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Die Insel des Mondes

Die Insel des Mondes

Titel: Die Insel des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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Boden gerammt und Vanille gepflanzt.
    Und dort sah ich ihn. Edmond. Nicht mehr der stolze junge Kerl, der er in meiner Erinnerung gewesen war, sondern ein alter, gebrochener Mann. Er trug seine weißen Haare lang wie ein Chinese und schlurfte mit gebeugten Schultern über das Land, was ihn noch kleiner und zerbrechlicher wirken ließ. Seine Kleider waren zerlumpt, und er hauste in dem Bretterverschlag, der einmal die Sattelkammer gewesen war.
    Er erkannte mich nicht, doch als ihm klar wurde, wer ich war, ging ein Leuchten über sein Gesicht, und er machte Anstalten, mich zu umarmen, was ich gerade noch verhindern konnte.
    »Hab zu Gott gefunden, jetzt.« Sagte er, als ob mich das interessieren würde.
    »Hab mein Leben verpfuscht«, sagte er dann weiter und nickte bedächtig dazu.
    O ja, dachte ich. Und nicht nur deins, auch das von mir und von meinen Eltern.
    »Hab sie geliebt.«
    Ich wollte keinerlei Geständnisse hören.
    »Immer hat sie ihr Schicksal herausgefordert.« Er seufzte.
    »Jeder macht Fehler, aber das hätte sie nicht tun dürfen. Trotzdem. Hab sie geliebt und tu’s noch, obwohl sie schon lange tot ist.«
    »Du meinst, sie hätte nicht unseren Schmuck stehlen sollen?«
    »Nein, das war ihr gutes Recht. Sie wollte sich rächen, weil ich zu Unrecht im Gefängnis war. Mein ist die Rache, sagt der Herr.«
    »Was war denn dann ihr Fehler?«
    »Das Gold.«
    Meine Neugier war in allerhöchstem Maße geweckt. Gold würde helfen, die Plantage zurückzukaufen.
    »Die Weiber lieben doch alle das Gold.«
    »Nein, nein, sie war nicht so. Sie wollte es für mich. Aber ich wollte es nicht.«
    Der Alte konnte einen wahnsinnig machen.
    Plötzlich betrachtete er mich, als wäre ich eine Marienerscheinung. »Wenn Sie mir helfen, dann gebe ich Ihnen ihre Briefe, da steht alles drin.«
    Dem Kerl musste man wirklich alles aus der Nase ziehen. »Was steht da drin?«
    »Wo sie das Gold gefunden hat, einfach so in der Erde, drüben in Madagaskar.«
    »Und was soll ich dafür tun?«
    »Finden Sie meine Tochter, und geben Sie ihr diesen Brief, den ich für sie geschrieben habe.«
    Unvorstellbar, dass dieser lahme Alte eine Tochter haben sollte. Doch nicht etwa einen Bastard, eine Tochter mit Mathilde, die war doch schon damals zu alt für Kinder. »Warum ist deine Tochter nicht bei dir?«
    »Lange Geschichte.« Er rieb sich die Augen. »Als ich endlich frei war und rüber bin, um Mathilde zu suchen, da war sie längst tot. Und in dem Dorf wollte mir keiner sagen, wo ihre Gebeine liegen. Hatte nur noch ihre Briefe. Papier. Ich war außer mir, bin die Küste runter, hab viel getrunken, rumgehurt.«
    Ich war nicht interessiert an seinen Geständnissen, aber ich versuchte ihn nicht zu drängen. Wenn es um Geld geht, bin ich Pragmatiker.
    »Und schlimmer noch, hab ’ne Frau geschwängert, unten in Mananjary und verlassen, als sie Zwillinge bekam. Hab sie sowieso nur ins Unglück gestürzt. Bin mit einem der Kinder, dem Mädchen, weg, um ihr das Leben zu retten. Hab es den Missionaren gebracht. Sie lebt auf Madagaskar.«
    Aber der Alte hatte gelogen, die Briefe von Mathilde waren unerträgliches Gesülze, und in keinem davon stand, wo sie das Gold gefunden und versteckt hatte. Und nur weil ich den Verdacht hatte, dass es Hinweise gab, die ich nicht verstand, habe ich dann seine Tochter gesucht und in Tana endlich eine Spur von ihr entdeckt. Aber da war sie schon auf dem Weg nach Nosy Be, weil sie gehört hatte, dass dort immer wieder reiche Reisende strandeten, die auf der Suche nach Dolmetschern waren, mit deren Hilfe sie Madagaskar bereisen konnten. Und was für ein Glück, dass ich ihr gefolgt bin! Und sie von meinem Plan überzeugen konnte. Es hat natürlich geholfen, dass ich ihren Vater als Helden dargestellt habe, der sie vor dem Tode gerettet hat und der im Sterben liegend diesen letzten Wunsch geäußert hat, dass sie mir helfen möge.
    Doch mein vermeintliches Glück wurde seither ständig auf die Probe gestellt, ohne sich zu bewahrheiten. Wir ha ben uns all diese Strapazen angetan, und ich bin immer noch kein bisschen schlauer als zuvor. Allerdings würde ich meine Seele darauf verwetten, dass die Kellermann rausfinden wird, wo wir suchen müssen, aber ich habe keine Lust mehr zu warten. Und auch die kleine Dolmetscherin wird langsam zum Problem, sie beginnt die Kellermann zu mögen. Das war so nicht geplant!

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    Tuberose
    Einer der herrlichsten Wohlgerüche ist der Tuberosenduft, der aus den Blüten der Tuberose,

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