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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Fiedler
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Jaguar mit dem Spieß in die Grube. Die Jungen brachten Steine herbei. Mit beiden Händen ergriff ich einen, so groß wie drei Ziegel, und schleuderte ihn mit ganzer Kraft dem Jaguar an den Kopf. Er stöhnte schwer auf und fiel betäubt auf den Boden der Grube. Mehr Steine her und ihm an den Kopf geschmettert! Doch zu unserer Verwunderung kam der Jaguar gleich wieder zu sich, erhob sich und fuhr fort zu toben. Seine Lebenskraft jagte uns solchen Schrecken ein, daß wir für eine Weile verstummten.
    Zum Nachdenken war keine Zeit. Der Jaguar hatte die Wände soweit eingerissen, daß er bald aus der Grube herausspringen konnte. Blitzschnell spielte sich alles ab. In der nächsten Minute mußte sich der Kampf entscheiden. Es blieb uns noch ein einziges, verzweifeltes Mittel: das Feuer.
    „Wagura", schrie ich, „entfache ein großes Feuer! Hier, ganz am Rande!"
    Ein Stoß trockener Zweige lag seit dem Vortag auf der Lichtung. Bald stiegen hohe Flammen empor. „Noch zuwenig! Legt mehr Brennmaterial nach! Arnak, hilf ihm!"
    Ich war von dem verzweifelten Kampf wie berauscht. Verbissen betrachtete ich den furchtbaren Feind. Seine Stunde nahte. Er war stärker als unsere Pfeile, Spieße und Steine, dem Feuer aber würde er nicht widerstehen.
    Mit vereinten Kräften schleuderten wir einen riesigen Feuerbrand hinab. Das Feuer bedeckte den Höhlenboden samt dem Jaguar. Ohrenbetäubendes Aufbrüllen! Der Räuber streckte sich, vollführte einen gewaltigen Sprung — und war oben. Mit den Vordertatzen erfaßte er den Grubenrand. Ich lief auf ihn zu, trieb ihm den Spieß in den Nacken und versuchte, ihn in die Grube hinabzustoßen. Das Feuer hatte jedoch eine wahnsinnige Kraft in ihm geweckt. Ich konnte ihn nicht aufhalten. Bevor Arnak und Wagura mir zu Hilfe eilten, war die Bestie an der Oberfläche. Auf einem Auge blind, aus unzähligen Wunden blutend, raste sie dennoch unaufhaltsam in entsetzlicher Wut.
    Es geschah im Laufe eines Augenblicks: Der Jaguar schlug mir den Spieß aus den Händen und streckte mich mit einem Tatzenschlag zu Boden. Er warf sich über mich. Unbewußt hob ich den linken Arm, um Gesicht und Kehle vor seinen Reißzähnen zu schützen. Er faßte den Arm mit seinem Rachen und biß zu. Mit dem Rest meines Bewußtseins sah ich, wie ihm Arnak im Anlauf den Spieß in die Seite jagte und ihn von mir herunterstieß. Ich hörte noch das Gebrüll des Tieres und sah, wie es sich auf Arnak stürzte. Dann wurde es Nacht vor meinen Augen. Ich verlor das Bewußtsein.

Die verhängnisvolle Meeresströmung
    E ine liebliche Musik umschmeichelte mein Ohr. In die sanfte Melodie mischte sich der Gesang froher Vögel. War es die See, die so wohltuend rauschte, oder der warme Wind, der mir leicht über das Gesicht strich? Nebelhafte, farbige Bilder tauchten auf und gewannen mehr und mehr an Klarheit. Langsam hob ich die Lider. Nur für einen Augenblick. Doch da zuckte ich plötzlich zusammen. Vor mir sah ich ein Schreckgespenst — den Jaguar. Als ich mich an das grelle Tageslicht gewöhnt hatte und die Augen erneut aufschlug, überzeugte ich mich, daß es kein Trugbild gewesen war. Der Jaguar, vielmehr sein Fell, hing ausgebreitet zwischen zwei nahen Agaven und trocknete an der Luft.
    Ein freudiges Gefühl durchflutete mich.
    „Er lebt nicht mehr!" flüsterte ich mit Genugtuung zu mir selbst.
    „Ja, Herr, er ist umgekommen!" Neben meinem Lager hörte ich eine Stimme.
    Ich wandte den Kopf. Arnak lag neben mir. Ich konnte mich nicht aufrichten, so sehr schmerzten mir alle Glieder; langsam schaute ich mich um. Wir lagen zu zweit vor der Höhle. An der Sonne erkannte ich, daß es Morgen war.
    „Wo ist Wagura?" fragte ich beunruhigt.
    „Er ist in den Wald gegangen, um zu jagen und Kräuter zu sammeln. . ."
    „Und du, was ist mit dir?"
    „Er hat mir das Bein aufgerissen. Ich kann nicht gehen." Ich erinnerte mich an die letzten Sekunden des Kampfes mit dem Jaguar, als das Tier schon über mir lag. Wäre nicht Arnak mutig eingetreten, hätte es mich zweifellos totgebissen. Dankbar und anerkennend blickte ich auf den tapferen Jungen.
    „Du hast dich großartig benommen”, lobte ich. „Noch einen Augenblick, und er hätte mich erledigt."
    „Es war seine letzte Kraftanstrengung, Herr", erwiderte der Indianer bescheiden.
    „Ich danke dir, Arnak", sagte ich.
    Der Junge wies mit der' Hand auf eine Gruppe ziemlich hoher Kakteen, die dreihundert Schritt vor uns in südlicher Richtung das Gebüsch überragten.
    „Siehst du sie?"

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