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Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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anspannen und nach Kingston fahren – unter den Planen auf seinem Lieferwagen würde sich ein Versteck für drei Menschen finden lassen. Alimas Familie musste so schnell es ging fliehen.

KAPITEL 3
    N ein, Jefe, du musst jetzt nach Hause gehen. Deine Mama wartet auf dich. Und wenn du Granny schön bittest, erzählt sie dir bestimmt noch eine Geschichte aus Afrika.«
    Nora hob den protestierenden Halbbruder ihrer Tochter Dede auf und schob ihn ihrer Freundin María in die Arme. »Nimm ihn bitte mit ins Dorf, María, sonst kriege ich ärger mit Máanu. Sie lässt doch jetzt schon verlauten, ich würde ihn zu sehr vereinnahmen.«
    Die dreijährige Dede pflegte ihre Mutter aufs Feld zu begleiten wie fast alle anderen kleineren Kinder der Siedlung. Der fast gleichaltrige Jefe hätte mit Máanu im Ort bleiben können; Granny Nanny machte es nichts, wenn er in ihrer Hütte spielte, während Máanu arbeitete. Offiziell fungierte sie als eine Art Sekretärin, und tatsächlich zog die Queen sie bei Verhandlungen mit Händlern und Vertretern ihrer Brüder zu. Die Frauen in Nanny Town nannten sie allerdings kichernd Haussklavin oder Zofe. Máanu kochte und putzte für Nanny und Quao, sie richtete Nannys Kleider und half ihr beim Anrühren ihrer Medizinen. Im Grunde tat sie das Gleiche für die Maroon-Queen, was sie früher für Nora getan hatte – und wieder ohne Lohn, wenn man das erhöhte Ansehen im Ort nicht rechnete. Das besaß sie nur als Akwasis Hauptfrau.
    Akwasis Lese-und Schreibkenntnisse wurden immer wichtiger für Granny und ihre Brüder. Er reiste mitunter zwischen Nanny Town, Cudjoe Town und Accompongs Siedlung im Südwesten hin und her. Sein kleiner Sohn Jefe war ebenfalls privilegiert, Granny Nanny verwöhnte ihn sehr. Jefe machte sich allerdings nichts daraus, allein in ihrer Hütte zu spielen. Stattdessen hängte er sich fast jeden Tag an die Rocksäume irgendwelcher Frauen, die zur Arbeit auf den Feldern gingen, und schloss sich dann Nora und der kleinen Dede an. Die Kinder liebten einander zärtlich; Nora konnte sich kaum daran sattsehen, wie der große, kräftige Jefe seiner feenhaft zierlichen Schwester hinterherlief. Der Junge pflückte ihr Früchte, brachte ihr bunte Blumen und machte sogar schon Anstalten, sie gegenüber anderen Kindern, wenn es Streit gab, zu beschützen.
    Máanu war weniger begeistert von der innigen Freundschaft zwischen den Halbgeschwistern, aber sie fügte sich Nanny, die das völlig normal fand. In Afrika war es üblich, dass Kinder alle Frauen ihres Vaters Mama nannten. Und wenn Jefe lieber mit Nora aufs Feld ging als mit Máanu im Dorf blieb, gab es aus ihrer Sicht keine Einwände.
    Auch Nora störte der Kleine nicht. Wie wohl alle Geburtshelfer war sie stolz auf jedes Kind, bei dessen Geburt sie sich nützlich gemacht hatte. Bei Jefes war sie zum ersten Mal in Nanny Town zu Hilfe gerufen worden, und es war obendrein eine schwere Geburt gewesen. Seit Nora Máanu das Leben gerettet hatte, war sie als Heilerin und Geburtshelferin in der ganzen Siedlung anerkannt – Granny Nanny unterstützte das, solange sie keine Zauber durchführte oder sonst etwas unternahm, die Maroons irgendwie zu missionieren. An der spirituellen Führung ihrer Leute hielt die Queen fest, wie auch an ihrer Orientierung an Afrika. Nanny Town sollte funktionieren wie ein Dorf der Ashanti. Alles, was englisch geprägt war, lehnte die Queen ab – sie versuchte auch, den Tauschhandel der weißen Händler auf das Lebensnotwendigste zu reduzieren. Nora wusste, dass die ursprünglichen Maroons und auch einige befreite Sklaven darüber klagten. Vor allem die Männer mochten nicht weben und töpfern wie ihre Vorväter in Afrika, sie sahen sich allein als Jäger und Krieger, allenfalls hätten sie Feldarbeit akzeptiert. Die oblag in Afrika allerdings allein den Frauen, worüber die von Geburt an freien Maroons mitunter murrten.
    »Ich schlag Zuckerrohr, und Nigger liegt faul in Sonne und hält Wache!«, brachte María es einmal zur heißesten Zeit des Jahres auf den Punkt, als die Frauen zur Mittagszeit in den Schatten einer Palme sanken. »Dabei kann genauso gut auf Ausguck klettern ich, runterschauen und in Horn blasen. Aber er viel kräftiger hauen zu mit Machete.«
    »Und das Tuch, das webt meiner, ist schlecht«, fügte Elena hinzu. Wie auch Marías Familie hatten sie und ihr Mann sich seit Generationen in den Bergen durchgeschlagen, bevor sie sich Nanny und Quao anschlossen. Mit seiner neuen Aufgabe als

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