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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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schlagen.
    In den letzten Tagen ließ Dayton sie allerdings weitgehend in Ruhe. Das junge Mädchen fragte sich, schon wieder herzklopfend, ob es das vielleicht doch einer Intervention Máanus zu verdanken hatte oder, wahrscheinlicher, einer Beschwerde von Mrs. Benton. Die Frau des Hafenmeisters hatte Bonnie in letzter Zeit häufig prüfend angesehen und ihre Blessuren sicher bemerkt. Und sie hatte bestimmt mehr Einfluss als Máanu. An Mr. Benton kam niemand vorbei, der in der Hafensiedlung Geschäfte machen wollte, und wenn er ein paar Worte mit Dayton gewechselt hatte, mochte das schon zu dessen Mäßigung beigetragen haben.
    Bonnie jedenfalls war der Frau des Hafenmeisters dankbar, obwohl sie, wenn sie Jefes Ansichten teilen wollte, natürlich auch die Bentons hassen müsste. Für ihn reichte da als Grund aus, dass sie weiß waren und er schwarz – doch Bonnie konnte nicht glauben, dass sämtliche Weiße so abgrundtief verderbt und böse waren, wie der Junge predigte. Mr. Benton zum Beispiel war nach allem, was Bonnie wahrnahm, ein rechtschaffener Mann, der sogar die Sklaven halbwegs freundlich behandelte, und Mrs. Benton hatte überhaupt nur ein einziges schwarzes Hausmädchen. Es hieß Bridget und trug stets eine adrette Dienstbotenuniform – und die Nase so hoch, dass es nicht mal mit Máanu, geschweige denn mit jemandem wie Bonnie je ein Wort gewechselt hatte. Ganz sicher wurde Bridget nie geschlagen oder auch nur angebrüllt. Und wahrscheinlich überarbeitete sie sich auch nicht in dem kleinen Haushalt.
    Doch wem immer sie es auch verdankte – Bonnie kam in der letzten Zeit ein wenig zur Ruhe. Die Schwellungen in ihrem Gesicht gingen zurück, und neben ihrer Arbeit fand sie Zeit, täglich in Máanus Laden vorbeizuschauen und sich einer streng verbotenen Beschäftigung hinzugeben: Máanu brachte ihr das Lesen bei! Máanu selbst hatte es wohl als Kind bei einem Sohn ihres Backras gelernt – die genauen Umstände kannte Bonnie nicht, die freie Schwarze sprach nie darüber. Aber sie hatte größten Wert darauf gelegt, dass ihr Sohn Jefe es lernte, und sogar den stets betrunkenen Doktor, der die ärztliche Versorgung der Weißen auf Grand Cayman mehr schlecht als recht gewährleistete, dafür bezahlt, ihren Sohn zu unterrichten. Jefe war beim Lernen eifrig gewesen, auch sein Vater Akwasi musste wohl so etwas wie ein Gelehrter gewesen sein, wenn man ihm glauben durfte. Doch das kannte sie ja schon – wenn man Jefe alles glaubte, was er von seinem Vater erzählte, so war Akwasi der restlichen Menschheit in jeder Beziehung überlegen gewesen. Dass er trotzdem nicht zum König der Welt aufgestiegenwar, führte Jefe allein auf seine schwarze Hautfarbe zurück – und nahm es der Welt bis heute übel.
    Auf jeden Fall hatten seine Lese- und Schreibkenntnisse Jefe in diesen Tagen tatsächlich eine Art Job verschafft. Der Besitzer der beiden gerade im Hafen liegenden englischen Schiffe legte strengsten Wert auf korrekte Buchhaltung und verlangte von seinem Proviantmeister genaue Auflistungen der an Bord genommenen Verpflegung. Leider konnte der Mann nicht schreiben und nur ungenügend zählen, und so hatte Mr. Benton ihm Jefe als Helfer empfohlen. Bonnie bewunderte ihren Freund grenzenlos für diese Arbeit – es musste der Himmel sein, einfach nur herumzusitzen und die aufs Schiff gebrachten Fässer und Säcke zu zählen, statt sie bei glühender Sommerhitze in den Bauch des Dreimasters zu schleppen.
    Jefe winkte ihr eifrig zu, als sie jetzt auf dem Weg zu Máanu an ihm vorbeiging. Bonnie hätte den Gruß gern erwidert, hielt dann jedoch nicht an. Auf keinen Fall sollte jemand ihrem Backra erzählen, sie habe am Kai mit den Männern geredet, und Mr. Benton durfte auch nicht denken, sie hielte Jefe vielleicht von der Arbeit ab. Stattdessen lief sie rasch weiter, zog vor den Bordellen und Bars wie gewohnt den Kopf ein und erreichte dann Máanus Laden, wo sie die Besitzerin im Gespräch mit einem seltsamen Fremden antraf.
    Auf den ersten Blick wirkte der hochgewachsene Mulatte wie ein reicher Kaufmann – das konnte jedoch nicht sein. Kaufleute waren immer Weiße, und sie erledigten die Einkäufe in einem Laden wie Máanus kaum selbst. Aber egal, wer er war, dieser Kunde trug Kniehosen und Strümpfe, ein spitzenbesetztes Hemd und eine bestickte Weste. An seinen Schuhen blitzten silberne Schnallen, und er stiefelte auf hohen Absätzen einher. Den Dreispitz hatte er beim Betreten des Geschäftes abgenommen, was

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