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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Fiedler
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erkannten sie ihren am Boden liegenden Kameraden. Sie sprangen hinzu und hoben ihn hoch; sie sahen, daß er nicht mehr lebte.
    Es galt, rasch zu handeln, sie zu erledigen, ehe sie sich von ihrer Bestürzung erholten.
    „Arnak", rief ich, „es ist Zeit!"
    „Ich weiß." Der Junge nickte.
    Rasche gedämpfte Worte, kurze Befehle. Die besten Bogenschützen spannten ihre Bogen und schossen auf ein von Arnak gegebenes Zeichen.
    Leider entsprach das Ergebnis nicht meinen Erwartungen. Nur einer der Spanier fiel leise aufstöhnend zu Boden. Der zweite begriff, was los war, und wandte sich zur Flucht. Zwei Pfeile trafen ihn, die ihn aber beide nicht töteten. Jetzt rannte er wie ein Eber auf das Gebüsch zu und schrie wie besessen.
    Er erkannte die Gefahr, erriet die Nähe des bewaffneten Gegners. Gelang es ihm, seine Kameraden davon zu unterrichten, was er gesehen hatte, so konnte das unser Untergang sein. Alles hing von diesem einen Augenblick ab — ob der Fliehende das Dickicht erreichte.
    In riesigen Sätzen raste er über die Lichtung. Ich legte blitzschnell das Gewehr an und nahm ihn aufs Korn. Zwar war es Nacht, doch schien der Mond. Mein ganzes Sein konzentrierte ich auf die Zielsicherheit des Auges. Ich sah seinen Rücken im Auf-und Niederspringen einmal oberhalb, ein andermal unterhalb des Visiers. Fünfzig, sechzig Schritt trennten ihn von uns. Wie weit hatte er noch bis zum Gebüsch? Fünfzehn Sätze, vielleicht zehn?
    Ich hielt den Atem an, folgte mit dem Lauf der Muskete seinen Bewegungen, bald hob, bald senkte ich ihn. Als der Fliehende im Aufsprung den höchsten Punkt erreichte und ich sein linkes Schulterblatt im Visier hatte, drückte ich ab. Ein Krach, ein Feuerstrahl, ein Ruck des Kolbens an der Schulter. Im Feuerschein glaubte ich zu sehen, wie er jäh die Arme hochwarf, doch verhüllte mir der dichte Rauch die Sicht.
    „Er liegt!" frohlockte Wagura. „Du hast ihn getroffen! Er ist erledigt!"
    Das Echo des Schusses verklang, in meinen Ohren hörte es auf zu rauschen. Der Rauch verzog sich. Jetzt sah ich den Spanier ebenfalls. Er rührte sich nicht, war tot. Die Leiche lag nur wenige Schritte von der dunklen Wand des Gebüsches entfernt.
    „Wird uns der Knall nicht verraten?" fragte Arnak, der an mich herantrat.
    Ich beruhigte ihn.
    „Wer kann im Walde unterscheiden, ob es mein Gewehr oder eines der ihrigen gewesen ist?"
    „Der Spanier schrie aber."
    „Daß er schrie, ist allerdings schlimmer. Sicherlich haben sie ihn gehört."
    „Sie müssen ihn gehört haben. Er grölte wie der Teufel", bestätigte Wagura. „Das schadet aber nichts. Solange wir von ihnen nicht gesehen werden, wissen sie nicht; warum einer ihrer Kumpane geschrien hat."
    „Drei sind umgekommen", kicherte Wagura. „Diese drei könnten uns gesehen haben, sie leben aber nicht mehr."
    „Darin eben sind wir ihnen überlegen!"
    Nach meinem Schuß wurde es still über der Lichtung, und wir bemerkten keinerlei Bewegung am Rande des Dickichts drüben. Die eingetretene Ruhe war uns unheimlich, doch lag nichts Widernatürliches darin: Von weither, etwa eine halbe Meile oder mehr von uns entfernt, glaubten wir Hundegekläff und menschliche Stimmen zu hören. Die Hauptfährte der Verfolgung führte offensichtlich in eine andere Waldrichtung.
    Daß wir uns vor dem Feinde verborgen hielten, bedeutete tatsächlich unsere große Stärke, und diesen Zustand galt es so lange wie möglich aufrechtzuerhalten.
    Die Leichen auf der Lichtung und die Spuren des Scharmützels konnten uns verraten. Wir mußten sie beseitigen, doch trauten wir der Stille nicht. Womöglich verbarg sich der Feind hinter jenen Sträuchern und lauerte auf uns? Ich sprach mit Manauri und den Jungen. Sie erklärten sich einstimmig für sofortiges Handeln. „Such den Rand der Lichtung mit dem Fernrohr ab!" bedeutete Arnak.
    Durch das Glas gesehen, bildete der Schatten unter den Sträuchern und Bäumen des Dickichts nicht mehr einen einzigen formlosen Fleck, sondern spaltete sich in hellere und dunklere Teile und Streifen. In der windstillen Luft bewegte sich kein Blatt. Der Busch verhüllte ein unerforschliches Geheimnis, atmete einen unbekannten Hinterhalt, eine Drohung. In seinem Innern reifte unser Geschick, obwohl der Rand des Dickichts im Augenblick gefahrlos zu sein schien. Ich entdeckte nichts Verdächtiges.
    „Ans Werk!" rief ich.
    Mittlerweile hatten Manauri und Arnak den einzelnen Leuten ihre Aufgaben zugeteilt: Einige sollten die Leichen fortschaffen, andere die

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