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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Fiedler
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zur Abfahrt waren beendet. Für die Oberlage des Floßes hatten wir nicht Bretter, sondern ziemlich starke und bedeutend leichtere Bambusstangen verwendet. Der Bambus wuchs hinter dem See des Überflusses. In einigen kurzen Seefahrten probierten wir das Produkt mehrwöchiger Arbeit aus. Das Floß trug gut.
    „Ist es besser als jenes, mit dem es euch nicht gelang, die Meerenge zu überqueren?" fragte ich die Indianer.
    „Ach, Jan! Es ist kein Vergleich!" erwiderte Arnak.
    Unser Aufenthalt am Fuß des Berges ging seinem Ende entgegen. Fast ein ganzes Jahr hatte ich hier zugebracht, es gehörte sich also, vor der Abfahrt die Stätten aufzusuchen, die mir lieb geworden waren. Ich gestehe, daß ich zum letztenmal mit einer gewissen Rührung diese Stellen betrachtete: den See des Überflusses, das Bächlein, das mich mit Süßwasser versorgte, den Waldabschnitt, dem ich einmal den Namen Hasenrevier gegeben und in dem wir den letzten Hasen schon längst ausgerottet hatten, sowie die Eidechsenlichtung, wo es seit Monaten keine Eidechsen mehr gab.
    Wir wußten nicht, was wir mit den lebenden Papageien anfangen sollten. Wir besaßen acht Stück. Sie waren gezähmt; doch es hatte keinen Sinn, sie auf die Reise mitzunehmen. Wir gaben ihnen die Freiheit. Sie flogen auf die nächsten Bäume und schlugen in den Wipfeln einen furchtbaren Lärm, der sich wie ein wunderliches Klagelied anhörte. Sie machten keine Anstalten fortzufliegen.
    An einem windstillen Tag verluden wir die Vorräte auf das Floß und legten bei ruhiger See den ersten Abschnitt unserer Reise zurück. Wir landeten ungefähr drei Meilen weiter nach Süden an der Landzunge, die sich vom Südostufer der Insel aus ins Meer erstreckte. Wir beschlossen, die Meerenge von hier aus bei günstigem, das heißt von Nord nach Süd auf das Festland zu wehendem Wind zu überqueren.
    Nun, da unsere Abfahrt unmittelbar bevorstand, eilten meine Gedanken voraus, den Abenteuern entgegen, die unserer in Zukunft noch harrten. Vom Wesen und von den Sitten der Arawaken, zu denen wir uns aufmachten, wußte ich nur so viel, daß sie die weißen Eroberer haßten und — daß sie Menschenfresser waren. Über diese Menschenfresserei hatte ich viele Schauergeschichten gehört und gelesen, unter anderem auch im Buche von Robinson Crusoe.
    Als wir auf der Landzunge angelangt waren und ein Lager errichtet hatten, fragte ich meine jungen Kameraden, ob die Arawaken mich nicht als Feind betrachten und mich wie einen Hasen abschlachten würden.
    Die Jungen schauten mich groß an.
    ', Warum sollten sie dich als Feind betrachten?"
    „Ich bin ein Weißer. . ."
    „Ein Weißer schon, aber unser Freund!"
    „ Und wenn sie nicht auf euch hören — was dann?"
    „Sie müssen uns anhören, denn wir werden dem Häuptling alles erzählen, was sich ereignet hat, und auch, daß du immer unser Freund warst und. .
    „Wird das genügen?"
    „Das genügt, Jan."
    Arnak dachte eine Weile nach, dann sah er mich wehmütig an und erklärte:
    „Die weißen Menschen halten uns für grausame Wilde, die den Tieren näherstehen als den Menschen. Die Weißen glauben, wir hätten weder Gefühl noch Ordnungssinn und ein jeder von uns handle wie ein blödes Geschöpf, ohne Verstand. So ist es nicht, Jan."
    „Das weiß ich, Arnak!"
    „Du weißt es, die anderen wissen es nicht. Wenn ich dem Stamm erklären werde, du bist mein und unser Freund, so werden alle Arawaken, sei es in den Wäldern oder in der Steppe, dich auch für ihren Freund halten. Niemand wird es wagen, dir auch nur ein Haar zu krümmen. Darin unterscheiden wir uns vielleicht von den Weißen!" fügte er mit herbem Lächeln hinzu.
    „Und wie ist es mit jener Menschenfresserei?" forschte ich. „Sag mir aufrichtig, gibt es sie oder nicht?"
    „Es gibt sie", antwortete der junge freimütig. „Vielmehr gab es sie einst; doch nicht eine solche, wie sie die Weißen bei uns sehen wollten. Bei uns wurde das Fleisch eines besiegten Feindes aus einem anderen Grunde verzehrt, nicht aus Hunger ..." „Wegen eines religiösen Brauches?"
    „So ist es, Jan! Wir glaubten, der Mut des Feindes würde sich auf den Sieger übertragen, wenn dieser das Herz oder einen anderen Körperteil des Getöteten verspeise."
    Am dritten Tage waren die Bedingungen günstig, das Meer lag ruhig da, und ein milder Wind wehte von Norden. Eine Stunde nach Sonnenaufgang schoben wir das beladene Floß in tieferes Wasser und nahmen die vorherbestimmten Plätze darauf ein. Das kleine, aus Lianen

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