Die Insel Der Tausend Quellen
Herren, und werden mich sicher entschuldigen.«
Doug richtete sein lichtblaues elegantes Wams und seine Spitzenmanschetten, während er den luftigen Ballsaal durchquerte. Er war groß genug für Gesellschaften wie diese, wirkte sonst aber nicht überladen, sondern eher wie ein verspielter Lichthof, verbunden mit Terrassen und Seitenräumen. Nora hätte ihn geliebt … Doug riss sich zusammen. Er musste endlich aufhören, pausenlos an sie zu denken. Schon damit er mehr in den Töchtern und Nichten der anderen Pflanzer sehen konnte als eine endlose Reihe alberner, kichernder Gören in weißen Kleidern, die über nichts anderes redeten als über die Hitze und die Beschwerlichkeiten des Lebens in der Kolonie. Womöglich blieb er sonst doch noch an Lucille Hornby haften.
Doug straffte sich und forderte das nächstbeste Mädchen zum Tanz auf.
Er musste einfach über Nora hinwegkommen.
Das Mädchen Alima weinte ein bisschen, als Doug ihm vorschlug, die nächsten Jahre Lady Hollister zu dienen. Vor allem aber weinte Alimas Mutter Khadija, die sich nicht vorstellen konnte, sich von ihrer Tochter zu trennen. Ihr Vater, ein kräftiger, untersetzter Afrikaner namens Maalik, sah das gelassener.
»Wenn heiraten, auch weg«, erklärte er. »Und hier keine Mann für sie. Hollister mehr Kingston, Kingston mehr Muslims.«
Doug sah Verwicklungen auf sich zukommen. Wenn sich ein junger Mann für Alima interessieren würde, musste er den womöglich auch noch kaufen. Grundsätzlich sah er allerdings schwarz dafür, dass sich im Haushalt der Hollisters ein Mitglied von Maaliks Glaubensgemeinschaft finden würde. Die Haussklaven in Kingston waren größtenteils alles andere als afrikanisch-arabischer Abstammung, und auf der Hollister-Plantage würde Alima kaum in Kontakt mit Feldsklaven kommen. Ganz abgesehen davon, dass Reverend Stevens die Hollisters genauso häufig besuchte wie die Fortnams, wobei dort die Gottesdienste Pflicht waren. Wenn bei den Hollisters wirklich noch ein Sklave seinem alten und auch in Afrika eher seltenen Glauben anhing, musste er das heimlich tun. Reverend Stevens jedenfalls hielt den Islam für eine Erfindung des Teufels. Doug hatte ihn nur einmal kurz und vorsichtig darauf angesprochen – und war dafür sofort mit einer mehrstündigen Predigt bestraft worden. In ihrem Anschluss wusste er zwar immer noch nicht, was Maalik und seine Familie da eigentlich glaubten, konnte sich den Reverend aber gut als Hassprediger auf einem Kreuzzug vorstellen.
»Alima wäre keineswegs weg«, beruhigte er jetzt die schluchzende Mutter. »Wenn die Hollisters auf der Plantage sind oder wenn sie mich hier besuchen, nimmt die Lady ihre Zofe selbstverständlich mit. Und ihr könnt Alima sonntags auch in Kingston besuchen. Ich glaube nicht, dass die Lady ihr den ganzen Tag freigibt, und es ist ein langer Weg bis dorthin – ihr könntet nur eine Stunde mit ihr zusammen sein –, aber an mir soll es nicht liegen. Ich gebe euch Passierscheine, von mir aus jeden Sonntag.«
»Sie würde auch nicht verkauft?«
Das war Kwadwo. Er fungierte nach wie vor als Busha der Sklavengemeinde, und Doug pflegte ihn hinzuzuziehen, wenn irgendetwas Grundlegendes zu besprechen war. Oft fiel es dem alten Obeah-Mann leichter, gerade den neuen Sklaven aus Afrika etwas verständlich zu machen. Sie sprachen schließlich selbst das Pidgin-Englisch der Sklaven nur unvollständig, und Doug wusste oft nicht, ob sie komplizierte Zusammenhänge wirklich nachvollziehen konnten. Kwadwo konnte sich in ihre Denkweise besser hineinversetzen.
Doug schüttelte den Kopf. »Nein, Alima wird nicht verkauft. Sie bleibt in meinem Besitz, und irgendwann holen wir sie wieder. Wenn … Wenn ich …« Er verstummte.
Kwadwo sah ihn verständnisvoll an. In seinen Augen stand Mitleid, er wusste genau, was zwischen seinem Herrn und Nora gewesen war.
»Sie hätten ihrem Duppy kein Haus bauen sollen«, meinte er geistesabwesend. »So wird er niemals gehen …«
Kwadwo hatte Dougs Hüttenbau am Strand äußerst skeptisch beäugt. Seit Obeah-Zeremonien auf Cascarilla Gardens nicht mehr verboten waren, standen rund um sein eigenes Haus kleine Bauwerke, die Geister einladen sollten, bei ihm zu wohnen. Doug erinnerten sie an Hundehütten, aber er sagte nichts dazu.
»Vielleicht will ich gar nicht, dass er geht, Kwadwo«, murmelte er. »Aber lassen wir das, wir sprechen von Alima. Ich werde Lady Hollister eindringlich klarmachen, dass sie nicht ihr Eigentum ist, dass sie
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