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Die Insel des Mondes

Die Insel des Mondes

Titel: Die Insel des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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wurde.
    »Unfassbar, aber wie ist das möglich?« Lázló klang genauso verwundert wie sie selbst. Er hatte ihre Hand wieder losgelassen und war in die Hocke gegangen, um alles genauer zu betrachten.
    In der Erde steckten drei Stöcke, die ein Dreieck bildeten und um die rote Schleifen gebunden waren. Dazwischen lag ein toter schwarzer Vogel mit einem leicht gekrümmten schwarzen Schnabel und einer langen, zweigeteilten Schwanz feder. Ein Drongo.
    »Aber wir haben doch gar keinen Drongo getötet!« Paula mochte den toten Vogel gar nicht anschauen.
    »Nein. Was für ein Zufall.«
    »Ein sehr merkwürdiger Zufall, finden Sie nicht?«
    »Das gibt es.« Lázló zuckte mit den Schultern. »Umso besser für uns, wir sollten froh sein und zusehen, dass wir weiterkommen.«
    »Aber spüren Sie denn nicht diese Stimmung hier?« Paula dachte daran, dass er die blauen Schmetterlinge gesehen hatte, ihre Lapislazuli-Schmetterlinge, die es laut Morten auf der Insel gar nicht gab. Und sie hatte vermutet, das wäre ein Zeichen dafür, dass er Dinge ähnlich wahrnahm wie sie selbst.
    »Doch, ja, ich spüre etwas, aber es ist nichts Schlimmes, sondern so ähnlich, als würde man in eine Kirche gehen. Dort fühlt man auch, dass es ein besonderer Platz ist.« Lázló sah ihr direkt in die Augen und lächelte vielsagend. »Sie haben doch sicher schon einmal ein Zimmer betreten, in dem sich gerade zwei Menschen gestritten oder geliebt haben, das spürt man, ohne dass jemand ein Wort sagt. Daran ist nichts Widernatürliches. Also lassen wir alles, wie es ist, und gehen lieber zügig weiter.«
    Paula wusste, dass er recht hatte, aber irgendetwas daran kam ihr falsch vor.
    Von da an war es einfacher, den Weg zu finden, denn jetzt waren deutliche Spuren zu erkennen, was zum einen bedeutete, dass es viele Menschen gewesen sein mussten, die hier gelaufen waren, und zum anderen, dass sie noch kurz vor ihnen sein mussten, sonst hätte die feuchte Hitze längst alle Hinweise auf Eindringlinge unter sich begraben.
    Sie blieben dicht beieinander und schwiegen. Paula konzentrierte sich darauf, die schwarze Ambra nicht aus der Nase zu verlieren. Mitleid, Villeneuve hatte Mitleid mit diesem Adonis gehabt.
    Nach zwei Stunden blieb Paula erschöpft stehen. »Hier ist es, ab jetzt sind wir wieder auf der Spur unserer Gefährten.«
    »Sind Sie wirklich sicher?«
    Lázló sah sich verblüfft im Dschungel um. »Niemals hätte ich die Stelle, an der wir uns getrennt haben, wiedererkannt. Alles sieht so gleich aus.«
    Paula war ganz sicher und vor allem erleichtert, denn sie konnte den Jasmin viel deutlicher wahrnehmen als die schwarze Ambra. Noria war sehr verschwenderisch damit umgegangen, hoffentlich reichte das Öl, bis sie sich wiedergefunden hatten. »Ja, das bin ich, aber ohne den Jasmin wäre ich auch verloren.«
    »Dann nichts wie los. Ich wünsche mir, dass Morten seine Truhe recht sauer geworden ist und sie nur langsam vorangekommen sind. Ich brauche dringend ein bisschen mehr zu essen als eine Handvoll Honig, und ich fürchte, Jo wird sich auch bald melden.«
    Sie folgten dem Jasmin. Der Pfad führte sie in immer dichteres Gestrüpp, hier und da erkannte Paula die Spuren der Buschmesser. Je höher die Sonne stieg, desto feuchter und heißer wurde es, und dann begann es auch noch in unaufhörlichen Strömen zu regnen. Paula lief Wasser und Schweiß in Bächen über den Körper, und sie bat Lázló nach zusehen, ob Jo noch genug Luft bekam. Er war aufgewacht, und Lázló gab ihm wieder ein Stück Süßholzrinde. Aber solange Jo das im Mund hatte, konnte er nicht auf ihren Rücken gebunden werden. Paula nahm ihn auf ihren linken Arm, und Lázló band aus dem klatschnassen Tuch eine Schlinge für sie beide, um den Arm zu entlasten, dann marschierten sie wortlos weiter.
    Der Boden, der bisher fast nur aus verrotteten Blättern und Rinde bestanden hatte, wurde erdiger und schlammiger. Der Matsch gab ihre Füße nur mit einem widerwilligen Schmatzen frei. Paulas Schuhe waren von den immer größer werdenden Wasserpfützen und dem strömenden Regen völlig durchnässt.
    »Ich habe den Eindruck, wir verlieren an Höhe. Es wird wärmer und dann das viele Wasser, wir nähern uns tatsächlich dem Meer«, sagte Lázló.
    »Sie klingen überrascht.«
    »Wir folgen immerhin einer für mich unsichtbaren Spur.«
    »Ich bin froh, dass ich mich für Jasmin entschieden habe, bei all dieser Feuchtigkeit hätten sich die meisten anderen Gerüche längst in ihre

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