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Die Insel des Mondes

Die Insel des Mondes

Titel: Die Insel des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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so groß, dass man von seiner pfauenblauen Iris fast nichts mehr sehen konnte. Was hatte das zu bedeuten?
    »Lázló, was ist los mit Ihnen?«
    »Meine Handflächen und meine Füße jucken, ich kriege keine Luft, mir ist sehr übel, aber sonst geht es mir gut.«
    »Sie brauchen etwas zu essen, wir beide holen jetzt die Früchte von dem Baum, ja?«
    Er antwortete nicht und fiel zur Seite. Sie kniete sich neben ihn. »Lázló, Lázló, reden Sie mit mir! Was kann ich tun? Gibt es etwas?«
    »Wasser!«, flüsterte Lázló, und Paula beeilte sich, ihm das wenige Wasser, das noch in ihrer Flasche war, einzuflößen, dazu legte sie Jo neben sich und bettete Lázlós Kopf auf ihren Schoß.
    Er verschluckte sich, keuchte und rang nach Luft. »Sieht so aus, als würde ich doch nicht mit zurückkommen.«
    Er flüsterte immer leiser, und Paula musste sich tief zu ihm beugen, um ihn zu verstehen. »Fehler gemacht, niemand sollte den Drongo. Fady. Sagen Sie Henri, es tut mir leid, sagen Sie ihm, es war alles meine Schuld, ich habe Marie mit diesem Scharlatan zusammengebracht, weil mir ihr Gejammer auf die Nerven ging.«
    »Nein, Lázló, reißen Sie sich zusammen, diese Spinnen sind nicht giftig. Los, kommen Sie schon. Ein Mann wie Sie! Trinken Sie noch etwas. Gleich wird alles besser.«
    Aber er röchelte zunehmend schlimmer, suchte ihre Hand und hörte nicht auf zu flüstern. »Nicht vertrauen. Nie mandem. Lügner. Vergessen Sie die Freude nicht. Lieben Sie.«
    Dann sagte er nichts mehr. Atmete nicht mehr. Panisch fühlte sie nach seinem Puls, am Handgelenk, an der Halsschlagader, beugte sich dicht über sein Herz. Nichts.
    »Nein!« Paula starrte auf Lázló. Das war nicht möglich, er war zu schön, zu jung, zu lebendig, um einfach tot zu sein. Sie strich über seine Wange. Gestern erst hatte er sie dazu gebracht, dem Kind einen Namen zu geben. Heute Morgen hatte er sie mit Honig gefüttert, und eben gerade noch hatten sie zusammen im Schlamm gelegen und gelacht. Das konnte nicht wahr sein. Doch nicht Lázló, doch nicht dieser gesunde, schöne, freundliche Mann. Warum lebten Männer wie Baron Wagenbach so ewig und ein Mensch wie Lázló starb einfach so? So schnell. Das war nicht gerecht.
    Sie saß wie betäubt neben Lázlós Leiche und starrte auf die goldenen Fetzen, die von den Spinnweben noch übrig waren.

23
    Moschuskörner
    Auch Abelmoschuskörner, Bisamkörner, Ambrettekörner genannt, sind die Samenkörner der im mittleren Afrika, Arabien und in Indien heimischen Bisampflanze, Hibiscus Abelmoschus L. Die Körner sind rötlichgrau, nierenförmig und besitzen nur einen schwachen, an Moschus erinnernden Geruch.
    I mmer noch betrachtete Paula den toten Lázló, der aussah, als ob er nur schlafen würde. Hätte sie irgendetwas tun können, tun müssen, um ihn zu retten? Wenn die Spin nenbisse nicht tödlich waren, was hatte ihn dann so schnell umgebracht? Vielleicht gab es doch giftige Spinnen auf Madagaskar, die einfach noch kein Forscher entdeckt hatte.
    Dann sollte sie Jo und sich schleunigst in Sicherheit bringen, aber vorher musste sie diese Früchte vom Baum holen, sonst war Lázló wirklich umsonst gestorben. Sie sah sich nach Spinnen um, aber sie konnte nirgends welche entdecken. Mücken umkreisten Lázló, als ob sie schon wüssten, dass er tot war. Was sollte sie mit ihm machen? Sie konnte ihn nicht tragen, aber auch nicht einfach hier liegen lassen. Und was war mit seinen Sachen? Sie war allein, da war es unmöglich, alles mitzunehmen. Und wie würden die anderen reagieren, wenn sie ohne Lázló zurückkam? Paula schauderte bei dem Gedanken, Villeneuve sagen zu müssen, dass Lázló gestorben war, und Norias Gesicht wollte sie sich gar nicht erst vorstellen. Morten würde erstaunt sein, aber nicht wütend, sondern so etwas sagen wie: Die Wege des Herrn sind unergründlich.
    In diesem Moment wachte Jo auf und begann jämmerlicher zu weinen als jemals zuvor. Als wüsste er, was passiert war, dachte Paula. Sie drückte ihn an sich und versuchte ihn zu beruhigen, aber es gelang ihr nicht.
    »Du hast Hunger, du bräuchtest Milch, aber ich habe keine.« Paula sah hoch zu den braungrünen Früchten, sie musste sie herunterholen, öffnen und etwas davon an Jo verfüttern.
    Jo schrie immer noch wütender, was Paula jede Sekunde nervöser machte. Sie legte das Kind auf Lázlós Schoß, griff sich den Ast, biss die Zähne zusammen und stemmte ihn in die Höhe. Es fehlte nur eine Handbreit.
    Das gibt es doch gar nicht,

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