Die Insel Der Tausend Quellen
ordentlich behandelt und ihre Tugend nicht angetastet wird.« Bei dem letzten Versprechen klang Dougs Stimme fast grimmig. Er würde das auch gegenüber Lady Hollisters Gatten nachdrücklich ansprechen. »Es wäre dem allgemeinen Frieden zuträglich, wenn sie den Gottesdiensten des Reverends beiwohnen würde, aber es fänden sich auch Ausreden, wenn sie das nicht über sich brächte. Am Beten wird die Lady sie nicht hindern, wenn es nicht gerade in der Arbeitszeit sein muss. Aber das wisst ihr ja selbst.«
Auch auf Cascarilla Gardens hatten die Muslime ihre Gebete nach der Arbeit zu verrichten.
»Also, wie ist es, Alima, hast du Lust?«, fragte Doug schließlich.
Alima schlug wieder die Augen nieder. »Wenn Mama nicht zu traurig und Papa nicht böse, dann gern. Ich gern schöne Kleider, Lady Hollister sehr schöne Lady. Und Missy Hornby – sooo schöne Lady …«
Über Letzteres, dachte Doug respektlos, konnte man zwar geteilter Meinung sein, aber wenn Alima ihre neue Herrin mochte, umso besser.
Tatsächlich gestaltete sich das Arrangement zunächst erfreulich für alle Beteiligten. Doug brachte das Mädchen nach Kingston und besprach alles Wichtige mit der Lady. Der Lord war leider gerade abwesend. Doug brachte die Sache mit der Tugend dennoch deutlich zur Sprache.
»Aber natürlich, Mr. Fortnam, wo denken Sie hin!«, lachte Lady Hollister. »Das Mädchen ist bei mir sicher wie in Abrahams Schoß. Obwohl wir natürlich ein paar sehr hübsche Hausdiener haben.« Sie kicherte.
Doug musste sich bemühen, nicht die Augen zu verdrehen. Bemerkte die Lady wirklich nicht die ähnlichkeit all dieser jungen Mulatten mit ihrem Ehemann?
»Ich bin sicher, Alima wird sich da ganz von sich aus zurückhalten«, sagte er dann, ohne das Lächeln der Lady zu erwidern. »Aber es ist Ihre Aufgabe, diese Zurückhaltung auch bei allen männlichen Mitgliedern dieses Haushalts sicherzustellen.«
Die Lady nickte, offensichtlich immer noch belustigt. Doug seufzte. Noch deutlicher konnte er nicht werden. Dafür nahm er sich die Zeit, Alima gleich eine Woche später in ihrem neuen Heim zu besuchen, und traf auf allgemeine Zufriedenheit. Lady Hollister schwärmte von Alimas Umsicht und Anstelligkeit, Alima begeisterte sich für das Spitzenkleid mit Schürzchen, das sie hier täglich tragen durfte. Sie hörte gar nicht mehr auf, von Lady Hollisters hübschen Sachen zu schwärmen, und schwätzte über Schminkzeug und Frisuren. Wenn das so weitergeht, wird sie sich bald anhören wie Lucille, dachte Doug mit leichtem Bedauern. Er fand die meisten Sklavenmädchen sehr viel interessanter als die jungen Damen der Gesellschaft, hätte sie aber selbstverständlich nie angerührt.
Eine Woche später wanderten Maalik und Khadija nach Kingston – Doug wunderte sich immer wieder darüber, wie wenig besonders den gebürtigen Afrikanern die langen Wege in glühender Hitze ausmachten. Beide kehrten strahlend zurück. Khadija war hocherfreut, wie gut es Alima in der neuen Stellung gefiel und was sie alles lernte.
»Sie tun weiß Zeug in Gesicht von Herrin«, beschrieb sie zu Dougs Belustigung das tägliche Schminken der Lady. »Wozu machen, Backra? Ist doch schon weiß!«
Doug überließ es Kwadwo, ihr die Mode der weißen Backras zu erklären, und hörte etwas besorgter dem nicht minder begeisterten Maalik zu. Er hatte auf dem Markt einen schwarzen Muslimbruder getroffen, der dem gleichen Stamm angehört hatte wie seine Familie.
»Vielleicht Mann für Alima. Sagt, Backra gut. Vielleicht kaufen Alima …«
Doug rieb sich mal wieder die Stirn. Plötzlich hatte der vorher so besorgte Vater also nichts mehr dagegen, seine Tochter zu veräußern. Schade, dass Nora das nicht hören konnte.
Einige Wochen lang vernahm er dann nichts mehr von Alima außer gelegentlichen Bemerkungen Adweas, denen man entnehmen konnte, dass es dem Mädchen gut ging. Jedenfalls stellte die Köchin sie und ihre neue Stellung den anderen Haussklavinnen als leuchtendes Beispiel dar. Sätze wie »Wenn nicht strengt an, nie wirst du kriegen schöne Kleider wie Alima« und »Du gut machen, dann vielleicht auch mal Zofe bei schöne Dame wie Alima« gehörten bald zu ihren Standarddrohungen oder Ermutigungen. Maalik und Khadija fragten jeden zweiten oder dritten Sonntag um Reiseerlaubnisse nach, und wenn Doug eine Einladung gab, kam Alima mit nach Cascarilla Gardens und erzählte ihren neidischen Freundinnen halbe Nächte lang von den Wundern ihres Lebens bei Lady Hollister.
Die
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