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Die Insel der verlorenen Kinder

Die Insel der verlorenen Kinder

Titel: Die Insel der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
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goldenen Ohrring.
    «Willste mal was sehn?», fragte Lizzy, nachdem sie den Ohrring in ihr linkes Ohrläppchen gesteckt hatte. Sie griff in ihre Hosentasche und zog einen kleinen Beutel heraus. Den öffnete sie und schüttelte sich einen Haufen Silbermünzen in die Hand. Silberdollar. Ungefähr zehn.
    «Wo hast du denn die her?», fragte Rhonda.
    «Die sind mein Piratenschatz», erklärte Lizzy. «Schau nur, wie schön sie glänzen. Ich habe sie mit Zahnpasta poliert. Die ist so gut wie Silberpolitur.» Sie spuckte aufeine Münze, rubbelte sie mit dem Jackenärmel ab und beförderte anschließend den ganzen Haufen wieder in den Beutel. Dann rannte sie mit gezogenem Holzschwert aus dem Haus und in den Wald, wobei sie den Bäumen mit ihrer Piratenstimme ihren Text zubrüllte: «Die werden wir kielholen! Ha, Kameraden!»
    Rhonda folgte ihr schweigend.
     
    Peter, Rhonda und die O’Sheas wollten gerade von der Bühne springen und losfliegen, als der Pfeil direkt auf sie zuschwirrte.
    Es war ein großer Holzpfeil, etwa einen Meter lang, und seine Spitze stand in Flammen: Sie war mit Mull umwickelt und mit Feuerzeugbenzin durchtränkt worden, wie die Kinder später erfahren sollten. Der brennende Pfeil schoss von oben durch die Luft, verfehlte Malcolm O’Sheas Kopf nur um eine gute Handbreit und landete auf einer der Liegen, die sie als Kinderbetten aufgestellt hatten. Beide O’Sheas warfen sich schreiend zu Boden. Rhonda, die gerade sprungbereit im Fensterrahmen hockte, erstarrte mitten in der Bewegung und versuchte verzweifelt zu begreifen, was passiert war.
    «Ach du Scheiße!», schrie Peter entsetzt. Er eilte zu der brennenden Liege und hieb mit dem Holzschwert darauf ein. Doch davon fing nur das Schwert Feuer. Und es loderte nur umso heller, je mehr er damit herumfuchtelte. Schließlich warf er es zu Boden und versuchte, die Flammen auszutreten, während die O’Sheas, die inzwischen wieder aufgesprungen waren, laut riefen: «Tu was!
Tu doch was!»
    Das Schwert war schnell gelöscht, aber die Flammenbreiteten sich munter entlang der Liege aus. «Holt Wasser!», schrie Peter, und die O’Shea-Jungs liefen wie der Blitz davon. Lizzy, die vor Aufregung den Spiegel, den Augenbrauenstift und sogar ihren Haken in den Dreck hatte fallen lassen, rannte den rothaarigen Jungen durch den Wald voran und rief dabei: «Wasser, Kameraden! Das Schiff steht in Flammen!» Die O’Sheas wirkten erleichtert, dass sie sich in sichere Entfernung begeben durften und nicht etwa weiteren Brandpfeilen ausgesetzt sein würden.
    Rhonda sprang endlich von ihrem Fensterbrett herunter, schnappte sich eine Wolldecke von der anderen Liege und warf sie auf die Flammen. Der Rauch war dicht und schwarz und brachte Rhonda und Peter zum Husten und Würgen, doch die Flammen erstickten. Dunkle Rauchschwaden wälzten sich über die Bühne. Es roch nach verbrannter Wolle wie nach einem angesengten Tier.
    Peter ging zum Rand der Bühne und schwenkte sein angekohltes Schwert, so drohend er nur konnte, zu den Baumwipfeln hinauf.
    «Greta!», brüllte er mit roten, tränenden Augen. «Zeig dich.»
    Aus einer nahegelegenen Weymouths-Kiefer ertönte Gekicher. Rhonda spähte durch die dichten Nadelschichten und sah etwas rot aufblitzen.
    «Greta Clark, du feiges Miststück, komm runter!», schrie Peter.
    «Hol mich doch», forderte sie ihn heraus.
    Peter steckte sein Schwert in den Gürtel, sprang von der Bühne herunter und rannte zum Baum. Er zog sich zu einem der unteren Äste hoch und kletterte los.
    «Du hättest die ganze verdammte Bühne in Brand stecken können! Der ganze Wald hätte brennen können!», schrie er beim Klettern nach oben.
    «Nächstes Mal hab ich mehr Glück!», rief Greta zurück. Auch sie kletterte jetzt weiter nach oben. Langsam und sicher kam sie voran, während Peter sich tiefer unten abkämpfte.
    «Du bist verrückt!», schrie Peter.
    «Und du bist der schlechteste Schauspieler, den ich je gesehen habe.»
    Peter machte eine kurze Pause, um wieder zu Luft zu kommen und den Rest seiner Klettertour zu planen.
    «Du kannst es natürlich viel besser!», rief er zu ihr nach oben. «Wo deine Mutter doch ein Hollywood-Filmstar ist und so!» Inzwischen war er fast da angekommen, wo sie zuvor gehockt hatte, aber sie klammerte sich inzwischen schon ganz oben im Wipfel an der schwankenden, dünnen Spitze fest.
    «Genau, das kann ich tatsächlich besser. Als Schauspielerin stecke ich jeden von euch dreimal in die Tasche.»
    In diesem Moment

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