Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Fiedler
Vom Netzwerk:
Mit schwerem Flügelschlag kreisten sie wie betäubt in der Luft. Sie ließen sich auf den Wipfeln der nahen Bäume nieder und fuhren fort zu lärmen.
    Eine Viertelstunde später trat Ruhe ein. An den Trümmern des Käfigs wurde es ebenfalls still. So sehr wir auch den Blick anstrengten, es war nichts zu sehen. Der Jaguar schien verschwunden zu sein.
    Doch unsere Hoffnung war vergebens! Mit einemmal vernahmen wir das Geräusch brechender Äste und ein schreckerfülltes Quieken, Pfeifen und Piepsen. Der Jaguar fiel über die Hasengrube her. Nachdem er das Dach durchschlagen hatte, sprang er hinein und veranstaltete nun in aller Ruhe ein Gemetzel unter unseren Nagetieren. Es war deutlich zu hören. Er ließ sich Zeit, die Opfer konnten ihm aus der Grube nicht entweichen. Eine ganze Weile lang drang ihr verzweifeltes Piepsen und das Knacken von Knochen zu uns. Der Jaguar schnalzte und knurrte dabei vor Befriedigung oder auch vor Wut.
    Dann, als alles Gequieke der Häschen aufhörte, sprang der Jaguar aus der Grube und strich lange Zeit, vielleicht eine Stunde oder auch zwei, in der Nähe umher. Im Schein der Sterne sahen wir ihn oft auf der Lichtung, nicht weiter als fünfzehn bis zwanzig Schritt von uns entfernt. Er knurrte, stöhnte und ließ von Zeit zu Zeit vor Ungeduld ein gedämpftes Gebrüll ertönen.
    „Er sucht ein neues Opfer", flüsterte Arnak. „Er wittert uns, weiß aber nicht, wie er an uns herankommen soll."
    Ich erzählte den Jungen von meiner Begegnung mit dem Jaguar in den ersten Tagen meines Aufenthaltes auf der Insel. Der Räuber hätte sich damals leicht auf mich stürzen können, schien aber in letzter Minute Angst bekommen zu haben. Vielleicht war es ein anderer Jaguar?
    „Nein, derselbe!" erklärte Arnak überzeugt. „Wir kennen ihn. Es schwimmt nur einer vom Festland herüber."
    „So meinst du, er habe sich verändert, sei verwegener geworden?"
    „Ja, Herr. Er kann beobachten und denken. Er weiß, daß wir unbewaffnet sind."
    Unbewaffnet! Wieviel tragische Machtlosigkeit lag in diesem Wort! Ein einziger Flintenschuß, ein einziger Büchsenknall wäre dem Jaguar, selbst wenn er ihm in der Nacht keinen Schaden zufügte, so in die Knochen gefahren, daß er ihn für immer über alle Berge fortgescheucht hätte.
    Aus unmittelbarer Nähe drang aufs neue krachendes Geräusch an unser Ohr. Wir dachten uns, daß der Unterschlupf meiner Kameraden in die Brüche gegangen war. Dann wurde es bis 'zum Morgen still.
    Erst als die Sonne aufging, faßten wir Mut und verließen die Höhle. Vor Wehmut krampfte sich uns das Herz zusammen. Der Käfig zerschlagen, die Bretter zerbrochen, die Grube eingerissen, alle Hasen tot, obwohl nur die Hälfte da-
    von gefressen war, der Schuppen zerstört, die Erde ringsum wüst zerwühlt. Wie besessen hatte der Räuber seine Wut an allem, was uns gehörte, ausgelassen, einen Teil der Töpfe zerschlagen und sogar das Ruder zerbissen, an dem Arnak einige Tage lang mühsam geschnitzt hatte.
    Von sinnloser Panik erfüllt, liefen wir an den Bach zu unserm Floß, das zur Hälfte fertiggestellt war. Es lag unangetastet da. Der Jaguar hatte offensichtlich nur zerstört, was sich im unmittelbaren Bereich unserer Behausung befand. Die Körbe mit Mais standen glücklicherweise sicher verwahrt in der Höhle.
    Einige Papageien, die die nächtliche Katastrophe überlebt hatten, tummelten sich noch in der Nähe auf den Bäumen. Sie ließen sich, da sie bereits einigermaßen zahm waren, von den gewandten Jungen leicht einfangen.
    Die Jaguare sind gewohnt, am folgenden Tage zu den Überbleibseln ihres Schmauses zurückzukehren. Sicherheitshalber vergruben wir daher die Häschen, die der Räuber noch nicht aufgefressen hatte, tief in die Erde, ebenso die Reste der zerrissenen Papageien. Dann nahmen wir alle ganz gebliebenen Bretter aus dem Käfig. Für das Floß reichten sie uns. Ein neues Schutzdach errichteten wir nicht. Die Jungen sollten für die paar Tage, die wir noch auf der Insel zu verbringen gedachten, bei mir in der Höhle schlafen.
    Während ich sogleich daranging, das Floß weiterzubauen und die Riemen zu schnitzen, begaben sich die Indianer auf die Jagd. Sie sollten nicht nur Fleisch beschaffen, sondern auch solche Wurzeln und Früchte sammeln, die auf die Reise mitgenommen werden konnten. Am Abend fanden wir uns wieder in der Höhle zusammen.
    Wie wir vorausgesehen hatten, stellte sich der Jaguar in der folgenden Nacht wieder ein. Er strich auf der Lichtung umher, knurrte

Weitere Kostenlose Bücher