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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Fiedler
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Kolonisatoren den eingeborenen Völkern zufügten. Sollte ich einmal zu zivilisierten Menschen zurückkehren, so würde ich ihnen die Augen öffnen und versuchen, ihr Gewissen mit dem tragischen und unverschuldeten Los der Indianer zu rühren. Ich beschloß, mir in Zukunft mehr Wissen und schriftstellerische Fähigkeiten anzueignen, damit ich meine gegenwärtigen Erfahrungen niederschreiben und meine Kameraden im Lichte jener Wahrheit schildern könnte, die sie verdient haben.
    Arnak wurde viel früher gesund als ich. Oft ging er mit Wagura zusammen auf Nahrungssuche, vergaß dabei jedoch das Wichtigste nicht — das Floß. Es gab noch so viel zu tun: Da waren die Riemen, das Segel, das Steuerruder, die gabelförmigen Dollen für die Riemen und natürlich das Floß selbst. Es lag also viel dringende Arbeit vor.
    Eine Sorge ließ mir keine Ruhe. Nach den bösen Erfahrungen mit dem Jaguar war ich übervorsichtig geworden. Eines Tages, als ich mich besser fühlte, rief ich die Jungen zu mir und knüpfte eine Unterhaltung über das Thema an, das wir einst in den aufgeregten Tagen jenes Abenteuers mit dem Jaguar berührt hatten.
    „Hätten wir damals, als uns die Bestie überfiel, vergiftete Pfeile gehabt", sagte ich, „wie leicht wäre es uns gefallen, sie zu besiegen."
    „Das ist wahr, Herr", bestätigten die Indianer.
    „Dabei wissen wir nicht, was uns noch bevorsteht!" fuhr ich fort. „Wenn wir aufs Festland kommen, werden so manche Gefahren unser harren. Wir müssen vergiftete Pfeile haben je eher, desto besser."
    „Sollen wir also die anderen Arbeiten zurückstellen?"
    „Vielleicht sogar zurückstellen. Ihr sagtet, das Gift müsse einige Tage kochen, bevor es wirksam wird. Ihr könnt kochen und dabei die andere Arbeit verrichten."
    „Gewiß, Herr."
    Die Jungen wollten gehen. Ich hielt sie zurück. Ich hatte noch ein Anliegen und sah ihnen freundschaftlich in die Augen.
    Gemeinsames Glück und Unglück, insbesondere der unlängst ausgetragene Kampf mit dem Jaguar, hatten uns einander nahegebracht.
    „Hört mal! Warum sagt ihr immer zu mir: ,Gewiß, Herr ja, Herr — nein, Herr'? Laßt das sein! Wir sind doch Freunde; hört auf, mich ‚Herr' zu nennen!"
    Sie waren überrascht. Arnak wußte vor Verlegenheit nicht, was er mit den Händen beginnen solle, in denen er einen angefangenen Riemen hielt. Sein Gesicht verfärbte sich feuerrot. „Nun, einverstanden?" fragte ich.
    „Ja, Herr!" erwiderte er schüchtern, und als er sein Versehen bemerkte, lachte er.
    Scherzhaft mit dem Finger drohend, rief ich:
    „Jan, Jan!"
    Wagura, der zwischen uns stand, wies auf jeden der Reihe nach mit dem Finger, als stelle er uns vor, und nannte die Namen:
    „Wagura, Arnak, Jan! — Jan, Arnak, Wagura!"
    Die giftigen Lianen trugen soeben schlehenartige Früchte. Die Jungen sammelten einen ganzen Korb voll und ließen dabei jede erdenkliche Vorsicht walten. Erst kochten sie die Früchte in einem Krug; als sich der Absud zu verdicken begann, gossen sie ihn in einen ausgehöhlten Stein, den sie mit einer Schildkrötenplatte bedeckten und über dauerndem Feuer weiter erhitzten. In den schon gänzlich eingedickten Sud von schmutziggrüner Farbe tauchten sie die Pfeilspitzen für einige Stunden ein. Nach dem Trocknen waren sie gebrauchsfertig.
    Die Versuche fielen über Erwarten günstig aus. Nachdem wir einen Vogel, der einem Truthahn ähnelte, geschossen hatten, lief er noch ein Dutzend Schritte und fiel um. Er zappelte eine Weile mit den Beinen und war bald tot.
    „Das wirkt ja wie der Blitz!" sagte ich verwundert. „Wie lange bleibt aber das Gift an den Pfeilen wirksam?" „Einige Monde lang", erwiderte Arnak befriedigt.
    Die Pfeilspitzen, die für uns ebenso gefährlich waren wie für die Tiere, verwahrten die Jungen in Säckchen aus Hasenfell, die sie fest zubanden.
    Um diese Zeit konnte ich ab und zu schon aufstehen. Obwohl ich mich noch schwach fühlte, versuchte ich bei einigen leichten Arbeiten zu helfen. Nach einem weiteren Monat waren die Wunden verheilt, und ich hatte sogar meine früheren Kräfte fast wiedererlangt. An der Brust und der linken Schulter blieben nur tiefe Narben zurück.
    Auf den November, der uns oft Platzregen bescherte, folgte ein freundlicher Dezember. Anfang Januar hielt das schöne Wetter an. Die Sonne wanderte nach Süden, und obwohl sie uns tüchtig wärmte, sandte sie doch nicht solche Gluthitze aus wie in den vergangenen Monaten, als sie direkt über unseren Köpfen stand.
    Die Vorbereitungen

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