Die Insel und ich
Monate für mich, oder vielmehr, ich arbeitete und sie tanzte. Schließlich brachte ich ihr sogar bei, wie man Betten macht, Geschirr abwäscht, Fußböden fegt und Fenster putzt, aber ich konnte sie nicht dazu bewegen, die Teppiche ins Haus zu tragen. Zu guter Letzt sah ich davon ab und redete mir ein, es handle sich gewiß um einen orientalischen Aberglauben.
Marlene trug gestreifte Mechaniker-Hosen und putzte alles mit Wasser und Salmiakgeist. Don beschwerte sich, daß die Sofas und Teppiche alle feucht seien, und die Mädchen sagten, das ganze Haus rieche wie die Toilette in der Bus-Endstation, aber ich konnte Marlene trotzdem nicht entlassen, denn es war sonst niemand zu haben, und ihre beiden Söhne waren im Krieg, und ihr Mann war in der Irrenanstalt. Oder wie sie es ausdrückte: «Boris hat eine Kopfkrankheit.» Endlich ging sie, weil sie in der Flugzeugfabrik eine Anstellung gefunden hatte, und sowie das Haus ausgetrocknet war, bekam ich Margaret, die sehr hübsch war; aber ihre Intelligenzquote war erstaunlich niedrig.
Margaret verlangte an allen Geräten lange Stiele und verbrauchte Bohnerwachs kiloweise. Eines Tages überraschte ich sie dabei, daß sie um ein Stück Brot herumbohnerte, das auf dem Tropfbrett lag. Und was schlimmer war: sie benutzte dazu den Bodenlappen, den sie um einen langen Stiel gewickelt hatte.
Wenn Margaret ihr Mittagessen verzehrte, erzählte sie mir immer von ihren Freunden. Sie hatte Dutzende. Eines Tages sagte sie zu mir:
«Mrs. MacDonald, wollen Sie gern wissen, weshalb ich so viel Freunde hab?»
Ich erwiderte: «Wohl sicher, weil Sie so hübsch sind?» (Denn wegen ihres Verstandes konnte es ja auf keinen Fall sein.)
«Mh-mh», sagte sie nachdenklich und nahm sich noch einen Pfannkuchen, «’s ist deshalb, weil ich gern hab, wenn sie frech werden.»
Ich sagte ihr, wenn sie so sei, wäre es schade um die Zeit, die sie auf der Insel Vashon versauere. Dann sollte sie lieber nach Hollywood gehen.
Sie lachte, aber bald darauf kam sie nicht mehr zu uns. Ohne Grund und Mitteilung. Blieb einfach weg. Für immer.
Wie ich dann hörte, hatte sie die Insel verlassen. Ich studiere immer noch eifrig die Spalte NEUE GESICHTER in den Filmzeitungen und hoffe, auf ein Bild Margarets zu stoßen, vermutlich mit der Unterschrift: Bezaubernder französischer Nachwuchs: « Cécile Lamont ». Und Cécile lächelt: «Ich nicht sprechen gutt englisch, aber haben viele viele Freunde.» (Was eine Hollywood-Version von «Weil ich gern hab, wenn sie frech werden» darstellt).
Ein idealer Beruf
Nach dem, was ich in den letzten fünfundzwanzig Jahren so gelesen habe, scheint es eine allgemein anerkannte Tatsache zu sein, daß eine Frau erst dann richtig glücklich ist, wenn sie auch noch andere Interessen außer Kinderkriegen, Waschen, Bügeln, Kochen und Fegen hat. Diese knochenzermürbenden Aufgaben, die ihr gleichzeitig mit dem Trauring aufgehalst werden, sind ihr Los, und es wird von ihr erwartet, daß sie sie willig auf sich nimmt und flink und tüchtig und ohne großes Aufheben erledigt, doch eine Unterhaltung über dieses Thema interessiert den Ehemann nicht – diesen Glückspinsel, der jeden Tag in die Stadt fahren darf, Menschen kennenlernt und in Restaurants ißt.
Wer sich die Liebe seines Mannes erhalten will, so lauten die Anweisungen, der muß immer hübsch aussehen, immer amüsant und gutgelaunt sein, das Haus makellos sauber halten, früh aufstehen und das Frühstück für den Gatten machen – und andere Interessen haben.
Als wir nach der Insel Vashon hinüberzogen, bestanden meine «anderen Interessen» in der Arbeit für den Lieferanten.
Natürlich waren es andere Interessen, und ich konnte ganze Abende damit ausfüllen, meinem Mann und den Kindern zu erzählen, wie müde ich war, wie dumm sich alle andern im Büro anstellten, wieviel Kohl wir nach Alaska verkauften etc. Im Februar dann fand meine Schwester Mary, ich solle Schriftstellerin werden, und machte mich mit einem Verleger bekannt, der eine kurze etwa aus 5000 Wörtern bestehende Inhaltsangabe meines Buches sehen wollte. Da ich nie auch nur davon geträumt hatte, ein Buch zu schreiben, kam ich mit der Inhaltsangabe nur langsam voran. Ich mußte sogar zu Hause bleiben, und eine Freundin im Büro klatschte dem Chef, was ich mache, und ich wurde auf der Stelle hinausgeworfen und war auf einmal eine Schriftstellerin.
Zu meinen Angehörigen sage ich immer: «Ich verlange ja nichts weiter als einen ruhigen Fleck, wo ich
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