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Die Insel des Magiers

Die Insel des Magiers

Titel: Die Insel des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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zusammen und wurde zu einer Figur von blendender Helligkeit, einer weißen Flamme in Gestalt eines Menschen. Die Stimme, immer noch ein unmenschliches Schnarren, kroch mir in die Ohren, als ob das leuchtende Wesen direkt neben mir stünde.
    Ariel bin ich. Du hast mich aus meiner Gefangenschaft befreit, Adamskind. Ich werde tun, was du gebietest.
    Entsetzt floh ich in den Wald. Jetzt wußte ich, womit meine Mutter vor meiner Geburt am Strand gekämpft hatte. Ich hatte törichterweise meine Seele vor dem Wesen entblößt, das sie besiegt und eingesperrt hatte, und jetzt war es wieder frei.
    Kaliban war nicht mehr der erste Diener.

Sklaverei
     
     
     
    Tagelang, vielleicht wochenlang streifte ich durch die schlechter zugänglichen Gegenden meiner Insel, weh an Leib und Seele und ohne freundliche Gesellschaft. Viele Nächte lag ich zusammengerollt unter einer Laubdecke oder in Spalten zwischen Felsen und weinte bei dem Gedanken an das Zuhause, das ich verloren hatte, an die Freunde, die sich gegen mich gewandt hatten.
    Ich war entschlossen, mich allein durchzuschlagen. Wenn Prospero zu stark für mich war, wenn er einen neuen Diener gewonnen hatte, wenn seine Tochter mich genug haßte, um mich zu verraten, dann wollte ihn ihnen das Feld ihres Sieges überlassen. Die Insel war klein, aber es gab doch Rückzugsmöglichkeiten, abgelegene Orte, wo ich Nahrung finden und meine Wunden ungestört pflegen konnte und wo ich nie wieder dein schönes, verräterisches Gesicht sehen mußte.
    Doch daraus wurde natürlich nichts.
    Ich hockte gerade in einer versteckten Bucht und verzehrte einen Fisch, als mich plötzlich ein gräßlicher Schmerz durchzuckte. Ich brüllte auf und ließ die Reste meines Mahls in den Sand fallen. Meine Eingeweide fühlten sich an, als ob eine unsichtbare Hand sie verdrehte, und gleich darauf erbrach ich alles, was ich bis dahin gegessen hatte. In der Gewißheit, irgend etwas Giftiges zu mir genommen zu haben, taumelte ich zur nächsten Süßwasserquelle, doch mit jedem Schritt steigerte sich meine Not. Vor Qual drehte ich mich im Kreis und merkte dabei, daß, wenn ich in eine bestimmte Richtung blickte, das Gefühl schwächer wurde. Aus blinder Selbsterhaltung blieb ich dorthin gewandt stehen, und als ich einen Schritt in diese Richtung tat, nahm der Schmerz noch etwas mehr ab.
    Solange ich mich fortbewegte, und zwar nur in dieser einen Richtung, blieb das Reißen in meinen Gedärmen erträglich. Mein Weg führte mich vom Strand fort und in den Wald hinein. Nach ein paar hundert Schritten erkannte ich, wohin es ging, und bog seitlich ab, doch die Pein setzte so heftig wieder ein, daß sie mich zu Boden streckte. Ich kroch vorwärts, abermals in die Richtung von Prosperos Haus, und mein Leiden ließ ein wenig nach. Schließlich konnte ich aufstehen, aber ich durfte nicht stehenbleiben, sonst kehrte der Schmerz sofort zurück.
    Alle Geräusche des Waldes klangen hart und unschön, bitterer Vogelsang, rauhes Geraschel des Grases unter meinen Füßen, doch nicht lange und noch mißtönendere Laute drangen an mein Ohr.
    Sei gegrüßt, kleiner Hexenbastard!
    Er, sie, was es auch war, saß auf einem dünnen Ast, der sich unter dem Gewicht nur geringfügig beugte. Es hatte die Gestalt eines schlanken Kindes, doch der bleiche Körper war eigenartig glatt, ohne Brustwarzen und Nabel, und die Augen hätten schwarze Löcher sein können, wenn sie nicht einen schwachen Glanz gehabt hätten. An den Armen und auf dem Kopf und auch an der Stelle, wo es weder das Glied eines Mannes noch die Spalte einer Frau hatte, wuchsen ihm winzige Federn, die an den Rändern zu glühen und zu rauchen schienen.
    Du bist es, der mich foltert, keuchte ich. Ich hätte es wissen müssen.
    Und wenn es so wäre, wer wollte es mir verübeln? Seine schnarrende Stimme hatte ihr Äußerstes an Menschenähnlichkeit erreicht, aber von Wohlklang konnte immer noch keine Rede sein. Du bist der Balg der Kreatur, die mich einsperrte. Doch zu deinem Glück bin ich lediglich der verlängerte Arm meines – und deines – Herrn. Prospero wünscht dich zu sehen.
    Ich gehe nicht. Ich ließ mich zu Boden sinken, sprang aber im Nu wieder auf. Meine Haut brannte an tausend und abertausend Stellen, als ob ich von wimmelnden Ameisen überzogen wäre.
    Natürlich gehst du. Folge mir, Untier!
    Damit erhob es sich in die Luft, halb durchsichtig, und tanzte auf dem Nichts. Es schwebte vor mir her wie ein Flöckchen aufgewirbelte Asche und sang dazu.
     
    Bienen,

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