Die Inseln des Ruhms 02 - Der Heiler
Ihr. Ich vermute zumindest, dass Ihr das tut?«
Er nickte. » Mehr oder weniger.« Er sagte das auf eine Art und Weise, die vermuten ließ, dass er eine deutliche Abneigung hatte zu lügen.
» Wir sind uns in Mekatéhaven … äh … begegnet. Sie und Flamme sind auf einem Seepony von Gorthen-Nehrung über das Wasser nach Kap Kan geritten.«
Überrascht stellte ich fest, dass er bleich wurde. » Sie haben was getan? Aber wieso sollten sie etwas so Gefährliches und derart Dummes tun?« Obwohl er wissen musste, dass sie die Reise gut überstanden hatten, war er sehr aufgeregt.
Ich ging in der Geschichte ein Stück zurück und erzählte ihm, was ich wusste: wie Glut Flamme aus Dasricks Händen befreit hatte und sie schließlich kartenspielenderweise in einer Schenke in Mekatéhaven gelandet waren. Ich teilte ihm dann in groben Zügen die Ereignisse bis zu dem Zeitpunkt mit, als wir uns in Amkabraig voneinander getrennt hatten. Meine persönliche Geschichte überging ich dabei mehr oder weniger, sagte lediglich, dass ich in Mekatéhaven in persönlichen Angelegenheiten zu tun gehabt hatte, die den Tod meiner Frau betroffen hatten. Ein Euphemismus ohnegleichen. Ich fragte mich, ob ich jemals in der Lage sein würde, in aller Ruhe zu sagen: » Oh, das war, als ich meine Frau getötet habe. Um ihr Schmerz zu ersparen, müsst Ihr wissen.«
» Nun«, sagte er. » Wie kommt es, dass Ihr ihnen zum Treibsee folgt, wenn Ihr doch auf keinen Fall in die Sache hineingezogen werden wolltet?«
Ich zuckte mit den Schultern, versuchte, meine Antwort beiläufig klingen zu lassen, und versagte vermutlich jämmerlich dabei. » Ich habe begriffen, dass die Dunkelmagie aufgehalten werden sollte. Ich habe aus erster Hand ihre … Bösartigkeit erlebt. Bei einem Mädchen, das von einem oder mehreren Dunkelmagiern vergewaltigt worden is und daraufhin der Dunkelmagie unterworfen wurde.«
Er zog die Brauen zusammen. » Und?«
» Jemand hat mir außerdem unmissverständlich klargemacht, dass mir in dieser Welt außer Freunden nich mehr viel geblieben is, und Glut und Flamme sind für mich zu Freunden geworden.«
» Für mich klang das aber mehr so, als hätten die beiden Euch einen schlechten Dienst erwiesen. Immerhin seid Ihr ihretwegen verbannt worden.«
» Sie brauchen mich«, sagte ich einfach nur.
Er blickte auf höfliche Weise ungläubig drein; offensichtlich konnte er sich nicht vorstellen, inwieweit ich ihnen hätte helfen können.
» Flamme geht es nich gut«, sagte ich. » Ich glaube, die Dunkelmagie is nich ganz aus ihrem System herausgespült worden. Sie flackert von Zeit zu Zeit wieder auf. Ich bin Arzt. Ich könnte ihr vielleicht helfen.«
» Sofern Dunkelmagie wirklich eine Krankheit ist.«
» Wie Ihr sagt.«
» Ihr wisst, was diese Frau vorher durchgemacht hat?«
Ich nickte. » Glut hat es mir gesagt. Und Ruarth. Und Flamme auch, teilweise. Niemand sollte auf solche Weise leiden müssen.«
Wir sahen einander an, und ich glaube, wir waren beide auf irgendeine unklare Weise beschämt, als wäre es unsere Schuld. » Ich hätte sie nie verlassen dürfen«, sagte er.
» Ich auch nich«, gestand ich. » Wieso seid Ihr eigentlich weggegangen?«
» Ich dachte, es wäre meine Pflicht, mich um Alain Jentels Angelegenheiten auf den Plitschen zu kümmern. Er war ein Priester, der beim Bombardement von Kredo durch die Kanonengewehre getötet worden ist. Letztlich bin ich aber gar nicht zu den Plitschen gegangen. Ich habe meine Meinung geändert und habe stattdessen den Hohepatriarchen auf Tenkor aufgesucht, weil ich begriffen habe, dass er dringend von den Kanonengewehren erfahren musste. Und auch von Morthred und seiner Umwandlung der Silbmagier sowie von Burgfräulein Lyssal. Ich hatte vor, danach zu den Plitschen zu gehen.«
» Aber er hat Euch stattdessen hierhergeschickt.«
» Ja. Um Flamme und Morthred zu finden.«
» Seid Ihr ein Agent der Menoden?«
» Ja. Ich arbeite auf die gleiche Weise für den Rat der Patriarchen, wie Dasrick ein Agent des Rates der Wahrer ist.« Er stellte seinen Teller beiseite; ein großer Teil des Essens war noch unberührt. » Und jetzt bin ich tatsächlich das neueste Mitglied des Rates.« Er lächelte schief. » Nicht, dass ich das jemals angestrebt hätte, denn zu den Pflichten zählen viele langweilige Treffen, in denen es um solche Dinge geht wie um die Frage, ob es in Obertratsch genügend Gläubige gibt, um ein neues Gebetshaus zu rechtfertigen, oder um pedantische Diskussionen
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