Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler
der immer wieder Erkundungsflüge unternahm, geschah das nur selten.
Ich war mir allerdings nicht sicher, ob der Ort auch wirklich gutartig war. Hin und wieder hörten wir seltsame Geräusche, unheimliche Noten eines Lieds, die weder eine Struktur noch einen erkennbaren Ursprung zu haben schienen. Sie drangen flüsternd durch das Pandana und erstarben dann genauso mysteriös, wie sie aufgekommen waren. Vielleicht hatte es gar nichts damit zu tun, aber immer mal wieder erhob sich etwas aus dem Wasser, stieß etwas durch die Wasseroberfläche und hinterließ bei mir den flüchtigen Eindruck, dass ich beobachtet wurde. Als ich den Kopf in die entsprechende Richtung wandte, erhaschte ich einen sehr kurzen Blick auf etwas, das groß und von unbestimmbarer Farbe war, ehe es wieder unter der Wasseroberfläche verschwand. Dek schwor, dass er eines von ihnen genauer gesehen hätte und es sich um eines der Merwesen handeln würde.
Ich fühlte mich unbehaglich. Ich hasste Dinge, die ich mir nicht erklären konnte, und ich wurde das Gefühl nicht los, dass wir verfolgt wurden. Verfolgt oder gejagt? Ich versuchte mir einzureden, dass etwas, das so schreckhaft war, keine große Gefahr darstellen konnte, aber trotzdem fühlte ich mich unwohl. Ich unterließ es allerdings, Dek darüber aufzuklären, dass Merwesen gar nicht existierten. Der Junge fand die Idee offenbar auf harmlose Weise aufregend; vielleicht war es besser, ihn in dem Glauben zu lassen, dass es sie gab, statt seine Vorstellungskraft mit wilden Ungeheuern zu füllen. In der Zwischenzeit benutzte er die Stake überaus geschickt; er genoss es, uns zu beweisen, dass er ein nützliches Mitglied unserer Gruppe war.
Flamme allerdings blieb weiterhin mürrisch. Da sie nur einen Arm benutzen konnte, paddelte sie schwerfällig, auch wenn sie sich alle Mühe gab. Sie sprach wenig und gab kaum einen Laut von sich, als ein tiefhängendes Blatt ihren Nacken kratzte. Ich versuchte mich zu erinnern, wie lange es her war, seit wir locker miteinander geplänkelt hatten, und stellte erschrocken fest, dass es irgendwann in Amkabraig aufgehört hatte. Ich hätte mich so gern mit ihr darüber unterhalten, wie wir mit Morthred und Domino verfahren wollten, wenn wir sie fanden, aber wann immer ich damit anfing und vorschlug, einen Plan zu machen, wandte sie sich ab. Ruarth war natürlich nur zu bereit, darüber zu reden, und wir bereiteten uns auf eine Reihe verschiedener Entwicklungen vor. Unglücklicherweise beinhalteten die meisten, dass Flamme ihre Silbmacht einsetzte, um unsere Ankunft zu verschleiern, und unser Betreten der Enklave mittels Illusionen vernebelte; doch jetzt waren wir uns nicht mehr so sicher, wie zuverlässig sie wirklich sein würde, wenn es so weit war.
Als schließlich auch der letzte Lichtschimmer vom Himmel verschwunden war, entfachten wir die Laterne und hängten sie an ein Paddel, das wir so verkeilten, dass es über den Bug hinausragte. Wenn zusätzliches Licht nötig war, um den besten Weg ausfindig zu machen, versorgte Flamme uns mit einer Silbkugel. Außerdem wurden wir von dem üblen roten Glühen der Dunkelmagie am Himmel geleitet, ganz, wie ich es mir gedacht hatte. Wir konnten sie zwar nicht immer vom Boot aus sehen, aber wenn es nötig war zu wissen, wo sie war, flog Ruarth hoch und sah nach.
Die großen Kreaturen unter der Wasseroberfläche wurden jetzt kühner. Sie kamen fast bis zum Boot hoch, ehe sie wieder stumm in die Dunkelheit davonglitten. Ich konnte nie ganz erkennen, um was es sich handelte, aber mich beruhigte die Tatsache, dass Sucher sich von ihnen nicht aufregen ließ. Tatsächlich sprang er sogar in dem Moment, als wir das Boot an einer der Pandana-Pflanzen befestigten, um uns ein bisschen auszuruhen und etwas zu Abend zu essen, einfach in den See.
» Er ist untergetaucht«, sagte Dek. » Habt Ihr das gesehen? Er ist wie ein Tümmler nach unten getaucht!«
Wir starrten in das schwarze Wasser, konnten ihn aber nicht entdecken. Als er nach einer ziemlich langen Zeit wieder hochkam, hatte er einen Fisch im Maul. Ich versuchte, ihn ihm wegzunehmen, aber er wehrte sich dagegen, und wir mussten ihn mitsamt Fisch ins Boot ziehen. Natürlich schüttelte er sich, bevor er sich niederließ, um seine Beute zu fressen – lebendig.
» Was für ein ekelhaftes Tier«, sagte Flamme, aber sie sagte es ziemlich liebenswürdig. Ich gestand mir selbst unbehaglich ein, wie angespannt ich war; jedes Mal, wenn sie den Mund öffnete, fürchtete ich
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