Die Insel der Verdammten
ich und schaute ihn dabei wohlwollend an.
„Wir drei. . .", er wies auf sich und seine beiden Kameraden, zögerte jedoch und wußte nicht, wie er fortfahren sollte. „Wir drei . . . du verstehst, Herr!"
„Ich verstehe nichts.” Lächelnd ermunterte ich ihn, weiterzusprechen.
„Wir sind in einer dummen Lage... Wir sind keine Feiglinge. . . Glaub es uns! Wir haben Mateos Aufforderung wirklich nicht verstanden" „Niemand kann und wird euch deswegen einen Vorwurf machen", versicherte ich.
„Für uns ist es beschämend, daß wir entkommen sind und er sein Leben lassen mußte."
„Das ist nicht zu ändern. Es ist nun einmal geschehen." „Wir wollen das wiedergutmachen!"
„Wiedergutmachen? Auf welche Weise?"
„Wir wollen uns im Kampf auszeichnen. Betraue uns mit einer wichtigen Aufgabe! Schicke uns dorthin, wo es gefährlich ist!"
Jetzt war die Reihe an mir, den erregten Miguel und seine Kameraden mit verlegener Rührung zu betrachten. Mich bewegte sein ritterliches Ehrgefühl, das selbst die Demütigung langjähriger schwerer Sklaverei nicht hatte töten können. Stärkt das nicht den Glauben an die Menschheit? Flößt das nicht Vertrauen zu allen ein, ohne Rücksicht auf die Hautfarbe?
Das war ein flüchtiger, in diesem gespannten Augenblick unzulässiger Gedankenflug. Rasch besann ich mich und kehrte in die Wirklichkeit zurück.
„Euch hinschicken, wo es gefährlich ist?" wiederholte ich Miguels Worte. „Glaubst du, hier ist es ungefährlich ...? Sprich leiser, denn wer weiß, ob nicht der Feind hinter jenem Strauch lauert. Hier muß ein jeder von uns das Letzte hergeben."
„Erlaub uns aber.. .
„Miguel, ein jeder kann sich auszeichnen, sobald sich eine Gelegenheit bietet. Unter uns gibt es keine Ausnahmen. Das hier ist ein Kampf auf Leben und Tod! Der Feind ist grausam, erbarmungslos! Er wird uns in Stücke reißen, sofern wir die geringste Unvorsichtigkeit begehen ... Da war einer unter uns, der sich auszeichnen wollte: Raisuli. Er hat sich und uns der Gefahr ausgesetzt. Ist umgekommen. Die Spanier haben ihn vor unseren Augen erschossen."
„Wir werden nicht unvorsichtig sein, Herr!”
„Gut, Miguel! Denk daran, unser oberstes Gesetz lautet, sich dem Feinde nicht zu zeigen! Die Spanier wissen bis zur Stunde noch nicht, daß wir hier sind; darin sind wir ihnen überlegen."
Wieder ertappte ich mich bei einer unnötigen Geschwätzigkeit. Genug dieser Unterhaltung mit Miguel, wichtigere Aufgaben warteten auf uns, wichtigere Sorgen gingen uns durch den Kopf.
Ob die Spanier unsere Anwesenheit immer noch nicht vermuteten? Die Hunde, die in unsere Richtung liefen, waren plötzlich verstummt, die Menschen, die ihnen folgten, spurlos verschwunden. Im Verlauf der letzten Stunde hatten wir drei Feinde und ebenso viele Hunde getötet. Sollte das nicht die Wachsamkeit und den Verdacht der übrigen Spanier hervorgerufen haben?
Seit einiger Zeit lag tiefe Stille über dem Urwald. Das Hundegebell hatte gänzlich aufgehört. Wir konnten uns des Gefühls nicht erwehren, daß sich in dieser jäh verstummten Wildnis nah und unheilvoll eine Gefahr über uns zusammenzog.
Da schlich ein Indianer vom rechten Flügel zu uns heran. Er berichtete, von der anderen Seite der Lichtung ein verdächtiges Geräusch vernommen zu haben. Es hätte sich wie das Winseln eines Hundes angehört, der, an der Leine geführt, ungeduldig daran zerrt, um vorwärts zu stürmen.
„Hast du dich nicht geirrt?" Manauri warf ihm einen prüfenden Blick zu.
„Alle neben mir haben es gehört", beteuerte der Indianer.
Ich legte das Fernrohr an. Es war finster. Der Mond verbarg sich hinter den Wolken. Trotzdem bemerkte ich eine undeutliche Bewegung im gegenüberliegenden Gebüsch, ungefähr hundert Schritt rechts von uns.
„Gebt acht!" befahl ich.
Es währte nicht lange, bis sich dort eine gebückte Gestalt abzeichnete, die vorsichtig die Lichtung überquerte. Ein Blick durchs Fernglas genügte, um den Mann an der Kleidung zu erkennen.
„Ein Spanier!" informierte ich die Kameraden.
Einer nur kam auf unsere Seite herüber. Befanden sich drüben noch mehr Spanier, so hatten sie offenbar einen Mann ausgeschickt, der erkunden sollte, was in diesem Teil des Gebüsches vor sich ging.
„Wir müssen ihn sofort aus dem Wege räumen", flüsterte ich.
„Ich!" Miguel neigte sich hastig zu mir. „Ich nehme ihn auf mich!"
„Ausgezeichnet!" Ich erklärte mich einverstanden. „Aber nicht du allein, geht zu dritt!"
„Gut!"
„Denkt
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