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Die Insel der verlorenen Kinder

Die Insel der verlorenen Kinder

Titel: Die Insel der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
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kamen Lizzy und die O’Sheas mit Eimern voll Wasser und Wasserpistolen auf die Lichtung gerannt. Am Fuß der Bühne blieben sie stehen und blickten genau wie Rhonda nach oben in den Baumwipfel.
    «Und warum beweist du uns das dann nicht?», fragte Peter. «Spiel doch bei uns mit.»
    Er befand sich jetzt unmittelbar unter Greta, und der Baumwipfel schwankte bedenklich unter dem Gewicht der beiden Kinder. Greta war einen Moment lang still, vielleicht weil sie eine Stelle suchte, wo sie besseren Halt fand.
    «Peter!», schrie Lizzy nach oben. «Was soll das?»
    «Genau, die kann nicht in unserem Stück mitspielen. Die hat doch gerade versucht, uns umzubringen», sagte Malcolm und prüfte mit der Hand, ob sein Haar vielleicht vom Pfeil angesengt war.
    Rhonda hielt einfach nur die Luft an und fragte sich, was als Nächstes passieren würde.
    «Warum sollte ich denn in eurem Scheißstück mitspielen?», fragte Greta.
    «Um zu beweisen, was für eine tolle Schauspielerin du bist. Um es uns mal so richtig zu zeigen. Du könntest ein Indianer sein. Mit dem Flitzebogen kannst du jedenfalls verdammt gut umgehen.»
    Greta blickte mürrisch durchs Geäst auf Peter hinunter. «Ich will kein blöder Indianer sein!»
    «Was willst du denn dann sein?», fragte Peter.
    «Ich will eine sein, die jemanden umbringt.»
    «Aber in unserem Stück wird niemand umgebracht. Nur ganz zum Schluss Captain Hook. Der wird vom Krokodil aufgefressen.»
    Greta dachte einen Moment lang nach und rückte sich das Hütchen auf dem Kopf zurecht. Sie trug ihren Flitzebogen mit der Sehne über der Brust und nahm nun den Finger vom Hut und zupfte an der Sehne wie an den Saiten eines Instruments.
    «Dann bin ich das Krododil!», rief sie.
    Und damit war die Sache beschlossen.
    Die beiden kletterten vom Baum herunter, während die O’Sheas Wasser über die noch immer glimmende Liege kippten, und dann wurde weitergeprobt. Peter erklärteGreta, sie müsse sich ihr Kostüm selbst basteln, und die war einverstanden und wirkte sogar froh darüber. Sie übte ihre Rolle als Krokodil und robbte auf dem Bauch um die Bühne herum.
    «Ich hatte mir gedacht, dass du dich vielleicht hier drinnen verstecken könntest», erklärte Peter und zeigte ihr die Falltür.
    Greta Clark übte daraufhin, durch die Falltür nach oben zu klettern. Mit klappenden Kiefern schnappte sie nach Lizzy, die ihr höhnischstes Captain-Hook-Grinsen übte, aber es kam Rhonda so vor, als wirkte die Freundin unwillkürlich ein bisschen eingeschüchtert.
    «Noch was», erläuterte Peter. «Das Krokodil hat eine Uhr verschluckt, und deswegen musst du immer ‹Ticktack, Ticktack› rufen, wenn wir dich sehen.»
    Greta nickte, und von da an übte sie den ganzen Tag lang. Sie schien ihre Rolle tatsächlich recht ernst zu nehmen.
    «Ticktack», rief sie, wenn sie zum Essen nach Hause ging. Und «Ticktack» brüllte sie, wenn sie eine Stunde später durch den Wald zurückkehrte, und bewegte dabei die Arme wie die Kiefer eines Krokodils – als ob sie vor ihrer Ankunft warnen wollte. Vielleicht, dachte Rhonda, musste man immer vor Greta Clark und ihrem «Ticktack» auf der Hut sein, aber sie gab einem eine faire Chance.

s?
    15.   Juni 2006
    Die Geschichte ging ungefähr so: Es war einmal eine Frau namens Queenie Benette, die ihrem Schatz George Dixon eine Zwanzigdollargoldmünze als Glücksbringer schenkte. Später wurde dieser George Dixon der Kommandant der
Hunley.
Einige Zeit davor, am 6.   April 1862, wurde er bei der Schlacht von Shiloh von einer Kugel am Bein getroffen. Doch weil er in der Hosentasche die Goldmünze trug und die Kugel genau daraufprallte, wurde sein Bein gerettet – und, so geht die Geschichte, vielleicht sogar sein Leben. Die Kugel hinterließ einen Abdruck im Gold. Den Rest des Krieges trug Lieutenant Dixon diese Münze als Glücksbringer bei sich. Wenn diese Geschichte stimmte, hatte Dixon die Münze auch in der Tasche, als seine Glückssträhne vorbei war und die
Hunley
sank.
    Clem hatte diese Geschichte immer besonders gemocht, und sogar jetzt funkelte noch irgendetwas in seinen Augen, als er sie Rhonda vielleicht zum hundertsten Mal erzählte. Justine saß neben Rhonda auf dem Sofa, ganz in ihr Kreuzworträtsel vertieft. Clem ging im Wohnzimmer auf und ab und gestikulierte beim Reden mit seiner Kaffeetasse. Die Bagels, die Rhonda zum Frühstück mitgebracht hatte, standen zusammen mit Frischkäse, Marmelade und Erdnussbutter auf dem Tisch.
    «So was wie diese Goldmünze hat

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