Die Insel des Magiers
wo dein Vater saß, nur einen verschwommenen schwarzgrauen Umriß.
Danke, murmelte ich. Prospero, danke.
Er winkte ab, als wäre es ihm peinlich. Gib nur gut acht, wie du es gebrauchst, sonst nehme ich es dir wieder weg.
Höchstens zwei Wochen später unternahm Prospero mit mir einen Gang in den Wald. Du kamst auch mit, doch es war meine Gesellschaft, mein Rat, was er begehrte. Das hatte er mir gesagt. Die Bäume schienen mir Platz zu machen, während ich vorausging.
Wir müssen ein neues Haus bauen, sagte dein Vater. Fernab vom Strand. Ein Haus, wo Miranda vor Gewitterstürmen und Tieren in Sicherheit ist.
Ich runzelte verwundert die Stirn. Die einzigen größeren Tiere auf der Insel, die einem etwas tun konnten, kamen nie aus dem tiefen Wald heraus. Doch wie dem auch sein mochte, dieser Mann stand so hoch über mir, wie ich über den frischgeschlüpften Schildkröten stand, die über den Sand taperten. Ich hätte damals nie gewagt, deinem Vater zu widersprechen.
Du kennst die Insel besser als ich, sagte er. Ich überlasse es dir, die Stelle auszusuchen, wo es stehen soll. Ich will nur, daß wir es an einem hohen Ort bauen, wo ich das Meer überschauen kann.
Ich war entzückt über dieses neuerliche Geschenk der Verantwortung, und während wir das hügelige Vorland hinaufstiegen, grübelte ich so angestrengt nach, daß mir der Schädel brummte. Die Wolken hingen an jenem Tage niedrig, und die ganze Insel war feucht und still, aber meine Gedanken waren laut. Wo wäre die beste Stelle? Und was, wenn mein Vorschlag sich als schlecht herausstellte? Vielleicht vertraute mir dein Vater dann nie wieder eine wichtige Aufgabe an.
Ich war innerlich so aufgewühlt von den Ideen, die mir kamen und die ich gleich wieder verwarf, daß ich kaum darauf achtete, wohin ich euch beide führte. Prospero redete immer noch und erging sich in Spekulationen darüber, wie das Haus gebaut werden könne, wie es ausgerichtet sein müsse, um einen günstigen Lichteinfall zu haben, und über ähnliche Dinge, ich aber war völlig in meine eifrigen, sorgenvollen Betrachtungen eingesponnen, und so bemerkte ich meinen Fehler gar nicht. Unbewußt führte ich euch die alte, so viele Male von mir genommene Hirschfährte zu der Dornenhecke hinauf, die mein geheimes Tal behütete. Ich war dermaßen selbstvergessen, daß ich erst erkannte, wo wir waren, als dein Vater verstummte und stutzte, den Kopf gereckt, als hörte er einen fernen Ton.
Ich blickte umher, und jähe Panik ergriff mich. Nicht dieser Ort! Mein einziges Geheimnis, mein einziger Besitz! Doch noch eine andere Stimme meldete sich in mir, eine leise Stimme, die sprach: Aber ja doch, ja doch, das ist der ideale Platz.
Was ist das für ein Ort? fragte Prospero. Er hat etwas Sonderbares.
Nichts, entgegnete ich hastig. Hier ist nichts. Kommt, wir gehen zu gute Platz.
Dein Vater zögerte, als ob in seinem Kopf auch etwas redete so wie in meinem. Verängstigt, obwohl ich keinen Grund dafür hätte angeben können, zog ich ihn am Ärmel.
Nicht gut der Platz. Kommt mit! Wir finden ganz gute Platz für Haus.
Er wunderte sich über meine Aufregung, doch schließlich zuckte er mit den Schultern und ließ sich von mir weiterführen.
Dankbar und erleichtert, als ob ich einem grausigen Schicksal entronnen wäre, eilte ich mit euch den Hang wieder hinunter – wobei ich einen großen Bogen um die Stelle machte, wo ich einst die Bache begraben hatte – und steuerte eine andere Hügelgruppe an.
Besser hier! rief ich, und wie der Zufall es wollte, hatte ich diesmal einen geeigneten Platz ausgesucht, obwohl es mir eigentlich nur darum gegangen war, euch beide von den Dornen und dem verborgenen Tal wegzulotsen. Guck! sagte ich und streckte die Hand aus. Seht ihr Meer da. Und kommt Wasser aus Boden hier.
Es war in der Tat eine gute Wahl, und Prospero stimmte mir rasch zu, obwohl er mich noch ein paarmal nachdenklich musterte. Eine natürliche Falte an der Südflanke des Hügels bot Schutz vor den schlimmsten Winden, und keine hundert Schritte hangabwärts rieselte eine klare Quelle aus dem Boden. In der tiefsten Einbuchtung der Falte stand ein großer alter Feigenbaum, dessen ausladende Äste nicht nur mit Früchten prangten, sondern auch Sonne und Regen abhielten.
Prospero strich sich mit seinen langen Fingern den Bart, während er sich das Gelände besah. Du warst bereits den Hang hinunter zum Wasser gelaufen und trankst kniend aus beiden Händen.
Es ist gut, Vater! riefst du.
Ich denke, du
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