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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Fiedler
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Leibe getrocknet, so daß ich keine Furcht vor Kälte zu haben
    brauchte. Dagegen machte mir der Gedanke an Raubtiere zu schaffen. Aus Erzählungen war mir bekannt, daß es in Südamerika von gefährlichen Bestien wimmle. Einige hundert Schritt vom Meeresufer entfernt erhob sich ein hoher, weitverzweigter Baum. Ich beschloß, hinzugehen und die Nacht in seinen Asten zu verbringen.
    Gegen Abend flaute der Wind noch weiter ab, und das Meer beruhigte sich allmählich. Ich ließ meinen Blick über die immer dunkler werdende Wasserfläche schweifen und suchte nach einem Zeichen menschlichen Lebens oder wenigstens einer winzigen Spur des untergegangenen Schiffes. In der unendlichen Weite war nichts zu entdecken. Sie steigerte nur noch meine Niedergeschlagenheit, mein Gefühl der Einsamkeit.
    Der Baum, den ich zum Nachtlager ausgewählt hatte, war mit zahlreichen Lianen 2 bewachsen. Sie hingen wie Stricke von den Zweigen herab oder wanden sich, riesigen Schlangen gleich, um den Stamm. Es fiel mir leicht, mich an ihnen hochzuziehen. Auf einem dicken, waagerechten Ast machte ich mir eine leidliche Sitzgelegenheit zurecht und lehnte mich mit dem Rücken gegen den Stamm. Um im Schlaf nicht herabzufallen, riß ich einige Ellen dünnerer Lianen ab. Damit band ich mich am Stamm fest. Die Pflanzen eigneten sich sehr gut dazu, denn sie gehörten einer besonders geschmeidigen Gattung an und waren stark wie Hanf.
    Ich war hundemüde, doch einschlafen konnte ich nicht. Alle möglichen Gedanken gingen mir durch den Kopf, vor allem beunruhigte mich die Frage, wohin ich vom Schicksal verschlagen worden sei.
    Die Sturmrichtung und gewisse Naturerscheinungen, wie die Anwesenheit großer Papageien, ließen vermuten, daß mich die Wellen auf das südamerikanische Festland geworfen hatten, vielleicht in der Nähe der nördlichen Arme des Orinoko-Deltas. Wäre dies der Fall, so könnte ich, am Meeresstrand entlangwandernd, in einigen Wochen oder Monaten die spanischen Siedlungen von Venezuela erreichen und unter zivilisierten Menschen sein. Ob diese Menschen sich auch wohlwollend und hilfsbereit zeigten, das war eine andere Frage. Natürlich würde ich ihnen gegenüber die Zugehörigkeit zu dem Piratenschiff verschweigen; doch konnte ich schon allein als Engländer ihrer Verfolgung gewärtig sein. In diesen Gewässern der Antillen lebten Engländer und Spanier schlimmer als Hund und Katze miteinander und entrissen sich gegenseitig die Inseln. Wenn auch in Europa Frieden herrschte, so wurde hier doch stets Krieg geführt, ein inoffizieller und heimlicher, aber nicht minder verbissener, blutiger Krieg.
    William hatte mir gesagt, daß an diesen Küsten Südamerikas auch wilde Indianer, Kariben, hausten, die von den Europäern noch nicht unterjocht und wegen ihrer Grausamkeit gegen jeden Fremden bekannt seien. Wollte ich nun zu den spanischen Siedlungen gelangen, so mußte ich mich wie vor dem Feuer davor hüten, in die Hände dieser Kariben zu fallen.
    Es waren wahrhaftig alles andere als freundliche Gedanken, die in meinem armen Kopf kreisten, während ich nach Affenart auf dem Baume saß. Bei zunehmender Dunkelheit flimmerten in der Luft hellblaue Lichtlein, die, unirdischen Wesen gleich, in allen Richtungen umherflirrten. Einige von ihnen huschten in den Zweigen meines Baumes hin und her. Es waren Leuchtkäfer, die winzigen Bewohner tropischer Wälder. In unaufhörlichem Schwall wurde die Luft von schrillem Zirpen und Pfeifen erfüllt — Hunderte Grillen und Zykaden entboten der heißen Nacht ihren Willkommensgruß. Vom nahen Bach her ließ sich das unheimliche Quaken der Frösche vernehmen, das ganz anders klang als bei uns in Virginia. Zu alledem entströmten dem Walde wunderbare Düfte, teils süße von mir unbekannten Blumen, teils betäubende von Wurzeln und faulenden Blättern.
    Die Augen fielen mir zu, und ich schlummerte ein, doch der unbequeme Sitz auf dem Ast ließ keinen ruhigen Schlaf aufkommen. Alle Augenblicke öffnete ich die Augen und lauschte aufmerksam den Stimmen des dunklen Urwaldes.
    Die Stunden dieser Nacht zogen sich endlos lange hin. Später verschwanden die Lichter der Leuchtkäfer, und es änderten sich die Geräusche des Waldes. Die Grillen verstummten,
    dafür stellte sich rätselhaftes Heulen, Krächzen, Schreien und Wimmern ein, von dem man nicht wußte, woher es kam und von wem es hervorgebracht wurde. Der Mond erschien am Himmel, und in seinem Licht nahm das Dickicht unter mir das Aussehen einer wilden,

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