Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Titel: Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
Vom Netzwerk:
Ich möchte hinzufügen, dass die Schellen aus Mekaté sind, was bedeutet, dass sie fast unmöglich aufzupicken sind, selbst wenn wir die richtige Ausrüstung hätten. Die besten Schlösser stammen immer von Mekaté.«
    » Das ist doch wirklich etwas, das jede wohlerzogene Dame wissen sollte«, sagte Thor trocken.
    Ich zog eine Grimasse in seine Richtung. Er würde es spüren, das wusste ich.
    » Wenn man den Stock an den Seiten wegschneiden würde, könnte man ihn durch die Bänder schieben, und Ihr wärt frei«, sagte Aylsa.
    » Wir haben nichts bei uns, mit dem man so etwas tun könnte«, erwiderte Thor.
    » Aber ich habe etwas«, sagte das Ghemf. » Ich habe die Klauen an meinen Füßen.«
    Wir dachten schweigend darüber nach. Dann sagte Thor: » Das Holz ist hart. Wie stark sind Eure Klauen? Es könnte Wochen dauern!«
    » Wir haben ja vielleicht auch Wochen«, antwortete die Kreatur mit dem ihr eigenen trockenen Humor.
    » Dann beginnt mit Glut«, sagte Thor.
    Ich erhob keine Einwände. Zu sehr sehnte ich mich danach, dieses Joch los zu sein.
    » Also gut«, sagte das Ghemf und begann im gleichen Moment mit der Arbeit.

18
    Ich weiß nicht, wie lange wir in dem Vergessen waren. Sicherlich mehrere Tage. Aber wie viele es genau waren, kann ich nicht sagen. Als wir schließlich wieder draußen waren, habe ich mir nie die Mühe gemacht, es herauszufinden. Ich wollte diesen Ort einfach nur vergessen. Was ich natürlich nicht konnte. Eine solche Hölle vergisst man nicht so leicht, diese Kombination aus Schmerz und Angst, aus Hoffnung und Verzweiflung, alles vor dem Hintergrund totaler Schwärze und stinkender Fäulnis.
    Der Mangel an Routine war schwerer zu ertragen, als ich gedacht hatte. Unsere Körper konnten nur mühsam damit klarkommen, dass es keinerlei Hinweis auf irgendeinen Tagesrhythmus gab. Das Schlafen fiel mir schwer, und ich wachte immer wieder in heftiger Panik auf, schweißgebadet und vollkommen aufgelöst. Ich brauchte Wasser oder etwas zu Essen, wenn es nichts gab; ein andermal schien es zu viel von allem zu geben, und zu oft. Wir versuchten, es uns einzuteilen, aber das Essen wurde leicht schlecht, und wenn noch Wasser übrig war, als das Seil heruntergelassen wurde, hatten wir es umsonst aufgehoben, denn der Behälter wurde einfach aufgefüllt. Wenn wir versuchten, den Rest schnell noch zu trinken, bevor wir die Trinkhaut an dem heruntergelassenen Seil befestigten, damit sie hinaufgezogen und nachgefüllt werden konnte, konnte es sein, dass das Seil so rasch wieder hochgezogen wurde, dass wir überhaupt keinen Nachschub an Essen oder Wasser erhielten.
    Was den Geruch betraf, so hatte ich den zuerst kaum bemerkt. Erst später wurde die stinkende Luft zu einer erstickenden Last. Da vier Leute die Toilette benutzten – nicht mehr als ein Loch, wie Alain gesagt hatte – wurde der Gestank mit jedem Tag schlimmer. Wir konnten natürlich von dem Wasser nichts zum Waschen abzweigen, und so stanken auch unsere Körper immer mehr.
    Und dann waren da die schmerzenden Muskeln, die an Schultern und Armen in unnatürliche Positionen gezogen wurden. Offene Geschwüre bildeten sich an den Knöcheln, den Handgelenken und dem Rücken – eine Marter, mit der zu leben ich erst noch lernen musste. Aber es war der Mangel an Licht, nicht der allgegenwärtige Schmerz, der meinen Geist zu zerbrechen drohte. Ich wusste, wenn ich jemals wieder freikommen sollte, würde ich niemals wieder an einem blinden Bettler vorbeigehen können, ohne ihm etwas in seine Schale zu geben, niemals. Egal, wie wenig Geld ich auch haben sollte. Ich wusste nun, wie es war, nichts sehen zu können. Diese totale Dunkelheit: Sie war überwältigend, zog mich in die Tiefe und führte dazu, dass ich mich fragte, ob die Welt überhaupt noch existierte oder nur ein Teil meines Geistes war, nur in meiner Einbildung bestand … Ich hasste es.
    Und doch bestand die Zeit im Vergessen nicht nur aus Entsetzen, zumindest nicht in der Rückschau.
    Die anderen drei, Thor, Alain und Aylsa, waren die Kameraden, die mich bei geistiger Gesundheit hielten.
    Thor war mein Felsen, meine Liebe. Erst hier, im Vergessen, lernte ich ihn richtig kennen – obwohl er mir nicht einmal dort die ganze Wahrheit enthüllte. Vielleicht war es das, was am Ende den Ausschlag gab …
    Ich erfuhr einiges über seine Kindheit. Er war als Sohn eines Fischers auf den Versprengten aufgewachsen, hatte aber nicht den gleichen Weg wie sein Vater einschlagen wollen, der in einem

Weitere Kostenlose Bücher