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Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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»Ich hab das nicht angefangen …«
    »Oh …« Quao hob die Hände, als sei er im Begriff, die Geister zu beschwören. »Da war also etwas. Ich hab’s geahnt und Nanny auch. Dabei könnte alles so einfach sein, wenn dieser Junge und Máanu … Aber wie auch immer, Missis – wie heißt du eigentlich?«
    Nora nannte ihren Namen.
    »Also, Nora …«
    Nora spürte vage Erleichterung. Niemand hatte sie bei ihrem richtigen Namen gerufen, seit man sie aus Cascarilla Gardens verschleppt hatte.
    »Also, Nora, weder mir noch der Queen gefällt es, dass du hier bist. Wir haben sogar darüber gesprochen, dich … nun ja, zu beseitigen. Aber dieser Akwasi will dich, und wie es aussieht, werden wir ihn brauchen. Stimmt es, dass er schreiben und lesen kann?«
    Nora zuckte die Schultern. »Er ist mit dem Sohn des Backras aufgewachsen. Die beiden waren Freunde, auch wenn Akwasi ihn heute hasst …«
    Quao beobachtete sie aufmerksam. Er hatte in langen Jahren gelernt, in den Mienen der Menschen zu lesen. »Das also auch noch …«, murmelte er. »Ist der Sohn des Backras tot?«
    Nora schüttelte den Kopf.
    »Es wird immer schlimmer«, seufzte Quao. »Womöglich wird er dich suchen … Aber wie gesagt, wir brauchen Akwasi. Er soll haben, was er will. Aber ich werde mit ihm über Sklaverei sprechen müssen, wie wir sie bei den Ashanti handhabten. Du musst keine Angst haben, er wird dich nicht grausam behandeln. Und wenn er Kinder mit dir zeugt, sollte er dich zur Frau nehmen, damit sie sein Erbe antreten können. Überhaupt würde es mich interessieren, wie er sein Recht begründet, dich als Sklavin zu halten. Du hast schließlich nichts verbrochen.«
    Nora hatte aus diesem Gespräch einiges gelernt – vor allem, dass bei den Ashanti Kriminelle und Kriegsgefangene versklavt wurden. Man jagte die Menschen verfeindeter Stämme. Mit der Hautfarbe hatte Sklaverei nichts zu tun.
    »Aber sie ist eine Kriegsgefangene!«, argumentierte Akwasi, als Quao ihm kurz danach vorhielt, die weiße Frau möglicherweise unrechtmäßig zu besitzen. »Ihr Stamm ist mein Feind!«
    Granny Nannys Bruder seufzte wieder. »Ja, das habe ich schon ihren Andeutungen entnommen. Aber du weißt, dass du sie nicht halten kannst wie Vieh. Du hast die Pflicht, sie zu versorgen, zu kleiden, du darfst sie weder schlagen noch vergewaltigen.«
    Nora blickte zu Boden.
    Akwasi fuhr auf. »Hat sie sich beschwert? Ich nehme sie, wie ein Mann in Afrika seine Frau nimmt, ich …«
    »Und ich benehme mich, wie es eine Lady in meinem Land tut!«, fuhr ihm Nora über den Mund. »Und breite die Nächte mit meinem … Gebieter … nicht vor Fremden aus.«
    Sie war errötet, während die Männer so ungeniert über sie sprachen, aber nun wandelte sich ihr Scham zu Zorn.
    Quao winkte ab, als habe er es hier mit zwei streitenden Kindern zu tun. »Macht, was ihr wollt«, sagte er kurz. »Aber bedenke, Akwasi, dass du sie zu deiner Frau machst, wenn sie dir ein Kind schenkt. Darauf bestehe ich. Wir werden hier keine Sklavenkinder aufwachsen lassen wie auf den Plantagen der Weißen. Und du, Nora, bewahre dir deine scharfe Zunge. Du wirst sie brauchen. Denn dein Gebieter ist verpflichtet, dich gut zu behandeln. Für den Stamm als solchen gilt das nicht …«
    Nora sollte die Konsequenz seiner Worte bald zu spüren bekommen. In Nanny Town lebte man nicht nur von Überfällen. Wie Doug damals schon gesagt hatte, waren die Ashanti von jeher Bauern. Wobei die Landarbeit hauptsächlich in den Händen der Frauen lag, die sie gemeinsam verrichteten. Auch Akwasi würde das Land, das ihm gleich am nächsten Tag angewiesen wurde, nicht isoliert von den anderen bearbeiten. Zwar oblag es ihm, es zu roden – wobei man Brandrodung bevorzugte –, aber dann würden die Frauen in Gruppen mit dem Umgraben und der Einsaat beginnen. Nora würde sich also nicht wie bisher vor den anderen Frauen verstecken können. Verwundert vernahm sie, wie einer der Maroons Akwasi anwies, das Buschwerk auf seinem Land in Flammen zu setzen.
    »Das sieht man doch meilenweit!«, sagte sie halb verständnislos, halb hoffnungsvoll zu Akwasi. »Der Rauch und die Flammen – ihr könntet gleich eine Karte in Kingston aushängen, in der Nanny Town verzeichnet ist.«
    Der andere Maroon lachte. »Das nicht Geheimnis, weiße Frau. Gouverneur weiß, wo sind Cudjoe Town, Nanny Town, Accompong …«
    Akwasi blickte stolz auf sie herunter. Er hatte sich eben launig mit dem Krieger unterhalten, unter den einfachen Männern der Maroons

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