Die Insel Der Tausend Quellen
Elias hatte Wert darauf gelegt, dass seine perfekte Lady mit marmorweißem Teint aufwarten konnte wie die anderen Frauen der Pflanzer, die das Haus praktisch nie verließen. Nun konnte es lebenswichtig werden, rasch einen natürlichen Schutz gegen die Sonne aufzubauen. Und einen künstlichen – ihr Haus musste so schnell fertig werden wie eben möglich. Nora warf mit neuem Elan Lehm gegen die Wand.
Die üblichen Sklavenhütten waren schnell erstellt – Nora musste nur noch eine weitere Nacht unter freiem Himmel verbringen, bevor ihr Haus einzugsbereit war. Sie wappnete sich gegen eine erneute Vergewaltigung durch Akwasi, aber zu ihrer Erleichterung ließ er sie in Ruhe. Was sicher auch damit zu tun hatte, dass er selbst nicht zur Ruhe kam. Die allermeisten Schwarzen in Nanny Town missbilligten seine zweibeinige weißhäutige »Beute«, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Es gab einige, die Sklaverei grundsätzlich ablehnten, nachdem sie selbst zu ihrem Opfer geworden waren; andere empfanden es als unter der Würde eines freien Schwarzen, eine Weiße in sein Bett zu nehmen, und begegneten Akwasi mit Schmähungen. Aber die große Mehrheit befürchtete einfach Scherereien durch die Weiße im Lager.
»Das lassen die Backras doch nicht auf sich beruhen«, hörte Nora zwei Frauen miteinander tuscheln, während sie Getreide zu Mehl zerstampften. »Ein paar Pferde und Maultiere, das verschmerzen sie. Aber eine Frau? Die werden versuchen, sie zurückzuholen, und wenn sie dabei unser Dorf schleifen, umso besser für sie!«
Die Befürchtung, er brächte die Maroons mit seinen verrückten Ideen noch alle ins Unglück, kam natürlich auch Akwasi zu Ohren. Noras Besitz würde sein Ansehen in seinem neuen Stamm stark beeinträchtigen. Auf keinen Fall wollte er die Leute nun noch weiter auf sich aufmerksam machen, indem er der Weißen im Freien und unter den Augen der halben Stadt beilag.
In der ersten Nacht im neuen Haus hielt er sich allerdings schadlos und ließ Nora wund und weinend zurück. Sie hatte nicht aufschluchzen oder schreien wollen – nur nicht auch noch ihre Würde verlieren! Aber Akwasis Stöße waren zu schmerzhaft, er drang rücksichtslos und gewaltsam in sie ein, während seine starken Hände ihre Oberarme umfasst hielten und sie auf den harten Lehmboden drückten. Nora hatte noch keine Matten flechten können, und so war ihr Lager im Haus härter als das auf dem Farnkraut in der ersten Nacht. Am Ende schmerzte auch ihr Rücken. Fast noch mehr weh tat es allerdings, dass Akwasi sie während des Aktes nicht ansah. Er blickte starr an ihr vorbei, und Nora fühlte sich wie eine geprügelte Holzpuppe, die ein unartiges Kind herumstieß.
Gegen Morgen schaffte sie es dann nur mühsam, aufzustehen und das Mehl für die Fladen zu mahlen, aus denen ihr Frühstück bestand. Das zumindest fiel ihr nicht schwer. Die Frauen, die neugierig vorbeikamen, um sich am Anblick der ungeschickten weißen Frau zu laben, wurden enttäuscht. Nora zerkleinerte schließlich seit Monaten Heilkräuter mit dem Mörser, mischte Salben zusammen und wusch Verbände. Das Kornmahlen und Teigmischen sowie das Backen der Fladen über dem offenen Feuer hätten ihr sogar Spaß machen können – wäre es nur nicht für einen Mann erfolgt, der sie auf Biegen und Brechen besitzen wollte, obwohl er sie offensichtlich hasste.
Schwieriger war es da schon mit dem Flechten der Schlafmatten. Die Frauen stellten sie aus Palmblättern her, und Nora hatte sich das eigentlich ganz einfach vorgestellt. Wehmütig dachte sie an ihre Träume mit Simon, während ihr das Flechtwerk jetzt bei jedem Versuch erneut auseinanderfiel. Sie hätte jemanden gebraucht, der es ihr zeigte, aber die Einzige, die sich schüchtern zu ihr gesellte, war die kleine Mansah. Das Mädchen war verängstigt und traurig. Máanu und die anderen Frauen in Nanny Town konnten ihr die Mutter nicht ersetzen, obwohl natürlich alle nett zu ihr waren – schon um Máanu, die neue Vertraute der Queen, für sich einzunehmen. Granny Nanny hatte offensichtlich Gefallen an der jungen Máanu gefunden und rief sie oft in ihre Hütte, um dieses oder jenes mit ihr zu besprechen. Die anderen Frauen behaupteten ehrfurchtsvoll, sie berate sich mit ihr.
Mansah wusste es allerdings besser. »Queen nicht beraten mit keinem«, erklärte sie Nora, während sie versuchte, ihr beim Flechten zu helfen. Sie zeigte sich dabei aber ebenso ungeschickt wie die Weiße. Es musste einen Trick geben, den bisher
Weitere Kostenlose Bücher