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Die Insel und ich

Titel: Die Insel und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: betty McDonald
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Brontës, denk an Ruskin und Lincoln! Große Menschen gedeihen am besten in der Einsamkeit!»
    Ich sagte: «Aber vielleicht hätten wir ein bißchen warten sollen, bis sie älter waren?»
    Don sagte: «Das Leben in der Stadt ist für Kinder nicht das Ideale. Und hast du denn vergessen, daß wir in der Stadt kein Haus finden konnten?»
    Eines Abends, als es sehr stürmte, traf Don auf der Fähre einen Witwer, der ganz allein auf der andern Seite der Insel wohnte. Don lud ihn ein und brachte ihn mit. Anne, die mal wieder ein schuleschwänzendes Leiden hatte, war zu Hause und hatte einen gefüllten Lachs gebacken, und hinterher gab es Apfelkuchen. Der Mann war ganz überwältigt. «So ein kleines Ding! So ein tüchtiges kleines Ding!» sagte er immerzu, während er den Teller vorstreckte, um sich mehr Lachs auffüllen zu lassen, und Anne beobachtete, die geschickt Kaffee kochte und Käse schnitt. Joanie sagte: «Mommy, ich bin auch tüchtig, nicht? Ich bin in den Sund gerudert und hab den Lachs bei den Fischern gekauft, und ich hab einen Wurzelkloben nach oben geschleppt, der ist so dick, daß Don ihn nicht in den Kamin bekommt!»
    «Sie wissen gar nicht, wie glücklich Sie sind», sagte uns der Witwer tränenden Auges. «So etwas habe ich noch nie erlebt!»
    Anne und Joan strahlten wie kleine Glühwürmchen. Ihm zu Ehren stritten sie sich nachher beim Abwaschen nur auf kaum wahrnehmbare Art: gezischte Schimpfwörter, leise Klapse und nur eine zerbrochene Untertasse.
    Am Sonntagmorgen kletterten die Mädchen immer zu uns ins Bett, Don machte Feuer im Schlafzimmerkamin, und reihum gingen wir nach unten, holten Kaffee und Apfelsinensaft und die Sonntagszeitungen, die ich schon freitags gekauft hatte und so lange verwahrte. Wenn wir alle Zeitungen gelesen hatten, standen Anne und ich auf und bereiteten ein großartiges Sonntagsfrühstück: Rühreier und Bücklinge oder Speck und Muschelfritters oder Olympia-Austern, die nicht größer als ein Daumennagel waren. Don und Joan besorgten unterdessen Holz und machten in jedem Zimmer Feuer. Ein richtiges Mittag- und Abendessen machten wir am Sonntag nicht, sondern wir waren mehr für Suppe und Brote, sobald wir mal Hunger verspürten.
    An den Nachmittagen gingen wir sonntags immer spazieren, sammelten Borke, schrieben, führten Theater auf, machten Popcorn und Fudge-Bonbons, sangen auf Band, lasen laut vor, halfen im Haus, fuhren im Ruderboot mit dem Außenbordmotor los, rodeten Land, fütterten Rehe und spielten mit den jungen Kätzchen. Trotz meiner gelegentlichen Zweifel waren wir eine sehr glückliche Familie, immer begeistert, und vor allem freute ich mich, daß Anne und Joan meinen Don so ohne weiteres als meinen Mann und ihren Freund akzeptiert hatten.
    Dann betrat Satan in Gestalt der «heranwachsenden Jugend» den Garten Eden und verwandelte ihn über Nacht in einen Dschungel. Eine Wildnis, die von halbwüchsigen, ewig hungrigen, lauten, gefühlvollen, streitsüchtigen, groben, lärmenden, herumschnauzenden Tieren erfüllt war.
    Die ersten Anzeichen betrafen das Haar. Anne hatte strahlend kupferfarbenes, welliges Haar, das ihr gepflegt und leuchtend bis auf die Schultern fiel. Joan hatte hellblondes lockiges Haar, das ihr gepflegt (wenn ich hinter ihr her war) und leuchtend bis auf die Schultern fiel. Eines Abends begann Anne, ihr hübsches Haar in kleine, nasse Schnecken – je sechs Haare pro Schnecke – aufzudrehen und mit wie Schwerter gekreuzten Nadeln festzustecken.
    Ich fragte: «Was machst du denn mit deinem Haar?»
    Sie seufzte tief – der Mund steckte voller Lockennadeln – und antwortete: «Ach, laß nur, du verstehst es doch nicht!»
    «Weshalb nicht?»
    «Weil du nichts von Mode und Geschmack verstehst und sowieso willst, daß ich häßlich aussehe.»
    Törichterweise sagte ich: «Aber dein Haar sah doch sehr hübsch aus!»
    «Ich wußte es ja, daß du so eingestellt bist», sagte Anne und brach in Tränen aus. «Ich wußte ja, daß du wütend wirst, wenn ich mein Haar so tragen will, wie es alle tragen!»
    «Ja, Mommy», stimmte Joan ein, «alle tragen sie ihr Haar gewickelt. Alle denken, wir sehn wie Hexen aus.»
    «Und wie Schlampen!»
    «Und Bohnenstangen!»
    «Ich bin gar nicht wütend», sagte ich und wurde ein bißchen wütend, «aber ich sehe nicht ein, weshalb man welliges Haar noch aufdrehen muß.»
    «Du siehst eben überhaupt nichts ein», schluchzte Anne. «Du hast von nichts auch nur die leiseste Ahnung! Du wohnst ja sogar gern auf einer

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