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Die Insel und ich

Titel: Die Insel und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: betty McDonald
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öfters mit uns skilaufen, und meine Frau und ich finden, es sind die reizendsten Mädchen, die wir je kennengelernt haben. Sie sind ja auch sehr intelligent und witzig, aber was uns am meisten imponiert, ist ihr gutes Benehmen. Carol dagegen (plötzlich begriff ich, daß es der Vater von Carol war, der stillen, so überaus wohlerzogenen Carol, die seit einem Jahr bei uns aus und ein ging) hat, seit sie im Entwicklungsalter ist, offenbar ihre Manieren von Al Capone abgesehen!»
    Natürlich erzählten wir ihm, wie wundervoll sich Carol immer in unserm Haus benehme, und er riß die Augen auf und sagte: «Das muß auch meine Frau hören!» und sprang fort und holte seine Frau, und wir besprachen das ganze Problem. Als wir nachher aufbrachen, sahen wir um Jahre jünger aus.
    Anne und Joan waren in meinen Augen immer wahrheitsliebende Kinder gewesen. Joan sagte es mir, als sie die Windschutzscheibe von Alcotts Wagen zerschlagen hatte. Anne gestand, daß sie den Nagellack über meine neue Bettdecke verschüttet hatte. Joan beichtete mir, daß sie sich die Augenwimpern abgeschnitten hatte. Anne erzählte mir, sie habe den Kirsch ausgetrunken. Meistens erzählten sie mir selbst die Wahrheit oder eines erzählte es vom andern. Doch dann kam die Entwicklungszeit und mit ihr die absichtliche, vorsätzliche, dreiste Lüge. Jene Lüge, mit der man ausprobieren will, wie dumm die Eltern eigentlich sind.
    Es fing an mit der verlorenen Geldtasche. Anne und Joan erhielten jede fünf Dollar Taschengeld wöchentlich. Damit mußten sie den Bus, den Schul-Lunch, Kino und kleine Einkäufe bezahlen. Eines Samstags erzählte mir Anne, sie habe ihre Geldtasche mit ihrem ganzen Taschengeld verloren. Sie weinte ein bißchen, als sie es erzählte, und ich fragte nach Einzelheiten und kam mir dabei ganz knickerig vor. Sie wußte es ganz positiv: «Es war letzten Samstag um elf bei Frederick Nelsons in der Hutabteilung. Ich habe die Tasche neben mich auf den Ladentisch gelegt, probierte einen Hut, weg war sie. Wahrscheinlich von einem Ladendieb gestohlen.» Während sie die Geschichte erzählte, sahen mich beide mit unschuldigen großen blauen Augen an. Natürlich glaubte ich ihnen und gab Anne noch einmal fünf Dollar. Sie griff hastig danach, aber ich hatte keinerlei Verdacht.
    Am nächsten Samstag geschah das gleiche, nur war es diesmal Joan und ein anderes Geschäft. Ich gab wieder fünf Dollar hin.
    Am Montag brachte mir meine Putzfrau Velma Annes grüne Geldtasche, die sie hinter dem Bett gefunden hatte. Ich fand zwei Dollarnoten darin und die abgerissenen Kontrollzettel von vier Logenplätzen im Fifth Avenue Theater.
    Als Anne nach Hause kam, zeigte ich ihr die Geldtasche und die Theaterbilletts und sagte traurig: «Du hast mich angelogen.»
    «Ja», sagte sie ganz vergnügt.
    «Weshalb?» fragte ich, heiser vor Erregung.
    «Ich weiß nicht. Vielleicht wollt ich bloß sehn, ob’s geht. Alle lügen ihren Müttern was vor.»
    «Du schuldest mir also fünf Dollar. Du kannst mir jeden Monat zwei Dollar zurückzahlen. Hast du mich auch angelogen, Joan?»
    Joan, die einen halben Apfel im Mund hatte, nickte energisch.
    «Ich bin sehr, sehr enttäuscht», sagte ich.
    «Meine Güte», rief Joan vorwurfsvoll, «Carol lügt ihrer Mutter schon seit Monaten was vor – und die macht nie solchen Sums draus!»
    «Oh», rief Anne wütend, «weshalb borgt Carol sich dann noch Geld von mir? Sie schuldet mir schon eine Million!»
    Ich sagte: «Joan, du zahlst mir auch jeden Monat zwei Dollar zurück.»
    Anne sagte: «Wenn Carol mir das Geld nicht wiedergibt, bring ich sie um.»
    Ein paar Abende drauf fragte ich während des Essens: «Was gab’s heut als Schul-Lunch?»
    Anne und Joan warfen sich schnell einen Blick zu, dann sagten sie gleichzeitig: «Spaghetti – Makkaroni!»
    «Überlegt mal», sagte ich kühl, «was es nun war, Spaghetti oder Makkaroni. Beides gleichzeitig kann’s nicht gut gewesen sein.»
    «Es war jedenfalls besser als ihre alte Gemüsesuppe – die schmeckt immer nach Schweiß!» sagte Anne.
    «Dabei fällt mir ein», sagte ich, «Tante Mary sah euch heute nachmittag aus dem Kino kommen.»
    Ruthie schrie: «Oh, das waren wir nicht, Mrs. MacDonald, wir waren alle in der Schule! Nicht wahr, Jeanie?»
    Jeanie sagte: «Ja, bestimmt, Mrs. MacDonald, fragen Sie Kathie!»
    Ich sagte: «Ich brauche niemanden zu fragen. Ich weiß, daß ihr nicht in der Schule wart, und ich weiß auch, weshalb ihr keinen Appetit habt: weil ihr den ganzen Tag

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