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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Fiedler
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und beunruhigte uns bald durch das Brechen von Zweigen, bald durch Scharren und Gebrüll. Wir machten kein Auge zu. Mitten in der Nacht sprang er auf die Erhöhung über unserer Höhle und scharrte mit den Krallen die Erde. Wir hörten ihn deutlich über uns. Er wollte von oben her zu uns gelangen. Da er jedoch an dem harten Felsen nichts ausrichtete, versuchte er durch die Höhlenöffnung zu uns einzu-
    dringen. Aber auch hier bildeten die sinnvoll übereinandergelegten Steine ein unüberwindliches Hindernis. Die Angriffslust des vierbeinigen Räubers, seine blutgierige Hartnäckigkeit gegen uns hatten etwas Gespenstisches an sich. Wir versuchten, ihn durch wildes Geschrei und Bogenschüsse zu erschrecken, die wir durch die Spalte zwischen den Steinen abgaben — es war lächerliches Bemühen. Ihn berührte es soviel wie das Summen einer Fliege. Ruhig, geduldig und verbissen setzte er sein Werk fort.
    Erst in der Morgendämmerung verging ihm der Appetit nach Menschenfleisch.
    Er ließ zum Abschied ein wütendes Gebrüll ertönen, zog sich zurück und verschwand im Dickicht.
    Nach den zwei durchwachten Nächten begriffen wir, daß entschlossenes Handeln erforderlich sei, wenn wir nicht früher oder später durch einen hartnäckigen Feind zugrunde gehen wollten. Ein ungleicher Kampf stand uns bevor. Das an Stärke überlegene Raubtier zwang uns seine Kampfbedingungen auf. Uns blieb nur, das eigene Leben zu verteidigen.
    Als wir morgens an der Feuerstelle saßen, legten wir alle unsere Waffen vor uns hin und schätzten sie kritisch ein.
    Selbst die Indianer gaben zu, daß es sich um einen außergewöhnlich starken Jaguar handle. Wie völlig unzulänglich waren dagegen unsere Waffen — Bogen, Pfeile, Spieße, Stöcke und ein Messer! Indem ich betrübt dieses primitive Arsenal betrachtete, rief ich mir die Methoden der südamerikanischen Indianer ins Gedächtnis zurück, von denen ich einmal gehört hatte.
    „Ist es wahr", fragte ich, „daß ihr Gifte kennt, die augenblicklich töten?" ,ja, Herr, solche Gifte gibt es", bestätigten beide Jungen leb haft.
    „Vergiftet ihr damit die Pfeile, die das Tier verwunden und es unverzüglich töten?"
    „Ja, Herr, das stimmt."
    „Und versteht ihr, solche Gifte zu bereiten?"
    „Ich verstehe es", erwiderte Arnak.
    „Woraus werden sie hergestellt?"
    „Aus den Früchten einer bestimmten Lianenart. Sie werden gekocht...”
    „Wachsen diese Lianen hier auf unserer Insel?"
    „Ja, Herr, wir haben sie gesehen."
    „Dann lauft und holt sie rasch!"
    Die Jungen sprangen bereitwillig auf, doch erkaltete gleich darauf ihr Eifer.
    „Wird das Gift heute nacht gebraucht?" fragte Arnak.
    „Ja, heute."
    „Das geht nicht, Herr! Die Früchte müssen einige Tage lang kochen, das Gift wirkt sonst nicht."
    Leider war das ein unüberwindliches Hindernis. Vorläufig wenigstens konnten wir vergiftete Pfeile nicht verwenden.
    Wir suchten einen anderen Ausweg. Ich fragte die Jungen, wie ihr Stamm in den Wäldern Jagd auf Jaguare gemacht habe.
    „Mein Stamm macht nicht Jagd auf sie", antwortete Arnak ernst. „Mein Stamm fürchtet sie und hält sie für eine Gottheit ... Wir bringen ihnen Opfer ..."
    „An Menschen?"
    „Nein, Herr. Einen Hund, wenn er krepiert, oder ein Stück Wild, wenn wir viel erlegt haben ..."
    „Und werdet ihr mir helfen, diesen Jaguar zu töten?"
    „Ja, Herr, wir helfen dir."
    „Fürchtet ihr die Gottheit nicht?"
    „Nein, wir glauben nicht mehr an solche Gottheiten ..
    Neugierig betrachtete ich die Jungen. Bisher hatten wir noch nie Gelegenheit, über Fragen ihrer Religion zu sprechen. Sollte die vierjährige Sklaverei und der Umstand, daß sie in der Welt herumgekommen waren, sie wenigstens darin beeinflußt und von ihren religiösen Vorurteilen abgebracht haben?
    „Hat denn in eurem Stamm niemand auf Jaguare Jagd gemacht, niemand?" forschte ich weiter.
    Es stellte sich heraus, daß es einen Zauberer gab, der für seine religiösen Bräuche die Felle, Knochen und Fänge von Jaguaren benötigte, selbst aber nicht jagte. Er befahl den Kriegern des Stammes, tiefe Fallgruben auszuheben, in denen er als Köder einen lebenden Hund festband. Wenn die Jaguare in der Gegend umherstrichen, fielen sie zuweilen in die Gruben, aus denen sie nicht wieder herauskonnten. Dann tötete sie der Zauberer mit dem Spieß.
    „Hast du solche Gruben ausgehoben, Arnak?"
    „Ja, Herr." „Abgemacht. Wir werden das gleiche versuchen." Nach einiger Überlegung fanden wir diesen Gedanken

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