Die Insel: (Inseltrilogie #1) (German Edition)
Augen? Das glaub ich dir nicht, Madam.“ Mara pikst mich in die Seite. „Na, wirst du ihn mit mir teilen? Darf ich ihn auch treffen?“
Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen. „Natürlich darfst du. Er sieht ganz anders aus als die Jungs hier.“ Ich springe auf, bevor sie mich noch einmal mit träumerischen Augen erwischen kann. „Es wäre wahrscheinlich sogar eine gute Idee, wenn wir zusammen gehen. Wir holen uns Körbe aus der Küche und sagen allen, dass wir heute Beeren und Wurzeln sammeln gehen. Was wir übrigens auch machen werden. Das Treffen mit Walt ist erst am Mittag.“
„Walt“, spricht Mara mir nach. „Klingt gut.“
Sein Name oder mein Plan? Ich frage nicht, sondern stehe stattdessen auf und gehe in die Küche, um zwei große Körbe aus dem Regal zu nehmen.
Als ich wieder nach draußen komme, stehen Ben und Saul ein paar Meter entfernt und beobachten Mara. Sie hat sich von ihnen weggedreht und scheint ungestört die letzten Bissen ihres Sandwichs zu essen. Kluges Mädchen. So können sie ihre zitternden Hände nicht sehen.
„Da bist du ja“, ruft sie erleichtert als sie mich sieht und springt schnell von ihrem Platz unter dem Baum auf.
„Wo wollt ihr Mädels denn hin?“, fragt Saul barsch. Dabei starren seine dunkelbraunen Augen unter dem schwarzen, fettigen Pony direkt in meine.
„In den westlichen Wald“, antworte ich. „Essen sammeln.“ Ich halte die Körbe wie eine Erklärung hoch.
Seine Stirn runzelt sich noch etwas mehr. „Zusammen?“
Mara dreht sich um und wirft ihm einen vernichtenden Blick zu. „Na und?“, sagt sie beißend, macht einen Schritt auf mich zu und nimmt meine Hand.
„Na dann, machen wir uns auf den Weg“, sage ich und lächle triumphierend, als ich Ben sehe wie er auf unsere verschlungenen Hände schaut und sie wohl gern abgehackt hätte. Bevor er noch etwas tun kann – zum Beispiel, uns seinen ‚Schutz‘ anbieten und mitkommen – gehen wir zusammen den Hügel hinunter zum Tor. Ich schaue noch einmal zu Ben zurück, strahle ihn an bevor ich meinen Arm um Maras Schultern lege. Das wird ihn lehren, sie zu belästigen.
„Wow, bist du heute auf Kuscheln aus“, kichert Mara. „Übst du für deine Begegnung mit Walt heute Nach mittag?“
Ich seufze. „Hör auf damit. Es ist rein geschäftlich. Er hat etwas, was ich brauche.“
„Hm-hm, das hat er auf jeden Fall“, lacht Mara in sich hinein und duckt sich unter dem Schlag weg, den ich ihr auf den Rücken geben wollte. Meine beste Freundin schwebt auf Wolke sieben, seit sie zugegeben hat, in Andy verknallt zu sein. Es wird langsam ermüdend.
„Nein, eigentlich habe ich das Turteln dick aufgetragen, um Ben eins auszuwischen.“
„Ben? Wie das denn?“
Ich weihe Mara schnell über Bens fälschliche Annahme über unsere lesbische Liebesbeziehung ein. Maras Augen glitzern als ich ihr die ganze Geschichte erzähle. „Genial! Was für ein Witz. Wir müssen die Farce unbedingt weiter spielen. Du weißt schon, vor den anderen so richtig übereinander herfallen, damit Ben mich endlich in Ruhe lässt. Allerdings muss ich Andy erzählen, was wirklich vor sich geht.“
„Hm-hm. Du und Andy.“ Ich ziehe eine Augenbraue hoch. „Was läuft da eigentlich genau?“
Sie wird rot. „Naja, eigentlich gar nichts. Es läuft okay. Er will nochmal mit mir ausgehen. Aber wenn Colin mit ihm eine Rebellion plant, hat er wohl andere Dinge zu tun.“
„Wenn es sich richtig anfühlt, hinterfrag es nicht“, sage ich ihr mit einem Lächeln.
Unser Weg durch den Wald ist langsam, weil wir wilde Pflanzen und essbare Wurzeln sammeln. Wir haben Glück, dass Sauls „Armee“ heute Morgen schon hier durchgekommen ist, sonst würden wir wohl bei jedem Schritt über einen seiner Lakaien stolpern, die nach der Schrift suchen.
Einige Brombeeren sind bereits reif und wir pflücken welche, um unseren Durst und Appetit zu stillen. Ich kann Vögel im Unterholz umher huschen hören, aber wir lassen sie in Ruhe, denn wir haben Pfeil und Bogen zurück gelassen. Bogenschießen gehört sowieso nicht zu meinen Stärken – das überlasse ich normalerweise Colin. Ich fische lieber und ich bin gut darin. An einem guten Tag kann ich im Fluss die Fische sogar mit meinen bloßen Händen fangen. Der Fluss, der durch unser Dorf fließt, kommt von einem der hohen Berge auf unserer Insel.
Vor zwei Jahren saß ich ganz oben auf diesem Berg, erholte mich vor einem strammen Anstieg und sah in der Ferne ein Schiff der Narren segeln.
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