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Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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auf Jamaika plante.
    »Das Spitzenkleid sollst du nur sonntags tragen!«, erklärte Nora resolut und hielt der Kleinen einen einfachen Hänger hin. »Nicht, um Mama Adwe in der Küche zu helfen.« Dann wandte sie sich an die Mädchen. »Und was euch angeht: Dede ist keine Puppe! Wenn sie sich irgendwann benimmt wie die Nichte von Backra Hollister, lasse ich euch höchstpersönlich auspeitschen!«
    Mit einer Handbewegung verscheuchte Nora sowohl die kleine Prinzessin als auch ihre willfährigen Dienerinnen. Alle vier huschten lachend davon.
    Jefe war ein wesentlich größeres Problem – zumal er sich nicht sicher schien, ob er den Sohn des Kings oder den Freiheitskämpfer herauskehren sollte. Einerseits ließ er sich gern hofieren, andererseits hatte ihm sein Vater eine tiefe Verachtung gegen Sklavenhalter eingeimpft und auch gegen untertänige Sklaven selbst. Jefe verhielt sich folglich ungehorsam gegenüber jedem – vom harmlosen Hausmädchen, das ihm freundlich in die noch ungewohnten Höschen und Hemdchen helfen wollte, bis zu Ian McCloud, der vorerst die Stellung des Hauslehrers bei den Fortnam-Kindern eingenommen hatte. Der junge Schotte war hoch gebildet, und es gefiel ihm sehr viel besser, der staunenden kleinen Deirdre einen Globus zu erklären und Jefe Rechnen beizubringen als im glühenden Sonnenlicht Sklaven zu beaufsichtigen, die ihn sowieso nicht ernst nahmen. Jefe tat das leider auch nicht und ließ es ihn spüren – was Nora immer wieder Sorgen bereitete.
    Der Junge sah aus wie ein Sklavenkind, aber verhielt sich wie ein verwöhnter kleiner Backra. Das schuf jetzt schon Unfrieden im Haus, würde aber erst recht zu Komplikationen führen, wenn Nora und Doug endlich wieder wagten, gesellschaftliche Kontakte aufzunehmen. Bislang wurden sie von ihren früheren Freunden und Nachbarn nur misstrauisch beäugt, aber zum nächsten Weihnachtsfest planten sie eine große Hochzeit. Das Fest, so hoffte Doug, würde das Eis wieder brechen. Wie man Jefe dabei einführen sollte, wussten allerdings beide noch nicht.
    Doug ritt vor der Vertragsunterzeichnung dreimal hinauf nach Nanny Town, um vom Gouverneur gewünschte kleine änderungen im Vertragswerk mit den Windward Maroons zu besprechen. Er ging die Reise jedes Mal ungern an, obwohl ihm von Nanny sicher keine Gefahr drohte und der Weg zu Pferde auch leicht an einem Tag zu schaffen war. Allerdings beschlich ihn stets gleich, nachdem er Kingston verlassen hatte, das ungute Gefühl, beobachtet zu werden. Eine Ahnung, die sich nicht legte, bevor er die ersten Wachen von Nanny Town passiert hatte. Dabei erschien ihm die Situation völlig paradox – als Weißer hätte er sich eher im Umfeld der Maroons unsicher fühlen müssen statt im Hoheitsgebiet des Gouverneurs. Aber Doug war jedes Mal froh, wenn er auf dem Hinweg Nanny Town erreichte und auf dem Rückweg die ersten Häuser Kingstons passierte. Nora runzelte die Stirn, als er mit ihr darüber sprach.
    »Denkst du, Akwasi lauert dir auf ?«, fragte sie.
    Doug schüttelte ratlos den Kopf. »Das kann ich mir nicht vorstellen«, meinte er dann. »Er wäre doch verrückt, auf diese Art seinen Kopf zu riskieren. Du kannst bezeugen, dass er meinen Vater ermordet hat – und er hat’s mir ja auch persönlich gestanden. Nun werde ich ihm deshalb keine Häscher auf den Hals schicken, er hatte ja gute Gründe. Aber sich jetzt in der Gegend von Kingston rumzutreiben … Mein Gott, ihm steht doch die ganze Insel offen. Die Windward Maroons haben ihn ausgestoßen, aber es gibt noch andere Gruppen, andere Orte … Er braucht nur noch ein paar Wochen zu warten, dann kann er sich als freier Schwarzer überall bewegen.«
    »Ohne Freibrief ?«, fragte Nora.
    Doug lachte. »Gefälschte Freibriefe werden bald an jeder Ecke zu kaufen sein!«, prophezeite er. »Wetten, dass mein Freund Barefoot schon drüber nachdenkt, doch noch lesen und schreiben zu lernen? Da kommt ein heilloses Durcheinander auf uns zu, Nora, wenn freie Neger erst mal akzeptiert werden.«
    Bis jetzt war es den Pflanzern auf Jamaika nicht offiziell erlaubt gewesen, ihre Sklaven freizulassen. Wer es doch tat, bewegte sich in einer Grauzone. Wenn er den Schwarzen nicht schützte, konnte ein anderer dessen Freiheit in Frage stellen und ihn womöglich wieder versklaven. Insofern besaßen auch nur wenige, meist langjährige und sehr verdiente Haussklaven Freibriefe, Leute, die ohnehin nicht vorhatten, ihre Herren zu verlassen. Doug selbst hatte Adwea und Kwadwo

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