Die Insel der Verdammten
aus Mateos Gruppe.
Kaum hatte sie die Mitte der Lichtung erreicht, als aus dem Busch ein Hund hinter ihr herjagte. Er holte sie mit einigen Sätzen ein und sprang sie von hinten an. Die Frau schrie nicht einmal, gab nur im Fallen ein gedämpftes Stöhnen von sich.
Blitzschnell spielten sich die folgenden Ereignisses ab: Ein Indianer aus Waguras Gruppe lief auf die Lichtung hinaus. Bevor noch der Hund seine Zähne der Frau in den Nacken setzen konnte, war der Bogenschütze bereits an seiner Seite und schoß einen Pfeil auf ihn ab. Die durchbohrte Bestie röchelte tollwütig, zerbiß den Pfeil, sank aber kraftlos zu Boden. Der Indianer hob die halb Bewußtlose auf, nahm sie auf seinen Arm und kehrte in mächtigen Sprüngen zu uns zurück.
Freudiges Flüstern belohnte die mutige Tat des Indianers. Der riesige Hund bewegte sich noch, doch waren es seine letzten Zuckungen. Der vierbeinige Schrecken der Sklaven verendete. Raisuli, der hinter mir stand, verfiel in einen Rausch. Er stieß leidenschaftliche Schreie aus. Sie stopften ihm mit den Händen den Mund zu, drückten ihn auf die Erde nieder und beruhigten ihn.
„Was schrie er?" fragte ich Arnak beunruhigt.
„Nichts, nur daß der Hund erschlagen sei. Er freute sich."
Jählings wandten wir unsere Aufmerksamkeit dem Gebüsch auf der gegenüberliegenden Seite der Lichtung zu. Wieder schlug sich ein Mensch durch das Dickicht. Wahrscheinlich lief er hinter dem Hunde her. Er pfiff alle Augenblicke. Am Saum des Gebüsches blieb er stehen.
Der Hund lebte noch und bewegte den Kopf. Da bemerkte ihn der Mann und rannte nach der Mitte der Lichtung. „Ein Spanier!" stammelte einer von uns vor Aufregung. „Still!"
zischte Manauri.
Als der Ankömmling den leblos daliegenden Hund sah, schrie er vor Verwunderung leise auf. Er bückte sich über das Tier und kehrte es um. Jetzt entdeckte er wohl den Pfeil, denn er riß sich plötzlich hoch und ließ seine Blicke eine Weile achtsam in unserer Richtung schweifen.
Einige Pfeile schwirrten gleichzeitig durch die Luft. Da die Entfernung nicht mehr als dreißig Fuß betrug, trafen sie alle. Der Spanier sank zu Boden. Der Pfeil hatte ihm offenbar die Kehle durchschnitten. Sterbend röchelte er noch heiser.
Ehe wir den Tobsüchtigen zurückhalten konnten, lief Raisuli auf die Lichtung hinaus, schwang den Stock und zerschmetterte mit einem furchtbaren Hieb dem Spanier den Kopf. Eine sinnlose Tat, denn der Spanier lebte sicherlich nicht mehr. Damit nicht genug. Der Triumph über den Feind hatte dem Indianer anscheinend die Sinne getrübt. Statt schnell umzukehren, blieb Raisuli bei dem Gefallenen. Er tanzte einen wahnsinnigen Siegestanz um ihn herum. Ihm war das Gefühl für die Wirklichkeit verlorengegangen.
Wir standen stumm und verblüfft und betrachteten ratlos das unheimliche Schauspiel. Arnak legte die Waffe beiseite und bereitete sich zum Sprung vor, um den Wahnwitzigen von der Lichtung zurückzuziehen. Er kam zu spät. Von der anderen Seite des Dickichts knallte ein Schuß. Als setzte er seinen Wahnsinnstanz fort, taumelte Raisuli und fiel regungslos um. Die tödliche Kugel hatte ihn getroffen.
Zwei Spanier traten auf die Lichtung heraus. Jeder hielt ein Gewehr in der Hand; der Lauf des einen schien noch zu rauchen. Von unserer Anwesenheit mußten sie wohl nichts ahnen, denn sie achteten nur auf die Leichen, die inmitten der Lichtung lagen. Sie liefen geradeaus auf sie zu. Sowenig rechneten sie mit einer ihnen drohenden Gefahr, daß sie sich lang und breit und in lebhaftem Ton über irgend etwas unterhielten, worüber sie in einen Streit gerieten.
„Frage Manauri, worüber sie sprechen!" flüsterte ich Arnak zu.
Wir standen dicht nebeneinander und konnten uns im Flüsterton mühelos verständigen, ohne befürchten zu müssen, daß wir gehört wurden. Nach einer Weile hauchte mir Arnak ins Ohr:
„Manauri sagt, der eine werfe dem anderen vor, er habe schlecht geschossen."
„Er hat ihn aber doch getroffen. Raisuli ist tot."
„Ja, der ihn getroffen, hat, sollte ihn jedoch nur an den Beinen verwunden und nicht töten."
„Ach so, es ging ihnen um einen lebenden Sklaven."
„So ist es."
„Dann haben sie vielleicht auch die anderen nicht getötet?" Das ließ uns hoffen, daß die bisher gehörten Schüsse nicht durchaus den Tod von Mateos Leuten zu bedeuten brauchten. Doch es gab keine Zeit für Überlegungen. Als die beiden Spanier an die Leichen herantraten, sahen wir, wie sie vor Schreck erstarrten. Jetzt erst
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