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Die Insel und ich

Titel: Die Insel und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: betty McDonald
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ich.
    «Geh du», sagte Anne.
    «Geh du», sagte Joan.
    Don sagte: «Hier, nimm eine von meinen.»
    Anne sagte: «Huh, wie ich den Sonntag hasse. Nichts als verdammte Hausarbeit!»
    «Laß das Fluchen!» sagte ich.
    «Weshalb?» fragte Anne. «Du tust’s ja auch.»
    «Du fluchst dauernd», echote Joan.
    «Wollen uns anziehen», sagte ich und stand auf.

    Natürlich probierten sie jedes lebenswichtigere Schönheitsmittel aus und studierten Mademoiselle, Charme, Vogue, Harper’s Bazaar und alle Filmzeitschriften. Sie wußten sofort, daß Caramel die neueste Lippenstiftfarbe war und klagten und flehten, bis sie sie hatten. Manchmal probierten sie auch Mittel gegen Pickel. Eines Abends, als sie zu uns kamen, um uns einen Gutenachtkuß zu geben, waren beide völlig mit einem weißen Zeugs beschmiert, das wie Kreosot roch und sie in Gipskätzchen verwandelte, und ich fragte sanftmütig:
    «Seid ihr auch sicher, daß es für eure Haut gut ist?»
    Annes Stimme zitterte vor Empörung, als sie erwiderte: «Und wenn es das schlimmste Gift wäre, könnte es doch nicht so schlimm sein, als wenn man mit einem Gesicht zur Schule gehen muß, das eine einzige Eiterwunde ist!»
    «Wo hast du denn solche Eiterwunden?» fragte ich.
    Sie beugte sich nieder, so daß ihr das Lampenlicht aufs Gesicht fiel, und sagte: «Sieh nur hin!»
    Ich sah hin, aber ich konnte nichts weiter entdecken als ein kleines rotes Pickelchen am Kinn. Ich sagte es, und sie stampfte stumm die Treppe hinauf.
    Joan bat: «Sieh mal mein Gesicht an! Die Poren sind so groß, daß mein Gesicht das reinste Salatsieb ist!»
    Ich untersuchte ihr Gesicht, so gut es trotz der dicken weißen Paste ging, und sagte dann: «Deine Haut scheint mir sehr gut zu sein.»
    «Natürlich mußt du so was sagen», rief Joan. «Wei’s dir ja einerlei ist. Du kochst absichtlich so schweres Essen, damit wir lauter Pickel bekommen und häßlich aussehen!»
    Don fragte: «Was hast du denn im Haar?»
    «Anti-Lock!» sagte Joan. «Welliges Haar ist nicht mehr schick, keiner hat’s mehr. Es ist ordinär.»
    «Weiße Paste im Gesicht, Anti-Lock im Haar – was willst du noch probieren? In ein anderes Dasein entschweben?» fragte Don. Ich fand es sehr komisch und lachte. Joan stampfte die Treppe hinauf.
    Das Beine-Rasieren begann im Sommer, als Anne dreizehn wurde und noch ehe die Mädchen auch nur ein Haar auf ihren dünnen Beinen hatten. Aber es galt als raffiniert und schick, wenn man sich die Beine rasierte, also taten sie es beinahe ebenso oft, wie Don sich das Kinn rasierte, und natürlich immer mit seiner Rasierklinge.
    Dann kam das Kleiderproblem. Das war lebenswichtig! Alles schlampte lang und lose und jämmerlich herunter. Burschenjacken. Herrensweater. Bubenhosen und Sporthemden. Holzschuhe. Schmutzige Sportschuhe. Nur die eine richtige Art weißer Socken, die um den allein richtigen Abstand eingerollt war. Die ersten Schuhe mit hohen Absätzen. Zornige Szene im Schuhgeschäft: «Und du freust dich noch, daß ich so große Füße habe, weil du weißt, es kränkt mich!»
    Einerlei, was ich Anne und Joan kaufte – die andern Mädchen hatten begehrenswertere Sachen. Ein ewiger Austausch zwischen ihnen und den Schulfreundinnen fand statt. Anne und Joan gingen in einem bestimmten Anzug fort und kamen in einem gänzlich anderen heim. Es fiel mir schwer, das zu verstehen, denn mir schienen die Sachen alle durchaus gleich zu sein, und die Mädchen sahen wie Gestalten auf verblichenen Fotografien von Picknicks anno dazumal aus. Nach der Kleidung war das zweitwichtige die Ernährung. Einige Wochen war es noch ganz erträglich. Da kamen die Kinder aus der Schule heim, und in ihrem Gefolge ein ganzer Rattenschwanz von Jeanies, Lindas, Ruthies, Sandys, Bonnies, Chuckies, Normies, Bills und Jims. Sie gingen schnurstracks in die Küche, und dann begann das rhythmische Auf und Zu der Eisschranktür, wie das Wedeln eines freundlichen Hundeschwanzes, während sie alles verschlangen, das nicht mit dem Totenschädel und «Vorsicht! Gift!» gekennzeichnet war. In jener Periode wurde alles, was ich gekocht hatte, mit dem Ruf begrüßt: «Ist das alles? Hast du nicht noch mehr? Wir sind halb verhungert!»
    Und eines Morgens beschloß ich, extra früh aufzustehen und für meine heranwachsenden großen Mädchen und ihren Rattenschwanz von Ruthies, Jeanies und so weiter, denen es nichts ausmachte, zu sechsen in einem Bett zu schlafen, vorausgesetzt, es war in unserem Haus, einmal etwas besonders Gutes zu

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