Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Titel: Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
Vom Netzwerk:
Wirbelsturm in der Nähe der Hochsee-Riffe ums Leben gekommen war. » Mein Vater hat das Meer geliebt; ich fürchtete mich vor seinen Launen«, erklärte er. » Seltsam, aber am Ende habe ich wohl mehr vom Meer gesehen als er. Ich glaube, ich bin von Obercalment bis zu den Plitschen durch jede Meerenge gesegelt, habe jeden Hafen aufgesucht, bin an jedem Leuchtturm vorbeigekommen und habe etliche Stürme unterwegs überlebt.«
    » Was hast du getan?«, fragte ich. » Hast du als Seemann gearbeitet?«
    » Nein. Ich bin einfach nur viel gereist«, sagte er etwas vage. » Ich habe gearbeitet. Die Welt gesehen. Als mein Vater starb, habe ich mich zum Schreiber ausbilden lassen. Ich war damals vierzehn.« Schreiber waren Briefeschreiber und Petitionsverfasser; eine wichtige Tätigkeit an Orten, an denen nicht jeder lesen und schreiben konnte. » Als ich sechzehn war, ist meine Mutter gestorben und meine Schwester hat geheiratet, also habe ich mir von meinem Erbe die Utensilien gekauft, die ich brauchte: einen tragbaren Schreibtisch, Stifte, Tusche, Pergament und Siegel. Ich fügte vorsichtshalber auch ein Schwert und ein Messer hinzu, obwohl ich bei beiden nicht wusste, wie ich sie benutzen sollte, und machte mich daran, mir meinen Lebensunterhalt zu verdienen.«
    Acht oder neun Jahre lang war er auf den Inseln des Ruhms herumgereist, hatte mehr über das Leben und die Leute als in all den anderen Jahren davor gelernt. Schließlich gelangte er nach Calment, und zwar gerade in dem Augenblick, als das unter der Herrschaft des Mistkerls von Gouverneur Kilp leidende Untercalment reif für eine Rebellion war. Mehr durch Zufall als beabsichtigt wurde er Rebelle. Damals hatte er sich das Calmenterschwert verdient, das auf Bitten eines Mannes, dem er das Leben gerettet hatte, von einem Calmenterschmied angefertigt worden war. Ein Geschenk als Gegenleistung für eine Blutschuld, wie meine Klinge auch.
    Nach dem Ende der Rebellion flüchtete er sowohl vor den Wahrern, die Gouverneur Kilp unterstützt hatten, als auch vor den Soldaten von Calment. Vollkommen mittellos und ohne seine Schreibutensilien, war er schließlich zu dem Schluss gekommen, dass ihm der Krieg nicht lag. Er hatte zu viel krankes Gemetzel gesehen, nachdem die Rebellion niedergeschlagen worden war; Kilps Soldaten waren wie die Wilden über die Inseln gestürmt und hatten Frauen und Kinder vergewaltigt sowie jeden getötet, der ihnen auf ihre Fragen nicht die richtige Antwort gegeben hatte.
    Ich wusste, wovon er sprach: Ich war auch dort gewesen. Entsetzt hatte ich Kilps Angebot, mir das Bürgerrecht zu gewähren und einen Platz in seinem militärischen Stab anzunehmen, abgelehnt. Thors Reaktion war radikaler gewesen. Er hatte sich der Meinung verschworen, dass es einen besseren Weg geben musste, um die Probleme der Unterdrückten zu lösen, als zum Schwert zu greifen. Er hatte seine Calmenterklinge beiseitegelegt …
    Ich hatte Calment auf einem Wahrer-Schiff verlassen, meine Fahrt war bezahlt worden, und in meiner Börse befand sich etwas Geld. Dem mittellosen Thor gelang es schließlich zu entkommen, indem er sich seine Überfahrt nach Quiller auf einem schmutzigen Walfangschiff verdiente. In Quillerhaven beschloss er, eine Weile unterzutauchen. Er hatte Angst, seinen alten Beruf wieder aufzunehmen, da die Wahrer wussten, dass die Lanze von Calment einmal ein Schreiber gewesen war. Also unterrichtete er stattdessen Lesen bei einer Menodengemeinschaft gleich in der Nähe des Hafens. Obwohl er nicht den Glauben der Menoden hatte, akzeptierten sie ihn wegen seiner Fähigkeiten. Er lebte drei Jahre bei den Menoden von Quiller, ehe er weiterzog.
    Einiges begann sich für mich zusammenzufügen, als er mir das erzählte. » Deshalb konntest du dich so leicht mit Lözgalt über religiöse Themen unterhalten.«
    » Ja. Ich habe das Brevier von Anfang bis Ende auswendig gelernt. Bei den Mahlzeiten wurde daraus vorgelesen. Und wenn man Nachtisch haben wollte, musste man sich ebenfalls ein Gespräch anhören. Da ich ungewöhnlich hungrig war …« Da war er wieder, sein trockener Humor; dafür liebte ich ihn. Er fügte ernster hinzu: » Es waren gute Menschen.«
    Als ich ihn fragte, was er danach gemacht habe, wurde er wieder unbestimmter. Ich dachte, dass er vielleicht seine Taten nicht vor den anderen beiden ausbreiten wollte, also bedrängte ich ihn nicht. Aber ich wunderte mich: War er eine Art Lockvogel, ein Spitzel, der gegen die Wahrer-Inseln arbeitete? Ein Spion für

Weitere Kostenlose Bücher