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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Fiedler
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sich vor allem um den Bau eines festen, aber wendigen Floßes, das leicht gesteuert werden konnte. Da wir als Werkzeug nur ein Jagdmesser besaßen, dachten wir nicht daran, Bäume zu fällen, was auch nicht erforderlich war. Wir suchten abgestorbene, trockene Stämme, jedoch solche, die noch standen, da die an der Erde liegenden bald moderten. Wir sammelten das Bauholz in der Nähe des Bächleins, wo der Wald im Innern der Insel am dichtesten war und woher wir die kleineren Stämme während der Flut mühelos ins Meer flößen konnten. Hier errichteten wir unsere „Werft".
    Als wir einen ausreichenden Vorrat an Stämmen angehäuft hatten, holten die Jungen Lianen, in deren Gattungen sie sich vorzüglich auskannten. Die aus diesen Gewächsen geflochtenen Gurte dienten dem Zusammenbinden der Stämme und behielten auch im Wasser längere Zeit die Festigkeit von Hanfseilen.
    Um die Widerstandsfähigkeit des Floßes zu erhöhen, beschlossen wir, zwei Lagen Stämme zu verwenden, wobei die obere quer zu der unteren liegen sollte. Dann tauchte die Frage auf, ob statt der oberen Stämme nicht besser die Bretter zu nehmen wären, die ich seinerzeit aus dem zerschmetterten Rettungsboot der „Guten Hoffnung" zusammengeholt und zum Bau des Papageienkäfigs verwandt hatte.
    Ehe wir diese Angelegenheit jedoch erledigen konnten, traten Ereignisse ein, die uns beinah den Tod brachten und das Verlassen der Insel um viele Monate hinauszögerten.
    Eines Nachts weckte mich Wagura, der in erregter Hast die Steine am Eingang meiner Höhle beiseite schob. Die Jungen schliefen bekanntlich draußen unter ihrem Dach.
    „ Was ist los?" schrie ich auffahrend.
    Der Junge war so erschrocken, daß er nur ein undeutliches Stammeln hervorbrachte.
    „Wo ist Arnak?" fragte ich.
    Gleichzeitig entfernte ich die Steine von der Innenseite. „An der Feuerstelle", murmelte er.
    Im Nu war die Öffnung freigemacht, und Wagura stürzte herein. Zugleich wurde die draußen herrschende Dunkelheit durch einen Lichtschein erhellt. Er kam von der Feuerstelle her, wo Arnak das unter der Asche glimmende Feuer entfachte. In fieberhafter Eile häufte er Zweige darauf und rannte dann außer Atem auf uns zu. Wie besessen begann er, den Höhleneingang mit Steinen zu verrammeln. Ich half ihm dabei.
    „ Er ist's!" ächzte er.
    „Wer? Der Jaguar?"
    „Ja, Herr."
    Durch die Spalte zwischen den Steinen sahen wir jetzt den ganz vom Lichtschein erhellten Platz.
    „ Wie habt ihr ihn bemerkt?"
    „Er schlich sich an unseren Schuppen heran. Als wir schrien, zog er sich zurück. Er ging ins Dickicht. Dort sitzt er.
    Ich hatte ihren Aufschrei nicht gehört; wahrscheinlich hatte ich fest geschlafen.
    Das Feuer warf immer noch einen hellen Schein, doch währte das nicht lange. Bevor das Licht gänzlich erlosch, schärfte ich den Blick, um in der Gegend etwas zu erspähen. Wilde Tiere meiden den Feuerschein, ich erwartete daher nicht, viel zu sehen, und wenn sich der Jaguar wirklich dort aufhielt, so lauerte er unter dem Schutz der Sträucher.
    „Vielleicht habt ihr aber die Bestie nur in eurer Einbildung gesehen?" meinte ich halb im Scherz zu den Kameraden. „Habt ihr nicht geträumt?"
    Höchst entrüstet widersprachen sie.
    „Nein, Herr, er war's!" versicherte Arnak.
    „Ich sah ihn, ich sah ihn!" bestätigte Wagura.
    Inzwischen erloschen die Flammen gänzlich, nur die Aschenglut blieb zurück; ringsum lag wieder nächtliche Finsternis.
    Nach einer Weile stieß mich Wagura, der einen ausgezeichneten Geruchssinn besaß, an und flüsterte:
    „Riechst du etwas, Herr?"
    Ich roch es tatsächlich. Ein schwacher Windstoß trug uns von Zeit zu Zeit einen scharfen Geruch zu, einen Geruch, den Raubtiere gewöhnlich verbreiten.
    Bald zerstreuten sich auch alle Zweifel, als wir vor uns auf der Lichtung die längliche, riesige Gestalt des Tieres erblickten. Es trat aus der dunklen Wand des Gebüsches heraus und schlich auf den Papageienkäfig zu. Wir sahen es alle drei, es war keine Täuschung.
    Plötzlich hörten wir einen harten Schlag und das scharfe Krachen gebrochenen Holzes. Unter den schweren Tatzen des Raubtieres stürzte der Käfig zusammen. Die aufgeschreckten Papageien kreischten und schlugen mit den Flügeln.
    „Die Oberlage unseres Floßes ist in Stücke gegangen", bemerkte ich mit grimmigem Humor.
    Die Papageien machten einen Mordsspektakel. Anscheinend griff sie der Jaguar und zerfleischte sie. Wir hörten ihre Todesschreie. Einigen Vögeln gelang es jedoch zu entkommen.

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