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Die Insel des Magiers

Die Insel des Magiers

Titel: Die Insel des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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oft ich auch um den Rand des Lochs herummarschierte oder seine steilen Wände beäugte, mir fiel nichts auf. Es war eine Grube, eine Falle für die Kreatur, die mich zu töten versucht hatte. Es war genauso, wie es sein sollte. Wieso verstörte mich sein Anblick dann?
    Achselzuckend kraxelte ich in das Loch zurück und machte mit meiner Arbeit weiter.
    Als die Sonne hinter der immer tiefer werdenden Wand der Grube versank, wurde die schlammige Erde augenblicklich kälter. Ich sah auf, und obwohl der Himmel immer noch genauso diesig blau war wie vorher, empfand ich die Dunkelheit des Lochs als bedrückend. Ich entschied, daß ich tief genug gegraben hatte.
    Einen Augenblick lang packte mich die Angst, als der Ast, den ich als Kletterhilfe benutzte, an der feuchten Wand der Grube leicht ins Rutschen kam und ich fast heruntergefallen wäre, doch ich hing schon mit dem Oberkörper so weit über dem Rand, daß ich mich hinausstemmen konnte. Ich zog den Ast hinter mir hoch und verbrachte den Rest des späten Nachmittags damit, das Loch zuerst mit einer roh geflochtenen Matte aus langen, biegsamen Zweigen und dann mit Grassoden und Blättern abzudecken. Als ich fertig war, deutete kaum mehr etwas darauf hin, daß diese Stelle sich in irgend etwas von dem übrigen Berghang unterschied. Meine Mutter entfernte sich nicht mehr so weit von der Hütte, und ein leichtes Tier wie etwa ein Affe oder eines der kleinen Inselrehe wäre nicht durch die Zweigdecke gebrochen: Nur meine Feindin konnte zum Opfer meiner emsig betriebenen Rache werden. Wieso war ich dann noch besorgt?
    Doch mein unentwickeltes Denkvermögen stieß damit an seine Grenze, und so kehrte ich zum Strand zurück.
    Ich schlief nicht gut in jener Nacht, sondern lag noch lange nach Aufgang des Mondes wach, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, starrte in die düsteren Winkel der Hütte und lauschte mit wachsender Unruhe dem rauhen Schnarchen meiner Mutter. Als ich schließlich doch einschlief, stürzte ich in eine noch tiefere Finsternis voll von glotzenden Augen, quiekenden, kreischenden Stimmen und dem Geruch von Blut.
    Beim Aufwachen hatte mich eine eigentümliche Zittrigkeit ergriffen. Ich lungerte den ganzen Morgen um das Haus herum und konnte mich nicht dazu durchringen, nach meiner Falle zu sehen. Schließlich jedoch gab mir meine Mutter wegen irgendeiner Kleinigkeit eins hinter die Ohren, und wütend verzog ich mich in den Wald.
    Ich brauchte ziemlich lange bis zu der Stelle am Hang, wo ich die Tage vorher verbracht hatte. Zahllose Dinge erregten meine Aufmerksamkeit und hielten mich fest: Affen, die im Wipfel eines Früchte tragenden Baumes spielten, ein frisch geschlüpfter Schmetterling mit handbreiten Flügeln, der sich in der Sonne trocknete, ein Knüppeldamm, der sich gerade in einem der in den Bergen entspringenden Bächen bildete – praktisch alles, was ich sah, war interessanter als die Grube. Doch zuletzt kam ich an den Ort, wo ich mich so lange abgeplagt hatte, und sah sofort, daß meine Bemühungen von Erfolg gekrönt worden waren.
    Die Deckzweige über der Falle waren durchgebrochen. Die zur Tarnung aufgelegten Placken und Blätter waren heruntergefallen, so daß das Loch so nackt wie unmittelbar nach der Fertigstellung im Boden klaffte. Und unten vom Grund drangen wütende Grunztöne herauf.
    Vorsichtig kroch ich an den Rand, fast überzeugt davon, daß meine Feindin, sofern sie es wirklich war, von meinem Erscheinen dazu angestachelt werden konnte, aus dem Loch herauszuspringen. Ich verstand wenig bis gar nichts von Schweinen, hatte allerdings die brutale Kraft der Bache zur Genüge erlebt, um alles für möglich zu halten.
    Sie stieß in der Tat einen lauten Trompetenton aus, als ich über den Rand lugte, und sprang an den Wänden der Grube hoch, richtete damit aber nicht mehr aus, als daß die Erde unter ihren Halt suchenden Füßen abbröckelte. Ich schreckte zurück, doch bald faßte ich Mut und trat so nahe heran, daß ich auf mein Werk hinabschauen konnte.
    Jahre später sah ich in einem der Bücher deines Vaters das Bild eines in der Hölle eingesperrten Dämons. Der Künstler hatte sich alle Mühe gegeben, sowohl die Ungeheuerlichkeit des Bösen als auch die hoffnungslose Qual der darin leidenden verdammten Seele darzustellen. Bis dahin hatten mich die Kupferstiche begeistert und die Kunstfertigkeit beeindruckt, die so treffende und zugleich so differenzierte Abbildungen schaffen konnte, doch als ich an die Seite mit dem Dämon kam,

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