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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Fiedler
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Stelle, an der ich ihn verlassen hatte.
    „Warum bist du nicht im Maisfeld?" rief ich empört.
    Er warf mir einen grimmigen Blick zu und antwortete nicht. „Ist Wagura dort?" fragte ich.
    „Ich weiß es nicht."
    „ Hält niemand Wache im Mais?"
    „Wahrscheinlich nicht."
    Mich packte wilde Wut.
    „Was heißt das? Ich befahl dir doch hinzugehen!"
    „Nein, Herr."
    „Wieso nicht? Du lügst noch?" brüllte ich.
    In mir kochte es. Ich erhob die Hand, um ihm einen Schlag über den Kopf zu versetzen. Er zuckte nicht.
    Ich unterließ es, ihn zu schlagen. Neben Verbissenheit sah ich in seinen Augen Schrecken und etwas wie eine Bitte. Es war eine stumme Bitte, ihn zu schonen. Meine Hand fiel herab. Ich kam zur Besinnung.
    „Arnak", erklärte der Junge mit erstickter Stimme, „Arnak lügt nicht."
    „Du lügst nicht?" Ich ballte die Fäuste. „Habe ich dir nicht befohlen, auf das Feld achtzugeben?"
    „Nein, Herr, nicht mir."
    „Wem denn sonst, zum Teufel?" „
    „Dem Freitag.
    Dann fügte er leiser hinzu:
    „Ich bin nicht Freitag. Ich heiße Arnak."
    Langsam gingen mir die Augen auf, ich erkannte ihn bis auf den Grund seiner Seele. Das war nicht die übliche Widerspenstigkeit eines finsteren Indianers.

Die Revolte der jungen Indianer
    W ochen gemeinsamen Lebens vergingen. Ich ge wann immer mehr die Überzeugung, daß die Indianer keine feindlichen Absichten gegen mich. hegten. Jedenfalls bemerkte ich nichts Verdächtiges an ihnen. Eher umgekehrt: Ich war es, der irgendwelche Befürchtungen in ihnen wachrief. Oft überraschte ich sie, als sie verstohlen ängstliche Blicke auf mich richteten. Ich konnte mir das nicht erklären, da sich unsere Zusammenarbeit im allgemeinen einträchtig gestaltete. Auch ließ ich bald den Gedanken fallen, ihnen andere Namen zu geben, da sie sich so entschieden dagegen wehrten.
    „Weshalb fürchtet ihr euch?" fragte ich sie einst ohne Um-. schweife.
    Sie schauten einander an und antworteten nicht. Ihr Schweigen bewies mir zur Genüge, daß ich mich nicht irrte. Ich behandelte sie gerecht, kam ihnen wohlwollend entgegen. Daher wunderte mich ihr Mißtrauen.
    „Arnak", sprach ich eines Tages. „Du bist älter und vernünftiger! Ich verlange, daß du mir sagst, warum ihr mich fürchtet! Weil ich ein Weißer bin?"
    Arnak zögerte mit der Antwort. Er war verlegen.
    „Ist dies der Grund, weil ich ein Weißer bin?" drängte ich. „Das nicht", erwiderte er schließlich. „Das nicht allein . . ." „So sag's doch klar und deutlich, zum Teufel."
    „Du warst auf dem Schiff. .
    „Auf dem Schiff?"
    „Ja, Herr."
    „Nun, und was ist dabei. Auf dem Schiff wollte ich dir doch helfen. Hast du das schon vergessen?"
    „Nein, Herr. Aber es war ein böses Schiff. . . Es überfiel unsere Dörfer, tötete Indianer, verschleppte Menschen in Sklaverei, peinigte sie grausam ... Du gehörtest zur Schiffsbesatzung...
    „Du meinst also, ich sei ein ebensolcher Bösewicht wie jene anderen?"
    „Nicht ganz so einer, aber. „Aber doch ein Pirat, wie?" „Ja, Herr!" erwiderte der Indianer freimütig.
    „Du irrst dich, Arnak. Ich bin weder ein Pirat noch ein Bösewicht! Ich bin zwangsweise auf das Kaperschiff geraten, nicht aus freiem Willen ... Vielleicht fürchtet ihr, daß ich euch einmal in die Sklaverei verkaufe?"
    „Du wirst uns nicht verkaufen, Herr; denn damit würden wir uns niemals abfinden. Wir werden kämpfen bis zum äußersten."
    „Deine Worte sind unnütz gesprochen, Junge. Dazu wird es keinesfalls kommen. Niemals werde ich gegen euch Gewalt anwenden... Wenn wir einst von hier fortkommen, was doch schließlich einmal der Fall sein wird, so werdet ihr in eure Dörfer zurückkehren und ich in meine Heimat nach Norden. .
    >9
    Um meinen Worten Nachdruck zu verleihen, erzählte ich von meinen letzten Erlebnissen in Virginia und erklärte, weshalb ich gezwungen war, Zuflucht auf dem Kaperschiff zu suchen. Die Indianer hörten andächtig zu, als ich jedoch meine Erzählung beendete, konnte ich aus ihren verschlossenen Gesichtern nicht entnehmen, ob ich ihre Zweifel zerstreut hatte oder nicht. Ich glaubte aber eher, es sei mir gelungen.
    Des Abends am Feuer sprachen wir gewöhnlich darüber, wie wir uns aus unserem Inselgefängnis befreien könnten. Ich beschloß, gemeinsam mit den Jungen in ihr heimatliches Dorf zu gehen, das nach unserer Vermutung irgendwo im Osten von uns, an der Festlandküste, liegen mußte. Ich wußte, daß der Sturm unser Schiff „Gute Hoffnung", bevor es unterging,

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