Die Insel des Mondes
sind doch nur Spinnen, die können sich gleich wieder ein neues Netz weben.«
Paula hatte keine Angst vor Spinnen, aber diese hier waren sehr groß. »Aber vielleicht werden sie wütend.«
»Die Spinnen auf Madagaskar sind nicht tödlich.« Lázló schwang schon das Messer. »Ich gehe vor, wir müssen essen, um weitergehen zu können, und auch der Kleine wird es nicht mehr lange machen ohne Essen.«
Paula deckte Jos Gesicht mit Tüchern zu und folgte Lázló, an dessen Buschmesser die Fäden schon klebten wie feuchte goldene Lamettafäden.
Sie hielt sich dicht hinter Lázló, und nur deshalb sah sie, wie eine der langbeinigen Spinnen sich an seinem Hals festbiss. Drei kleinere Spinnen krabbelten über seinen Rücken, Paula versuchte sie wegzuschnippen, das gelang ihr zwar, aber dafür hatte sie jetzt zwei Spinnen auf ihrem Arm, und so nah waren sie ihr doch widerlich. Sie schüttelte sich, um sie loszuwerden, und deshalb sah sie die zweite von den großen schwarz-rot gestreiften Spinnen auf Lázlós Kopf erst, als sie schon dabei war, in sein Hemd zu kriechen.
Plötzlich schrie Lázló laut auf, Paula schrak zusammen. »Was ist?«, fragte sie.
»Diese Biester haben mich gebissen! In den Hals und in die Augenbrauen.« Er blieb stehen, dabei wackelte und schüttelte er sich wie ein Derwisch. »Tun Sie etwas, sehen Sie noch welche? Dann nehmen Sie sie weg, helfen Sie mir, schnell!«
Paula entdeckte noch eine große Spinne auf seinem Arm und eine an seinem Oberschenkel, sie schlug sie weg. Ein scharfer Schmerz durchschnitt ihren Handrücken, und sie vergewisserte sich, dass sich nicht noch weitere Spinnen in den Falten von Jos Tüchern versteckt hatten.
Endlich standen sie vor dem Baum. Lázló fluchte vor sich hin, und als Paula in sein Gesicht sah, war sie entsetzt. Sein Auge war zugeschwollen, und am Hals hatte er jetzt schon eine Beule, groß wie ein Apfel. »Verdammt, tut das weh. Mag sein, dass das nicht giftig ist, aber es fühlt sich so an.«
Paula warf einen Blick zu den unregelmäßig großen Früchten, die hoch über ihnen direkt aus dem Baumstamm wuchsen. »Wie kriegen wir die dort runter?«, fragte sie und beantwortete sich das gleich selbst. Mit einer Stange, also einem langen Ast oder einem Baumstamm.
Lázló war am Fuß des Stamms zusammengesackt und atmete schnell. »Diese verfluchten Spinnen.«
Paula reichte ihm ihre Wasserflasche, und er trank gierig.
»Ich versuche einen Ast zu finden, mit dem wir die Früchte herunterschlagen können. Dann verraten Sie mir, wie man sie isst. Bleiben Sie sitzen, das schaff ich allein.« Sie übergab ihm Jo und machte sich auf die Suche. Es gab zwar jede Menge tote Äste, aber die zerbröselten schon, wenn man sie nur anfasste. Viele der dünnen Baumstämme waren aus Palisanderholz und für Paula mit dem Buschmesser nicht zu fällen. Und an die dickeren war gar nicht erst zu denken. Immer wieder vergewisserte sie sich, dass sie Lázló nicht aus dem Blickfeld verlor, und schließlich entdeckte sie einen Ast, der geeignet war. Sie brauchte mehrere Versuche, um ihn vom Stamm zu schlagen, aber schließlich schaffte sie es, und der Ast krachte auf die Erde. Als sie sich zu dem Ast bückte, hatte sie das Gefühl, beobachtet zu werden, und war sicher, Lázló hatte sich erholt und stand hinter ihr. Sie drehte sich um, aber es war niemand da. Lázló saß immer noch mit Jo auf dem Arm an dem Jackfruchtbaum. Sie packte den Ast mit einem leisen Ächzen und schleppte ihn zu dem Baum. Hochheben musste ihn Lázló, sie würde das Ding keinen halben Meter hoch bekommen. Als sie ihn zum Jackfruchtbaum geschafft hatte, sah sie, dass Lázló eingeschlafen war.
»Lázló?« Sie rüttelte ihn, Jo kullerte aus seinem Arm, und sie schaffte es gerade noch, den Säugling aufzufangen.
»Lázló!« Sie rüttelte ihn mit ihrer freien Hand erneut. Er atmete schwer, murmelte leisen Protest und behielt die Augen zu. »Was ist denn?« Er klang wie betrunken.
»Lázló, bitte, Sie müssen mir helfen, ich kriege das Ding nicht hoch.«
Lázló kicherte, und Paula hatte große Mühe, seine verwaschene Aussprache zu verstehen. »Das habe ich noch nie aus dem Mund einer Dame gehört!«
»Lázló, reißen Sie sich zusammen!«
Er keuchte ein paarmal, hob den Kopf und schlug die Augen auf, aber Paula konnte nur eines sehen, weil das andere jetzt völlig zugeschwollen war. Und das Auge, das sie anstarrte, versetzte sie in Panik. Sein Augapfel hatte sich gelbrot verfärbt, die Pupille war
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