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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Ehemann. Unser Haus kannst du verlassen. Deine Frau und dein Kind hingegen …«
    Lennie gab eine Art Schnauben von sich. »Wer denn will so fette Kuh?«, fragte er grob. »Sie jetzt Kind, kein Spaß. Ich neue Frau, hier in Hafen.«
    Victor wollte ihn für seine Frechheit rügen, verlegte sich dann jedoch lieber auf einen Vortrag über das Sakrament der Ehe. Wie erwartet hatte Lennie keinen Funken davon verstanden. Doug Fortnam hatte Eheschließungen seiner Sklaven immer geachtet, aber wenn die ihre Verbindung wieder lösen wollten, hatte er dazu auch nichts gesagt. Lennie war nun zwar getauft, fürchtete aber keinen Schaden für seine unsterbliche Seele, nur weil er sich von seiner Frau und seinem ungeborenen Kind abwandte. Als Victor ihm dies nun vorhielt, bemüht, seine mögliche Verbannung in die Hölle drastisch zu schildern, schüttelte er nur den Kopf und verzog sich in die Küche der Schenke.
    »Er wird dem nächsten Obeah-Mann ein Huhn vorbeibringen«, bemerkte Deirdre am Abend, nachdem ihr Victor von der Begegnung mit Lennie erzählt hatte. »Das besänftigt dann die Geister, und alles ist gut. Während sich Amali die Augen ausweint. So habe sie sich Freiheit nicht vorgestellt, sagt sie. Und sie wäre lieber mit Lennie zusammen Sklavin geblieben.«
    Victor zuckte die Schultern. »Dadurch hätte er sie auch nicht mehr geliebt. Er hätte natürlich bleiben müssen, und eine Frau aus dem Hafenviertel hätte ihm keinen zweiten Blick geschenkt. Es ist nicht immer einfach …«
    Amali brachte ein paar Wochen später ein tiefschwarzes kleines Mädchen zur Welt, das sie Liberty nannte. Deirdre nahm das zum Beweis, dass sie über Lennie hinwegkam und dochwieder Freude an ihrer Freiheit fand, Amali nutzte jedoch die erste Gelegenheit, um zum Hafen zu laufen und Lennie sein Kind vorzustellen. Zu ihrem Entsetzen fand sie ihn in einem Verschlag neben der Schenke, den er mit einer grellweiß geschminkten, ordinären Mulattin teilte. Seiner Tochter gönnte er kaum einen Blick, ebenso wenig Amali. Dafür prahlte er mit seiner »weißen Frau«, als müsste Amali ihn dafür bewundern. Und außerdem, so erklärte er großspurig, gefalle ihm sein neuer Job.
    »Ich nie wollte sein Hausdiener und Stallknecht. Ist nur anstrengend. Das hier besser!«, erläuterte er. »Ich nicht diene weiße Backras!«
    Amali konnte darüber nur den Kopf schütteln, aber Lennies neuer Arbeitgeber war tatsächlich Mulatte. Ein schmieriger Typ, in dessen Etablissement sich wahrscheinlich nur selten ein Weißer verirrte. Lennie musste sich also nicht dazu herablassen, einem solchen sein Bier zu servieren. Er schien das als einen kleinen Sieg für die Sklavenbefreiung zu empfinden und sah sich als Held.
    Amali wahrte ihre Fassung, bis sie wieder im Haus der Dufresnes war. Dort brach sie zusammen und begann erneut, haltlos zu weinen. Als sie den dritten Tag nicht zur Arbeit erschien, ging Deirdre zu ihr in die Unterkünfte der Dienerschaft.
    »Morgen komm ich wieder, Missis«, schluchzte Amali schuldbewusst, als die junge Frau eintrat. Sie musste glauben, dass Deirdre kam, um ihre Dienste einzufordern. »Aber ich kann nicht … ich bin krank …« Tatsächlich lag sie auf ihrem Bett, das Körbchen mit Liberty neben sich.
    Deirdre nickte verständnisvoll und zog einen Stuhl ans Bett. Sie hatte einen kleinen Korb mitgebracht, den sie jetzt zwischen sich und Amali stellte.
    »Ich komm nicht als Missis«, sagte sie sanft. »Nur als Freundin. Zum Reden. Und ich dachte, dabei redet es sich besser …«Mit großer Geste nahm sie den Deckel von ihrem Korb, und ein aromatischer Duft füllte den Raum. Amali schnupperte.
    »Honigkuchen?«, fragte sie und vergaß darüber, weiter zu weinen.
    »Nach dem englischen Rezept von meiner Mutter«, bestätigte Deirdre. »Sie sind Sabina fast so gut gelungen wie Mama Adwe … weißt du noch, wie wir sie immer aus der Küche stibitzt haben?«
    Über Amalis noch tränenfeuchtes Gesicht zog ein Lächeln, und Deirdre beobachtete wohlgefällig, wie sie hungrig in den Korb griff. Sabina hatte gejammert, dass sie tagelang kein Essen angerührt hatte.
    »Es tut mir so leid«, entschuldigte sich Amali noch einmal. »Ich dürfte Sie nicht einfach so im Stich lassen. Gestern war doch diese Kirchenversammlung, nicht? Wer hat Sie geschnürt? Sabina? Und Ihr Haar …«
    Deirdre machte eine abwehrende Handbewegung. »Nafia macht das schon ganz gut. Und die Frisur musste schließlich nicht vor dem Gouverneur bestehen, sondern nur

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