rede ihr Kraft gegeben.
    »… verurteile dich zum Tod …« Der Richter sprach weiter, kam aber kaum gegen das laute Prasseln des Regens an. Macandals Stimme dagegen übertönte es mühelos.
    »Ihr könnt den Gesandten Gottes nicht verurteilen und nicht richten!«, rief er, während die Henkersknechte ihn an den Pfahl banden.
    Bonnie hoffte, dass man ihn vorher darüber informiert hatte, was er tun musste, um sich zu befreien. Wenn die Männer es ihm jetzt erst zuraunen wollten, war es eindeutig zu spät. Macandal hörte nicht zu, er war zu sehr davon berauscht, noch einmal vor den Sklaven von Saint-Domingue zu predigen.
    »Ihr meint, ihr könntet mich zur Hölle schicken? Mich braten? Vielleicht wird es sogar so aussehen. Aber wohin ihr mich auch schickt, ich werde zurückkehren. Ich werde als Wolf zurückkehren, der euch zerreißt. Ich werde als Schlange zurückkehren, die euch erwürgt. Ich werde als Skorpion zurückkehren, dessen Stich euch vergiftet! Ich werde mein Volk in die Freiheit führen. Denn ich bin Gottes Schwert!«
    Während Macandal sprach, hörte der Regen schlagartig auf. Es war nur ein sehr kurzer Schauer gewesen, Bonnie hoffte, dass er auf dem Scheiterhaufen überhaupt etwas ausgerichtet hatte. Die Henkersknechte gossen nun Öl auf das Holz, ließen den Pfahl allerdings aus, an den Macandal gebunden war.
    Und dann loderten die Flammen um Macandal auf. Bonnie hatte nicht gehört, wer den Befehl oder das Zeichen gegeben hatte, den Scheiterhaufen zu entzünden, sie vernahm nur die Stimme des Geistes.
    »Ihr denkt, Feuer könnte mir etwas antun? Blitz und Donner werde ich euch senden!«
    Rauchschwaden und Flammen entzogen seine Gestalt jetzt der Sicht der Zuschauer – und Bonnie wusste, dass es Zeit war, bevor Jefe sie nur ansehen konnte. Sie legte Feuer an die Lunte – und durch die Menge ging ein einziger Aufschrei, als die Kanone ihre Kugel mit lautem Knall ausspie. Noch bevor sie einschlug, flüchteten die ersten Menschen, und dann explodierte das Relief am Regierungsgebäude. Die kleine Kugel bewies mehr Schlagkraft, als Bonnie erwartet hatte. Steine prasselten herab, der Marmor zersprang, und die Bruchstücke flogen in alle Richtungen …
    »Ein Blitzschlag! Der Herr straft sie!«
    Erste Rufe der Angst, aber auch des Triumphes wurden aus den Reihen der Sklaven laut. Verängstigte Menschen warfen sich auf den Boden. Militärs brüllten Befehle, Verschwörer Parolen.
    Und durch den Rauch und die Flammen des Scheiterhaufens taumelte eine Gestalt, die Beine bereits frei, aber den lichterloh brennenden Pfahl noch auf den Rücken gebunden. Macandal befreite seine rechte Hand und den Stumpf seiner linken, spreizte die Arme, aber die noch brennenden Reste der Fesseln entzündeten jetzt auch sein Hemd. Bonnie fühlte sich an ein Kruzifix in Flammen erinnert. Der Geist stolperte in die schreiende, betende, fliehende Menge – und war von einem Augenblick zum anderen nicht mehr zu sehen.
    Bonnie wusste natürlich, dass dort unten Leute mit Decken gewartet hatten, die die Flammen blitzschnell ausschlugen und Macandal in ihre Mitte nahmen. Es konnte nicht schwierig für sie gewesen sein, mit den Menschenmassen zu verschmelzen, die den Verbrennungsplatz in einen Hexenkessel verwandelt hatten. Doch auf die verängstigten, leicht zu beeindruckenden Menschen musste es wirken, als habe eine übernatürliche Macht Macandal entrückt. Unter die Schreie der Angst und des Entsetzens mischten sich solche des Jubels … und Bonnie spürte plötzlich, wie sich der Wagen unter ihr in Bewegung setzte.
    »Festhalten!«, schrie Jefe.
    In diesem Momet sahen auch die anderen Verschwörer, dass sich ein Regiment Soldaten in ihre Richtung in Bewegung gesetzt hatte. Natürlich, die hatten herausgefunden, woher die Kugel gekommen war. Bonnie und die Männer klammerten sich an den Wagen, während Jefe seine

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