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Die Insel des vorigen Tages - Eco, U: Insel des vorigen Tages

Titel: Die Insel des vorigen Tages - Eco, U: Insel des vorigen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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wirst besser speisen als ein Prior. Nach Ostern kommen die Zicklein, die Spargel, die Täubchen ... Noch später dann der Quark und die verschiedenen Frischkäse. Aber du musst auch die Erbsen zu nutzen wissen und die gekochten Bohnen, in Mehl gewälzt und gebraten sind sie stets eine köstliche Bereicherung der Tafel ... Dies, mein Sohn, wenn du lebst, wie unsere Alten gelebt haben, wird ein glückliches und sorgenfreies Leben sein ...«
    Wahrlich, auf La Griva führte man keine Reden, die solche Dinge wie Tod, Strafgericht, Hölle und Paradies einbezogen. Der Tod war Roberto zum ersten Mal in Casale erschienen, und es war in der Provence und dann in Paris gewesen, wo er dazu gebracht worden war, über ihn nachzudenken, zwischen glanzvollen Reden und freizügigem Gerede.
     
    Ich werde mit Sicherheit sterben, sagte er sich, wenn nicht jetzt durch den Steinfisch, dann später, denn es ist klar, dass ich dieses Schiff nicht mehr verlassen kann, seit ich nun – mit der Gläsernen Maske – jede Aussicht verloren habe, heildurch das Korallenriff zu kommen. Aber was habe ich mir denn auch eingebildet? Ich müsste in jedem Fall sterben, nur vielleicht etwas später, auch wenn ich nicht auf dieses Wrack gelangt wäre. Ich bin ins Leben getreten im Wissen, dass ich es wieder verlassen muss, so will es das Gesetz. Wie hatte Saint-Savin gesagt? Man spielt seine Rolle, der eine länger, der andere kürzer, und dann tritt man ab. Ich habe viele vor mir abtreten sehen, andere werden mich abtreten sehen und werden das gleiche Schauspiel ihren Nachfolgern geben.
    Und übrigens, wie lange war ich zuvor nicht gewesen, und wie lange werde ich hernach nicht mehr sein! Ich fülle einen sehr kleinen Raum im Abgrund der Jahre. Diese winzige Zeitspanne ist zu gering, um mich zu unterscheiden vom Nichts, in das ich eingehen muss. Ich bin nur zur Welt gekommen, um einer mehr zu sein. Mein Part ist so klein gewesen, dass mich niemand vermisst hätte, wenn ich hinter den Kulissen geblieben wäre, alle hätten gesagt, das Schauspiel sei vollkommen gewesen. Es ist wie in einem Sturm: die einen ertrinken sofort, die anderen zerschellen an einer Klippe, und einige klammern sich an eine Planke, aber auch sie nicht lange. Das Leben erlischt von allein, wie eine Kerze, die ihr Wachs verbraucht hat. Und wir sollten darob nicht überrascht sein, denn wie eine Kerze haben wir Atome um uns her ausgestreut, seit wir das erste Mal angezündet worden sind.
    Es ist keine große Weisheit, dies zu wissen, sagte sich Roberto, sicher nicht. Wir sollten es wissen, seit wir geboren sind. Aber für gewöhnlich denken wir immer nur über den Tod der anderen nach. O ja, wir alle haben Kraft genug, die Übel der anderen zu ertragen. Aber es kommt der Moment, da man an den Tod denkt, wenn er das eigene Übel ist, und dann merkt man, dass man dem Tod sowenig wie der Sonne ins Auge sehen kann. Es sei denn, man hatte sehr gute Lehrmeister.
    Ich hatte solche. Jemand hat mir gesagt, dass in Wahrheit nur wenige den Tod kennen. In der Regel erträgt man ihn aus Dummheit oder aus Gewohnheit, nicht weil man sich dazu entschlossen hätte. Man stirbt, weil man nicht anders kann. Nur der Philosoph weiß an den Tod wie an eine Pflicht zu denken, die man gern und furchtlos erfüllt: Solange wir da sind, ist der Tod noch nicht da, und wenn derTod kommt, sind wir nicht mehr da. Wozu hätte ich so viel Zeit mit Gesprächen über Philosophie verbracht, wenn ich jetzt nicht imstande wäre, meinen Tod zum Meisterwerk meines Lebens zu machen?
     
    Langsam kehrten seine Kräfte wieder. Er dankte seiner Mutter dafür, dass die Erinnerung an sie ihn davon abgebracht hatte, ans Ende zu denken. Sie hätte nichts anderes tun können, sie, die ihm den Anfang geschenkt hatte.
    Er begann, über seine Geburt nachzudenken, von der er noch weniger wusste als von seinem Tod. An die Ursprünge zu denken ist das Proprium des Philosophen, sagte er sich. Den Tod zu rechtfertigen ist für den Philosophen leicht: dass man am Ende in die Finsternis stürzen muss, ist eine der klarsten Sachen der Welt. Was den Philosophen umtreibt, ist nicht die Natürlichkeit des Endes, sondern das Geheimnis des Anfangs. Es kann uns gleichgültig sein, welche Ewigkeit nach uns kommt, aber wir können uns nicht der bangen Frage entziehen, welche Ewigkeit vor uns war: die Ewigkeit der Materie oder die Ewigkeit Gottes?
    Das war's, warum es ihn auf die Daphne verschlagen hatte, sagte sich Roberto. Denn nur in dieser geruhsamen

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